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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Ochsen, dann deren Fütterung mehre Monate hindurch, dann die Schlachter¬
gebühr, dann das Salz, mit dem sie eingepökelt sein sollten, bezahlt, und
so.brachte jeder dieser mythologischen Ochsen den Erfindern dieses sinnreichen
Verfahrens gegen dreihundert Rubel ein.

Während der Occupation der Dvnaufürstcnthiimer durch die Russen wurde
von Petersburg der Befehl gegeben, große Massen von Heu, Stroh, Hafer
und Roggen auszulaufen und Reservemagaziue davon zu errichten. Z. ver¬
wendete darauf nur einen geringen Theil des ihm zu diesen Zweck übergebenen
Geldes. Als man dann 1854 den eiligen Rückzug antreten mußte, übergab
Z. dem Obergeneral einen Rapport, in welchem er die Unmöglichkeit vorstellte,
die ungeheueren Vorräthe, die er beschafft, zu Wagen nach Rußland zurückzu¬
bringen. Er bekam darauf die Weisung, sie zu verbrennen, und da er kaum
noch etwas zu verbrennen hatte, so steckte man die Scheunen einiger unglück¬
lichen Moldauer und Walachen in Brand. Als später die beiden Hauptstädte
Rußlands Massen von Kleidungsstücken, Wäsche und Charpie für die Soldaten
in der Krim abschickten, kam diesen so gut wie nichts davon zu, so daß sie
oft am nothwendigsten Mangel litten. Die Sendungen waren, kaum bei
der Militärverwaltung angekommen, unter die verschiedenen Chefs derselben
vertheilt oder an Kaufleute verhandelt worden. Besser wurde es der Marine,
die. Dank der Intelligenz und Rechtschaffenheit eines zu diesem Zweck nach der
Krim geschickten, jungen Beamten. Boris M. (jetzt Slaatssecrctär) ihre Gaben
erhielt. Zwei von der Kaiserin Marie gewählte Beamte, die nach der Krim
gesandt wurden, um die Vertheilung jener Gaben an das Landheer zu über¬
wachen, Graf M. Wielhorski und Fürst G. Dolgorukow. bewiesen in der Erfüllung
ihrer Pflicht großen Eifer, sie starben beide am Typhus, den sie sich durch Besuch der
Spitäler zugezogen. Allein was vermochten sie gegen die vereinigten Bemüh¬
ungen der diebischen Militärverwaltung, die durch die Petersburger Bureau¬
kratie geschützt war, und gegen die beklagenswerthe Unfähigkeit des Kriegs¬
ministers, der sich's vor Allem angelegen sein ließ, dem Kaiser den unglück¬
seligen Zustand der Armee zu verbergen, "um Se. Majestät nicht zu betrüben?"
Der Marineminister that seine Pflicht und erfreute sich des besten Erfolgs,
der Kriegsminister that das Gegentheil, um seine Stellung bei Hose nicht zu
gefährden, und er hatte ebenfalls den besten Erfolg -- seine Verdienste wur¬
den und dem Wladimir- und dem Andreasorden belohnt.

Wenn die Soldaten Wunden erhielten, welche ihren Transport nach ent¬
fernteren Spitälern erlaubten, so lud man sie auf Karren und schaffte sie da¬
hin, aber ohne ihnen die warmen Klerder zu bewilligen, die für sie bestimmt
waren. Kaum bedeckt mit alten durchlöcherten Militärmänteln schleppte man
die Unglücklichen durch die Schrecken eines strengen Winters. In den Städten
und Weilern, wo sich provisorische Spitäler befanden, ließen die Vorsteher der-


Ochsen, dann deren Fütterung mehre Monate hindurch, dann die Schlachter¬
gebühr, dann das Salz, mit dem sie eingepökelt sein sollten, bezahlt, und
so.brachte jeder dieser mythologischen Ochsen den Erfindern dieses sinnreichen
Verfahrens gegen dreihundert Rubel ein.

Während der Occupation der Dvnaufürstcnthiimer durch die Russen wurde
von Petersburg der Befehl gegeben, große Massen von Heu, Stroh, Hafer
und Roggen auszulaufen und Reservemagaziue davon zu errichten. Z. ver¬
wendete darauf nur einen geringen Theil des ihm zu diesen Zweck übergebenen
Geldes. Als man dann 1854 den eiligen Rückzug antreten mußte, übergab
Z. dem Obergeneral einen Rapport, in welchem er die Unmöglichkeit vorstellte,
die ungeheueren Vorräthe, die er beschafft, zu Wagen nach Rußland zurückzu¬
bringen. Er bekam darauf die Weisung, sie zu verbrennen, und da er kaum
noch etwas zu verbrennen hatte, so steckte man die Scheunen einiger unglück¬
lichen Moldauer und Walachen in Brand. Als später die beiden Hauptstädte
Rußlands Massen von Kleidungsstücken, Wäsche und Charpie für die Soldaten
in der Krim abschickten, kam diesen so gut wie nichts davon zu, so daß sie
oft am nothwendigsten Mangel litten. Die Sendungen waren, kaum bei
der Militärverwaltung angekommen, unter die verschiedenen Chefs derselben
vertheilt oder an Kaufleute verhandelt worden. Besser wurde es der Marine,
die. Dank der Intelligenz und Rechtschaffenheit eines zu diesem Zweck nach der
Krim geschickten, jungen Beamten. Boris M. (jetzt Slaatssecrctär) ihre Gaben
erhielt. Zwei von der Kaiserin Marie gewählte Beamte, die nach der Krim
gesandt wurden, um die Vertheilung jener Gaben an das Landheer zu über¬
wachen, Graf M. Wielhorski und Fürst G. Dolgorukow. bewiesen in der Erfüllung
ihrer Pflicht großen Eifer, sie starben beide am Typhus, den sie sich durch Besuch der
Spitäler zugezogen. Allein was vermochten sie gegen die vereinigten Bemüh¬
ungen der diebischen Militärverwaltung, die durch die Petersburger Bureau¬
kratie geschützt war, und gegen die beklagenswerthe Unfähigkeit des Kriegs¬
ministers, der sich's vor Allem angelegen sein ließ, dem Kaiser den unglück¬
seligen Zustand der Armee zu verbergen, „um Se. Majestät nicht zu betrüben?"
Der Marineminister that seine Pflicht und erfreute sich des besten Erfolgs,
der Kriegsminister that das Gegentheil, um seine Stellung bei Hose nicht zu
gefährden, und er hatte ebenfalls den besten Erfolg — seine Verdienste wur¬
den und dem Wladimir- und dem Andreasorden belohnt.

