Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Stall, etwa mit noch einem Seitenstübchen. Der obere Stock enthält die "Kam¬ Eine eigenthümliche Abart dieses Gebirgshauses ist im Salzburgischen zu Stall, etwa mit noch einem Seitenstübchen. Der obere Stock enthält die „Kam¬ Eine eigenthümliche Abart dieses Gebirgshauses ist im Salzburgischen zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110552"/> <p xml:id="ID_551" prev="#ID_550"> Stall, etwa mit noch einem Seitenstübchen. Der obere Stock enthält die „Kam¬<lb/> mer", d. ki. das Prunk- und Schlafgemach des Hausvaters und seines Weibes,<lb/> und die Nebenkammern für Kinder und Gesinde. Der Hintere Theil des Ge¬<lb/> bäudes umfaßt unten die Tenne und die Ställe, oben die Raume für den Ernte¬<lb/> segen. Die Stube ist meist ganz getafelt, die Decke von Fachwerk. Um die<lb/> Wände wie um den Ofen laufen Holzbänke, über denen sich eingemauerte<lb/> Schränke befinden. In der einen Ecke steht der Tisch. Darüber hängt an der<lb/> Wand, umgeben von zahlreichen Heiligenbildern. Täfelchen und Blumensträußen<lb/> ein Crucifix. Nicht selten auch schwebt ein „heiliger Geist", eine aus gefal¬<lb/> tetem Papier gebrochne Taube, an einer Schnur über der Mitte des Tisches.<lb/> Vielfach schmückt eine schwarzwälder Kukuksuhr die Stube. Neben der Thür,<lb/> an welcher das Handtuch auf Rollen ausgespannt ist, und über der man das<lb/> Zeichen der drei Könige 1- L. 5 N. t L. und die Jahreszahl mit Kreide an¬<lb/> geschrieben findet, ist der Weihbrunnkessel angebracht. Um den Tisch stehn<lb/> altväterliche dreibeinige Stühle. Neben dem Ofen bietet die „Ofenbruck"<lb/> Kranken für die Winterszeit ein Lager. Der Raum unter diesem Möbel ist<lb/> gewöhnlich dem Hühnervolk angewiesen. Unter der Ofenbank- wird das Pfan-<lb/> nenbret aufbewahrt, auch hängt dort an einer Kette der eiserne Schuhlöffel.<lb/> Auf dem Fcnsterbret steht die „Bütsche", eine hölzerne Wasserkanne, an einem<lb/> der Wandschränke ist der Kalender aufgehangen. Vielmals findet sich in einer<lb/> der Stubenccken eine schmale Treppe, die nach der „Kammer" hinaufführt. Letztere<lb/> enthält das Beste, was man von Hausgeräth besitzt. Das Hauptstück bildet<lb/> die Doppelbettlade der Eheleute, ein mächtiges Gebäude, gefüllt mit den schwer¬<lb/> sten Federn, oft noch mit Säulen und Dach versehn und mit Gardinen ver¬<lb/> hangen. Geistliche Schildereien: ein Auge Gottes an der Decke, die Herzen<lb/> Jesu und Maria am Fußende, fehlen daran niemals. Das nächst wichtige<lb/> Möbel ist der Kleiderschrank der Hausfrau, den meist zur Hälfte „hauswirchne"<lb/> Leinwand füllt. Die gerollten Stücke tragen in der Mitte eine hochrothe Feder¬<lb/> rose oder sind mit Heiligenbildchen besteckt. Hier bewahrt die Bäuerin ihre<lb/> besten Kleider, ihren Silberschmuck und die allenfallsigen Schatzgelder. Ferner<lb/> steht i» der Kammer oft die Schaukelwiege und manche alte massive Truhe.<lb/> Auf dem „Schnbladenkasten", d. h. der Commode. endlich glänzen Krüge. be¬<lb/> malte Gläser und Tassen, rothbäckige Aepfel und in der Mitte in einem Glas¬<lb/> gehäuse ein puppenartig angeputztes Christuskind von Wachs.</p><lb/> <p xml:id="ID_552" next="#ID_553"> Eine eigenthümliche Abart dieses Gebirgshauses ist im Salzburgischen zu<lb/> finden. Die meist zur Hälfte aus Holz erbauten Häuser dieser Gegend haben<lb/> das Charakteristische, daß die beiden Giebel des hier etwas steilern Daches<lb/> an der Spitze zurückgelegt sind und daß sich unter ihnen, gleichlaufend mit der<lb/> untern Laube, eine zweite, an der Seite mit Brettern verschlagne Galerie be¬<lb/> findet. Die Ornamente in dem Laubcngeländer sind von ältester Form', Be-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
