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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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auch über die Verwendung des zweiten, nur daß die Ausführung des dar¬
über Beschlossnen durch die Gesammtverwaltung geschehen muß; das dritte
Drittel wird dem Centralvorstand zur freien Verfügung gestellt. Dieser läßt
jährlich eine Zusammenstellung sämmtlicher Unterstützungsgesuche im Auszuge
an die Vereine gelangen, zugleich mit einem Unterstützungsplan, durch welchen,
auch ohne daß die einzelnen Vereine absolut an denselben gebunden sind,
doch immer im Ganzen eine zusammenstimmende, zweckmäßige Verwendung der
Vereinsmittel gesichert wird. Außerdem aber wird durch einen fortlaufenden
Verkehr zwischen den einzelnen Vereinen und dem Centralvorstande, durch
ununterbrochene gegenseitige Mittheilungen Ordnung, Uebersicht und Zusammen¬
stimmung erhalten, durch die Versammlungen aber, von denen der Zweig¬
vereine an- bis zu den Generalversammlungen, welche, wie jene, immer an ver¬
schiedenen Orten gehalten werden, die rechte Circulation des Vereinslebens
vermittelt. Es ist keine Frage, daß durch die Beschaffenheit dieser Verfassung
die Gesammtbewcgung und Verwaltung des Vereins eine sehr complicirte ist,
und sehr verschieden von der der meisten andern viel einfacher construirten, und
alles einfach in das Gutdünken einer obersten Verwaltung legenden Gesellschaften;
allein wenn einerseits durch die That bewiesen ist, daß jene Bewegung und
Verwaltung weder eine unsichere noch schwerfällige ist, wie auch sehr mannig¬
faltige Elemente zu einer wirklichen Einheit verbunden werden können, und
das richtige Maß individueller Freiheit der Theile die frei zusammenstimmende
Bewegung des Ganzen nicht hindert; so möchte andrerseits nicht zu verkennen
sein, daß grade in der dargelegten Verfassung des Vereins eine hauptsächliche
Bedingung seines frischen und kräftigen Lebens liege, daß die bewußte, freie,
nur durch die nothwendige Unterordnung unter das Ganze begrenzte, aber auch
in diese sich frei fügende Thätigkeit jedes einzelnen Gliedes sein Interesse
lebendig erhält und erhöht, daß überhaupt hier offenbar wird, wie das Leben
desto vollkommner ist. je reicher und eigenthümlicher gegliedert sein Organis¬
mus ist, und daß endlich diese Verfassung sich deshalb als so zweckmäßig und
heilsam bewährt, weil sie aus dem den größten Reichthum eigenthümlichen Lebens
in sich tragenden und doch seiner innern Einheit sich tief bewußten deutschen
Wesen natürlich und glücklicherweise im Ganzen ungehindert erwachsen und
darum demselben wirklich angemessen ist.

Daß eine solche Lebensbezeugung der evangelischen Kirche, wie in dem
Verein sich kund gibt, nicht ohne Widersacher bleiben konnte, daß -sie sich viel¬
fältiger Angriffe zu erwehren, gegen mancherlei Beschuldigungen, ja Verdäch¬
tigungen sich zu rechtfertigen, gegen Unverstand und Mißverstand, Ungunst und
Mißgunst genug zu kämpfen hatte, ist zu begreifen; daß sie aber dem ohner¬
achtet sich immer kräftiger entfaltete, muß nur als ein neuer Beweis ihrer
Nothwendigkeit, Bedeutung und Gesundheit erscheinen.


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auch über die Verwendung des zweiten, nur daß die Ausführung des dar¬
über Beschlossnen durch die Gesammtverwaltung geschehen muß; das dritte
Drittel wird dem Centralvorstand zur freien Verfügung gestellt. Dieser läßt
jährlich eine Zusammenstellung sämmtlicher Unterstützungsgesuche im Auszuge
an die Vereine gelangen, zugleich mit einem Unterstützungsplan, durch welchen,
auch ohne daß die einzelnen Vereine absolut an denselben gebunden sind,
doch immer im Ganzen eine zusammenstimmende, zweckmäßige Verwendung der
Vereinsmittel gesichert wird. Außerdem aber wird durch einen fortlaufenden
Verkehr zwischen den einzelnen Vereinen und dem Centralvorstande, durch
ununterbrochene gegenseitige Mittheilungen Ordnung, Uebersicht und Zusammen¬
stimmung erhalten, durch die Versammlungen aber, von denen der Zweig¬
vereine an- bis zu den Generalversammlungen, welche, wie jene, immer an ver¬
schiedenen Orten gehalten werden, die rechte Circulation des Vereinslebens
vermittelt. Es ist keine Frage, daß durch die Beschaffenheit dieser Verfassung
die Gesammtbewcgung und Verwaltung des Vereins eine sehr complicirte ist,
und sehr verschieden von der der meisten andern viel einfacher construirten, und
alles einfach in das Gutdünken einer obersten Verwaltung legenden Gesellschaften;
allein wenn einerseits durch die That bewiesen ist, daß jene Bewegung und
Verwaltung weder eine unsichere noch schwerfällige ist, wie auch sehr mannig¬
faltige Elemente zu einer wirklichen Einheit verbunden werden können, und
das richtige Maß individueller Freiheit der Theile die frei zusammenstimmende
Bewegung des Ganzen nicht hindert; so möchte andrerseits nicht zu verkennen
sein, daß grade in der dargelegten Verfassung des Vereins eine hauptsächliche
Bedingung seines frischen und kräftigen Lebens liege, daß die bewußte, freie,
nur durch die nothwendige Unterordnung unter das Ganze begrenzte, aber auch
in diese sich frei fügende Thätigkeit jedes einzelnen Gliedes sein Interesse
lebendig erhält und erhöht, daß überhaupt hier offenbar wird, wie das Leben
desto vollkommner ist. je reicher und eigenthümlicher gegliedert sein Organis¬
mus ist, und daß endlich diese Verfassung sich deshalb als so zweckmäßig und
heilsam bewährt, weil sie aus dem den größten Reichthum eigenthümlichen Lebens
in sich tragenden und doch seiner innern Einheit sich tief bewußten deutschen
Wesen natürlich und glücklicherweise im Ganzen ungehindert erwachsen und
darum demselben wirklich angemessen ist.

