Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.man hingehn lassen; was aber das Gedicht auf eine tiefere Stufe stellt, ist der Diese Stimmung färbt auch seine "Satiren" -- wozu sonderbarerweise Daß seine Satire durchweg Ausfluß subjectiver Stimmung ist -- bei seiner man hingehn lassen; was aber das Gedicht auf eine tiefere Stufe stellt, ist der Diese Stimmung färbt auch seine „Satiren" — wozu sonderbarerweise Daß seine Satire durchweg Ausfluß subjectiver Stimmung ist — bei seiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110110"/> <p xml:id="ID_892" prev="#ID_891"> man hingehn lassen; was aber das Gedicht auf eine tiefere Stufe stellt, ist der<lb/> gänzliche Mangel an Komposition. In Melodie wie in Gemüthstiefe stellen<lb/> wir Günthers Liebeslieder weit über diesen epischen Versuch — weit auch über<lb/> die geistlichen Oden und Studentenlieder. Die geistlichen Gedichte haben bei<lb/> ihm nur dann Interesse, wenn sie ganz suvjectiv gehalten sind, d. h. wenn<lb/> sie aufhören, Gesänge der Gemeinde zu sein.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_15" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_893"> Diese Stimmung färbt auch seine „Satiren" — wozu sonderbarerweise<lb/> seine Herausgeber alle seine Gratulations - und Condolationscarmina rechnen.<lb/> Freilich zeichnen sie sich vor andern jener Zeit dadurch aus. daß der Dichter<lb/> frei mit der Sprache herausgeht, und sie treffen auch mitunter den faulen Fleck;<lb/> im Ganzen aber verrathen sie mehr Heftigkeit als Kraft.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_16" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_894"> Daß seine Satire durchweg Ausfluß subjectiver Stimmung ist — bei seiner<lb/> Lage und der Unstetigkeit seiner Existenz erklärt sich die oft wiederholte Klage<lb/> hinlänglich — sagt er selbst S. 477. Er schildert seine Zweifel an Gottes<lb/> Güte, der ihn doch immer im Stich lasse:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_17" type="poem"> <l/> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
man hingehn lassen; was aber das Gedicht auf eine tiefere Stufe stellt, ist der
gänzliche Mangel an Komposition. In Melodie wie in Gemüthstiefe stellen
wir Günthers Liebeslieder weit über diesen epischen Versuch — weit auch über
die geistlichen Oden und Studentenlieder. Die geistlichen Gedichte haben bei
ihm nur dann Interesse, wenn sie ganz suvjectiv gehalten sind, d. h. wenn
sie aufhören, Gesänge der Gemeinde zu sein.
Diese Stimmung färbt auch seine „Satiren" — wozu sonderbarerweise
seine Herausgeber alle seine Gratulations - und Condolationscarmina rechnen.
Freilich zeichnen sie sich vor andern jener Zeit dadurch aus. daß der Dichter
frei mit der Sprache herausgeht, und sie treffen auch mitunter den faulen Fleck;
im Ganzen aber verrathen sie mehr Heftigkeit als Kraft.
Daß seine Satire durchweg Ausfluß subjectiver Stimmung ist — bei seiner
Lage und der Unstetigkeit seiner Existenz erklärt sich die oft wiederholte Klage
hinlänglich — sagt er selbst S. 477. Er schildert seine Zweifel an Gottes
Güte, der ihn doch immer im Stich lasse:
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