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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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der Verein seine gute Natur auch hier dadurch, daß er Solchen mit seiner
auf einen sehr positiven Zweck gerichteten Wirksamkeit entweder bald zum Be¬
wußtsein brachte, daß sie sich in ihm verrechnet hatten, und am besten thäten,
ihm wieder den Rücken zu wenden, oder ihnen zu bessrer Begriffen von
evangelischem Wesen und Streben verHals, und ihnen nicht nur Achtung dafür
abnöthigte, sondern sogar Liebe dazu einflößte. Ja, was Alle gefunden haben
und finden mußten, welche es mit dem Vereine versuchten, nicht nur die, welche
schon mit richtigen Vorstellungen und ganzem Herzen kamen, sondern nicht
weniger die, welche mancherlei Vorurtheile, falsche Erwartungen oder Mi߬
trauen hegten, wenn sie nur sonst einen offnen Sinn hatten, was diese
Alle müssen erfahren haben, nämlich eine durch die immer großartiger
sich entfaltende Thätigkeit des Vereins wie durch die sichtlichen Erfolge bewirkte
Befriedigung, sowie die erhebende Ueberzeugung, daß in dem Verein ejn Le¬
bensorgan der evangelischen Gesammtkirche gefunden sei, wie es bisher nur
allzusehr zu vermissen gewesen, das ist es, was dem Vereine die große Theil¬
nahme, die er gesunden, auch erhalten muß.

Doch es ist noch ein Anderes wol zu beachten, was zu der so lebenskräftigen
Entwicklung des Vereins wesentlich beigetragen hat, das ist seine Verfassung und
seine Verwaltungsform. Es ist schon angedeutet, daß der Gcsammtverein aus
einer durch die Größe der protestantischen Bevölkerung der einzelnen kleineren
Staaten und der einzelnen Provinzen der größeren bedingten Zahl von
Hauptgliedern oder Hauptvcreinen (45), jeder von diesen aber aus einer grö¬
ßern oder kleinern Anzahl von Zweigvereinen (jetzt ca. 1000) besteht. Jeder
Zweigverein und jeder Hauptverein hat seine besondern, von ihm selbst nach
seinen Verhältnissen und Bedürfnissen entworfenen Statuten, von denen nur
verlangt wird, daß sie in keinem wesentlichen Punkte den Generalstatuten
widersprechen, ebenso seinen eignen Vorstand, seine eigne Verwaltung und
seine eignen Versammlungen. Die zu einem Hauptverein gehörenden Zweig¬
vereine stehen mit diesem in fortwährender Geschäftsverbindung, die ge-
sammten Hauptvereine ihrerseits mit dem in Leipzig seinen Sitz habenden,
aus 9 Leipziger und 15 in andern Ländern wohnenden Mitgliedern bestehen¬
den Centralvorstand, der mit der Gesammtverwaltung und der Vertretung
des Ganzen beauftragt ist. Auf den Zweigvereinsversammlungen werden die
Abgeordneten zu den Hauptvereinsversammlungen gewählt, auf diesen die zü den
Hauptversammlungen des Gesammtvereins, und endlich auf diesen die Mit¬
glieder des Centralvorstandes, welche an die Stelle der gesetzlich oder zufällig
ausscheidenden zu treten haben. Alle höchsten Entscheidungen gehen proviso¬
risch von-dem Centralvorstande, endgiltig von den Generalversammlungen des
Gesammtvereins aus. Jeder Verein theilt seine jährliche Sammlung in 3
Theile; über die Verwendung des einen Drittels hat er ganz frei zu verfügen;


der Verein seine gute Natur auch hier dadurch, daß er Solchen mit seiner
auf einen sehr positiven Zweck gerichteten Wirksamkeit entweder bald zum Be¬
wußtsein brachte, daß sie sich in ihm verrechnet hatten, und am besten thäten,
ihm wieder den Rücken zu wenden, oder ihnen zu bessrer Begriffen von
evangelischem Wesen und Streben verHals, und ihnen nicht nur Achtung dafür
abnöthigte, sondern sogar Liebe dazu einflößte. Ja, was Alle gefunden haben
und finden mußten, welche es mit dem Vereine versuchten, nicht nur die, welche
schon mit richtigen Vorstellungen und ganzem Herzen kamen, sondern nicht
weniger die, welche mancherlei Vorurtheile, falsche Erwartungen oder Mi߬
trauen hegten, wenn sie nur sonst einen offnen Sinn hatten, was diese
Alle müssen erfahren haben, nämlich eine durch die immer großartiger
sich entfaltende Thätigkeit des Vereins wie durch die sichtlichen Erfolge bewirkte
Befriedigung, sowie die erhebende Ueberzeugung, daß in dem Verein ejn Le¬
bensorgan der evangelischen Gesammtkirche gefunden sei, wie es bisher nur
allzusehr zu vermissen gewesen, das ist es, was dem Vereine die große Theil¬
nahme, die er gesunden, auch erhalten muß.

Doch es ist noch ein Anderes wol zu beachten, was zu der so lebenskräftigen
Entwicklung des Vereins wesentlich beigetragen hat, das ist seine Verfassung und
seine Verwaltungsform. Es ist schon angedeutet, daß der Gcsammtverein aus
einer durch die Größe der protestantischen Bevölkerung der einzelnen kleineren
Staaten und der einzelnen Provinzen der größeren bedingten Zahl von
Hauptgliedern oder Hauptvcreinen (45), jeder von diesen aber aus einer grö¬
ßern oder kleinern Anzahl von Zweigvereinen (jetzt ca. 1000) besteht. Jeder
Zweigverein und jeder Hauptverein hat seine besondern, von ihm selbst nach
seinen Verhältnissen und Bedürfnissen entworfenen Statuten, von denen nur
verlangt wird, daß sie in keinem wesentlichen Punkte den Generalstatuten
widersprechen, ebenso seinen eignen Vorstand, seine eigne Verwaltung und
seine eignen Versammlungen. Die zu einem Hauptverein gehörenden Zweig¬
vereine stehen mit diesem in fortwährender Geschäftsverbindung, die ge-
sammten Hauptvereine ihrerseits mit dem in Leipzig seinen Sitz habenden,
aus 9 Leipziger und 15 in andern Ländern wohnenden Mitgliedern bestehen¬
den Centralvorstand, der mit der Gesammtverwaltung und der Vertretung
des Ganzen beauftragt ist. Auf den Zweigvereinsversammlungen werden die
Abgeordneten zu den Hauptvereinsversammlungen gewählt, auf diesen die zü den
Hauptversammlungen des Gesammtvereins, und endlich auf diesen die Mit¬
glieder des Centralvorstandes, welche an die Stelle der gesetzlich oder zufällig
ausscheidenden zu treten haben. Alle höchsten Entscheidungen gehen proviso¬
risch von-dem Centralvorstande, endgiltig von den Generalversammlungen des
Gesammtvereins aus. Jeder Verein theilt seine jährliche Sammlung in 3
Theile; über die Verwendung des einen Drittels hat er ganz frei zu verfügen;


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/60>, abgerufen am 24.07.2024.