Stall, etwa mit noch einem Seitenstübchen. Der obere Stock enthält die „Kam¬
mer", d. ki. das Prunk- und Schlafgemach des Hausvaters und seines Weibes,
und die Nebenkammern für Kinder und Gesinde. Der Hintere Theil des Ge¬
bäudes umfaßt unten die Tenne und die Ställe, oben die Raume für den Ernte¬
segen. Die Stube ist meist ganz getafelt, die Decke von Fachwerk. Um die
Wände wie um den Ofen laufen Holzbänke, über denen sich eingemauerte
Schränke befinden. In der einen Ecke steht der Tisch. Darüber hängt an der
Wand, umgeben von zahlreichen Heiligenbildern. Täfelchen und Blumensträußen
ein Crucifix. Nicht selten auch schwebt ein „heiliger Geist", eine aus gefal¬
tetem Papier gebrochne Taube, an einer Schnur über der Mitte des Tisches.
Vielfach schmückt eine schwarzwälder Kukuksuhr die Stube. Neben der Thür,
an welcher das Handtuch auf Rollen ausgespannt ist, und über der man das
Zeichen der drei Könige 1- L. 5 N. t L. und die Jahreszahl mit Kreide an¬
geschrieben findet, ist der Weihbrunnkessel angebracht. Um den Tisch stehn
altväterliche dreibeinige Stühle. Neben dem Ofen bietet die „Ofenbruck"
Kranken für die Winterszeit ein Lager. Der Raum unter diesem Möbel ist
gewöhnlich dem Hühnervolk angewiesen. Unter der Ofenbank- wird das Pfan-
nenbret aufbewahrt, auch hängt dort an einer Kette der eiserne Schuhlöffel.
Auf dem Fcnsterbret steht die „Bütsche", eine hölzerne Wasserkanne, an einem
der Wandschränke ist der Kalender aufgehangen. Vielmals findet sich in einer
der Stubenccken eine schmale Treppe, die nach der „Kammer" hinaufführt. Letztere
enthält das Beste, was man von Hausgeräth besitzt. Das Hauptstück bildet
die Doppelbettlade der Eheleute, ein mächtiges Gebäude, gefüllt mit den schwer¬
sten Federn, oft noch mit Säulen und Dach versehn und mit Gardinen ver¬
hangen. Geistliche Schildereien: ein Auge Gottes an der Decke, die Herzen
Jesu und Maria am Fußende, fehlen daran niemals. Das nächst wichtige
Möbel ist der Kleiderschrank der Hausfrau, den meist zur Hälfte „hauswirchne"
Leinwand füllt. Die gerollten Stücke tragen in der Mitte eine hochrothe Feder¬
rose oder sind mit Heiligenbildchen besteckt. Hier bewahrt die Bäuerin ihre
besten Kleider, ihren Silberschmuck und die allenfallsigen Schatzgelder. Ferner
steht i» der Kammer oft die Schaukelwiege und manche alte massive Truhe.
Auf dem „Schnbladenkasten", d. h. der Commode. endlich glänzen Krüge. be¬
malte Gläser und Tassen, rothbäckige Aepfel und in der Mitte in einem Glas¬
gehäuse ein puppenartig angeputztes Christuskind von Wachs.
Eine eigenthümliche Abart dieses Gebirgshauses ist im Salzburgischen zu
finden. Die meist zur Hälfte aus Holz erbauten Häuser dieser Gegend haben
das Charakteristische, daß die beiden Giebel des hier etwas steilern Daches
an der Spitze zurückgelegt sind und daß sich unter ihnen, gleichlaufend mit der
untern Laube, eine zweite, an der Seite mit Brettern verschlagne Galerie be¬
findet. Die Ornamente in dem Laubcngeländer sind von ältester Form', Be-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |