Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Beziehung, sich auf die Grundquelle der Ursachen zurückführen lassen. Als Die auf dem Principe der Untheilbarkeit beruhenden und durch die land¬ Diesen unseren Schlüssen scheint ein Umstand zu widersprechen, auf welchen Beziehung, sich auf die Grundquelle der Ursachen zurückführen lassen. Als Die auf dem Principe der Untheilbarkeit beruhenden und durch die land¬ Diesen unseren Schlüssen scheint ein Umstand zu widersprechen, auf welchen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110450"/> <p xml:id="ID_248" prev="#ID_247"> Beziehung, sich auf die Grundquelle der Ursachen zurückführen lassen. Als<lb/> solche haben sich in neuerer Zeit mit großer Evidenz herausgestellt: Die un¬<lb/> geheure Zahl der unehelichen Geburten und die ünverh ältniß-<lb/> mäßig große Auswanderung, Daß sich aber diese Folgen über das<lb/> ganze Land verbreitet haben, kann um so weniger auffallen, als es eine all¬<lb/> gemein bekannte Erscheinung ist. daß der ganze Körper leidet, wo ein Theil<lb/> desselben krank ist. Ueber die nothwendige Wechselwirkung der einzelnen Landes¬<lb/> theile untereinander ist schon oben gesprochen worden; man kann nicht behaup¬<lb/> ten, daß solche in einer Beziehung bestehe, in andrer nicht. So zeichnet sich<lb/> denn Mecklenburg unter allen deutschen Staaten durch die verhältnißmäßig<lb/> größte Zahl unehelicher Geburten aus; auch zur überseeischen Auswanderung<lb/> hat kein deutsches Land verhältmßmäßig so große Massen gestellt. In den<lb/> .acht Jahren von 1851 — 58. so weit die statistischen Erhebungen unsere<lb/> Nachweise sicher stellen, sind im Ganzen 31,700 Menschen aus Mecklenburg-<lb/> Schwerin überseeisch ausgewandert, durchschnittlich also jährlich 3962 Menschen,<lb/> d. i. 0,72 Procent der ganzen Bevölkerung oder«/^ des natürlichen Ueberschusscs<lb/> aller jährlich Geborenen über alle jährlich Gestorbenen. Dazu auch ist die Zahl<lb/> solcher, welche in andere deutsche Länder übergehn, zumal um in diesen Grund¬<lb/> besitz zu erwerben, also Capitalien aus dem Lande entführend, eine bedeutende,<lb/> während die Einwanderung aus gleichem Grunde bei der geringen Zahl dis¬<lb/> ponibler Landgüter weit geringer ist. — Es muß demnach wiederholt werden:</p><lb/> <p xml:id="ID_249"> Die auf dem Principe der Untheilbarkeit beruhenden und durch die land¬<lb/> ständische Verfassung Mecklenburgs auf demselben erhaltenen großen Guts¬<lb/> besitzungen, welche die Bildung eines kräftigen Mittelstandes überall verhin¬<lb/> dern, sind die erste Ursache aller dieser Erscheinungen, welche das Land poli¬<lb/> tisch und social nicht nur nicht kräftigen können, sondern geradezu schwächen<lb/> müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_250" next="#ID_251"> Diesen unseren Schlüssen scheint ein Umstand zu widersprechen, auf welchen<lb/> von Seiten der Freunde des Bestehenden immer wieder hingedeutet wird, und<lb/> welchen wir aus diesem Grunde schon nicht mit Stillschweigen übergehn dür¬<lb/> fen. Sie leugnen, daß der durchschnittliche, mittlere Wohlstand der Bevöl¬<lb/> kerung sinke oder sich nicht vermehre, indem sie darauf hinweisen, daß der<lb/> allgemeine Wohlstand des Landes sich jährlich mehre, wie vornehmlich der<lb/> niedrige Zinsfuß und die große Beliebtheit der Landgüterhypotheken Mecklen¬<lb/> burgs im Auslande beweisen. Sie sagen weiter: „Wäre das Land durch die<lb/> Gesetzgebung nicht vor der Theilung seiner großen Güter gesichert, wäre es<lb/> dem Jndustrialismus (wörtlich!) verfallen, so würde der Gesammtwerth seines<lb/> Bodens die jetzige Höhe nicht erreichen, namentlich der Zinfuß bedeutend steigen<lb/> und ebenso der allgemeine Wohlstand sinken." Es wird leicht sein, in<lb/> diesen Aeußerungen das Falsche vom Richtigen zu sondern. Das Falsche liegt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