Daß eine solche Lebensbezeugung der evangelischen Kirche, wie in dem
Verein sich kund gibt, nicht ohne Widersacher bleiben konnte, daß -sie sich viel¬
fältiger Angriffe zu erwehren, gegen mancherlei Beschuldigungen, ja Verdäch¬
tigungen sich zu rechtfertigen, gegen Unverstand und Mißverstand, Ungunst und
Mißgunst genug zu kämpfen hatte, ist zu begreifen; daß sie aber dem ohner¬
achtet sich immer kräftiger entfaltete, muß nur als ein neuer Beweis ihrer
Nothwendigkeit, Bedeutung und Gesundheit erscheinen.


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[0061] auch über die Verwendung des zweiten, nur daß die Ausführung des dar¬ über Beschlossnen durch die Gesammtverwaltung geschehen muß; das dritte Drittel wird dem Centralvorstand zur freien Verfügung gestellt. Dieser läßt jährlich eine Zusammenstellung sämmtlicher Unterstützungsgesuche im Auszuge an die Vereine gelangen, zugleich mit einem Unterstützungsplan, durch welchen, auch ohne daß die einzelnen Vereine absolut an denselben gebunden sind, doch immer im Ganzen eine zusammenstimmende, zweckmäßige Verwendung der Vereinsmittel gesichert wird. Außerdem aber wird durch einen fortlaufenden Verkehr zwischen den einzelnen Vereinen und dem Centralvorstande, durch ununterbrochene gegenseitige Mittheilungen Ordnung, Uebersicht und Zusammen¬ stimmung erhalten, durch die Versammlungen aber, von denen der Zweig¬ vereine an- bis zu den Generalversammlungen, welche, wie jene, immer an ver¬ schiedenen Orten gehalten werden, die rechte Circulation des Vereinslebens vermittelt. Es ist keine Frage, daß durch die Beschaffenheit dieser Verfassung die Gesammtbewcgung und Verwaltung des Vereins eine sehr complicirte ist, und sehr verschieden von der der meisten andern viel einfacher construirten, und alles einfach in das Gutdünken einer obersten Verwaltung legenden Gesellschaften; allein wenn einerseits durch die That bewiesen ist, daß jene Bewegung und Verwaltung weder eine unsichere noch schwerfällige ist, wie auch sehr mannig¬ faltige Elemente zu einer wirklichen Einheit verbunden werden können, und das richtige Maß individueller Freiheit der Theile die frei zusammenstimmende Bewegung des Ganzen nicht hindert; so möchte andrerseits nicht zu verkennen sein, daß grade in der dargelegten Verfassung des Vereins eine hauptsächliche Bedingung seines frischen und kräftigen Lebens liege, daß die bewußte, freie, nur durch die nothwendige Unterordnung unter das Ganze begrenzte, aber auch in diese sich frei fügende Thätigkeit jedes einzelnen Gliedes sein Interesse lebendig erhält und erhöht, daß überhaupt hier offenbar wird, wie das Leben desto vollkommner ist. je reicher und eigenthümlicher gegliedert sein Organis¬ mus ist, und daß endlich diese Verfassung sich deshalb als so zweckmäßig und heilsam bewährt, weil sie aus dem den größten Reichthum eigenthümlichen Lebens in sich tragenden und doch seiner innern Einheit sich tief bewußten deutschen Wesen natürlich und glücklicherweise im Ganzen ungehindert erwachsen und darum demselben wirklich angemessen ist. Daß eine solche Lebensbezeugung der evangelischen Kirche, wie in dem Verein sich kund gibt, nicht ohne Widersacher bleiben konnte, daß -sie sich viel¬ fältiger Angriffe zu erwehren, gegen mancherlei Beschuldigungen, ja Verdäch¬ tigungen sich zu rechtfertigen, gegen Unverstand und Mißverstand, Ungunst und Mißgunst genug zu kämpfen hatte, ist zu begreifen; daß sie aber dem ohner¬ achtet sich immer kräftiger entfaltete, muß nur als ein neuer Beweis ihrer Nothwendigkeit, Bedeutung und Gesundheit erscheinen. Grenzboten III. 1L60. 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/61>, abgerufen am 24.07.2024.