Wenn die Soldaten Wunden erhielten, welche ihren Transport nach ent¬
fernteren Spitälern erlaubten, so lud man sie auf Karren und schaffte sie da¬
hin, aber ohne ihnen die warmen Klerder zu bewilligen, die für sie bestimmt
waren. Kaum bedeckt mit alten durchlöcherten Militärmänteln schleppte man
die Unglücklichen durch die Schrecken eines strengen Winters. In den Städten
und Weilern, wo sich provisorische Spitäler befanden, ließen die Vorsteher der-


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[0161] Ochsen, dann deren Fütterung mehre Monate hindurch, dann die Schlachter¬ gebühr, dann das Salz, mit dem sie eingepökelt sein sollten, bezahlt, und so.brachte jeder dieser mythologischen Ochsen den Erfindern dieses sinnreichen Verfahrens gegen dreihundert Rubel ein. Während der Occupation der Dvnaufürstcnthiimer durch die Russen wurde von Petersburg der Befehl gegeben, große Massen von Heu, Stroh, Hafer und Roggen auszulaufen und Reservemagaziue davon zu errichten. Z. ver¬ wendete darauf nur einen geringen Theil des ihm zu diesen Zweck übergebenen Geldes. Als man dann 1854 den eiligen Rückzug antreten mußte, übergab Z. dem Obergeneral einen Rapport, in welchem er die Unmöglichkeit vorstellte, die ungeheueren Vorräthe, die er beschafft, zu Wagen nach Rußland zurückzu¬ bringen. Er bekam darauf die Weisung, sie zu verbrennen, und da er kaum noch etwas zu verbrennen hatte, so steckte man die Scheunen einiger unglück¬ lichen Moldauer und Walachen in Brand. Als später die beiden Hauptstädte Rußlands Massen von Kleidungsstücken, Wäsche und Charpie für die Soldaten in der Krim abschickten, kam diesen so gut wie nichts davon zu, so daß sie oft am nothwendigsten Mangel litten. Die Sendungen waren, kaum bei der Militärverwaltung angekommen, unter die verschiedenen Chefs derselben vertheilt oder an Kaufleute verhandelt worden. Besser wurde es der Marine, die. Dank der Intelligenz und Rechtschaffenheit eines zu diesem Zweck nach der Krim geschickten, jungen Beamten. Boris M. (jetzt Slaatssecrctär) ihre Gaben erhielt. Zwei von der Kaiserin Marie gewählte Beamte, die nach der Krim gesandt wurden, um die Vertheilung jener Gaben an das Landheer zu über¬ wachen, Graf M. Wielhorski und Fürst G. Dolgorukow. bewiesen in der Erfüllung ihrer Pflicht großen Eifer, sie starben beide am Typhus, den sie sich durch Besuch der Spitäler zugezogen. Allein was vermochten sie gegen die vereinigten Bemüh¬ ungen der diebischen Militärverwaltung, die durch die Petersburger Bureau¬ kratie geschützt war, und gegen die beklagenswerthe Unfähigkeit des Kriegs¬ ministers, der sich's vor Allem angelegen sein ließ, dem Kaiser den unglück¬ seligen Zustand der Armee zu verbergen, „um Se. Majestät nicht zu betrüben?" Der Marineminister that seine Pflicht und erfreute sich des besten Erfolgs, der Kriegsminister that das Gegentheil, um seine Stellung bei Hose nicht zu gefährden, und er hatte ebenfalls den besten Erfolg — seine Verdienste wur¬ den und dem Wladimir- und dem Andreasorden belohnt. Wenn die Soldaten Wunden erhielten, welche ihren Transport nach ent¬ fernteren Spitälern erlaubten, so lud man sie auf Karren und schaffte sie da¬ hin, aber ohne ihnen die warmen Klerder zu bewilligen, die für sie bestimmt waren. Kaum bedeckt mit alten durchlöcherten Militärmänteln schleppte man die Unglücklichen durch die Schrecken eines strengen Winters. In den Städten und Weilern, wo sich provisorische Spitäler befanden, ließen die Vorsteher der-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/161>, abgerufen am 24.07.2024.