Beziehung, sich auf die Grundquelle der Ursachen zurückführen lassen. Als
solche haben sich in neuerer Zeit mit großer Evidenz herausgestellt: Die un¬
geheure Zahl der unehelichen Geburten und die ünverh ältniß-
mäßig große Auswanderung, Daß sich aber diese Folgen über das
ganze Land verbreitet haben, kann um so weniger auffallen, als es eine all¬
gemein bekannte Erscheinung ist. daß der ganze Körper leidet, wo ein Theil
desselben krank ist. Ueber die nothwendige Wechselwirkung der einzelnen Landes¬
theile untereinander ist schon oben gesprochen worden; man kann nicht behaup¬
ten, daß solche in einer Beziehung bestehe, in andrer nicht. So zeichnet sich
denn Mecklenburg unter allen deutschen Staaten durch die verhältnißmäßig
größte Zahl unehelicher Geburten aus; auch zur überseeischen Auswanderung
hat kein deutsches Land verhältmßmäßig so große Massen gestellt. In den
.acht Jahren von 1851 — 58. so weit die statistischen Erhebungen unsere
Nachweise sicher stellen, sind im Ganzen 31,700 Menschen aus Mecklenburg-
Schwerin überseeisch ausgewandert, durchschnittlich also jährlich 3962 Menschen,
d. i. 0,72 Procent der ganzen Bevölkerung oder«/^ des natürlichen Ueberschusscs
aller jährlich Geborenen über alle jährlich Gestorbenen. Dazu auch ist die Zahl
solcher, welche in andere deutsche Länder übergehn, zumal um in diesen Grund¬
besitz zu erwerben, also Capitalien aus dem Lande entführend, eine bedeutende,
während die Einwanderung aus gleichem Grunde bei der geringen Zahl dis¬
ponibler Landgüter weit geringer ist. — Es muß demnach wiederholt werden:
Die auf dem Principe der Untheilbarkeit beruhenden und durch die land¬
ständische Verfassung Mecklenburgs auf demselben erhaltenen großen Guts¬
besitzungen, welche die Bildung eines kräftigen Mittelstandes überall verhin¬
dern, sind die erste Ursache aller dieser Erscheinungen, welche das Land poli¬
tisch und social nicht nur nicht kräftigen können, sondern geradezu schwächen
müssen.
Diesen unseren Schlüssen scheint ein Umstand zu widersprechen, auf welchen
von Seiten der Freunde des Bestehenden immer wieder hingedeutet wird, und
welchen wir aus diesem Grunde schon nicht mit Stillschweigen übergehn dür¬
fen. Sie leugnen, daß der durchschnittliche, mittlere Wohlstand der Bevöl¬
kerung sinke oder sich nicht vermehre, indem sie darauf hinweisen, daß der
allgemeine Wohlstand des Landes sich jährlich mehre, wie vornehmlich der
niedrige Zinsfuß und die große Beliebtheit der Landgüterhypotheken Mecklen¬
burgs im Auslande beweisen. Sie sagen weiter: „Wäre das Land durch die
Gesetzgebung nicht vor der Theilung seiner großen Güter gesichert, wäre es
dem Jndustrialismus (wörtlich!) verfallen, so würde der Gesammtwerth seines
Bodens die jetzige Höhe nicht erreichen, namentlich der Zinfuß bedeutend steigen
und ebenso der allgemeine Wohlstand sinken." Es wird leicht sein, in
diesen Aeußerungen das Falsche vom Richtigen zu sondern. Das Falsche liegt
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