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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Vernichtung der östreichischen Herrschaft in Italien, weil sie absolutistisch und
1815 gegen Frankreich ausgerichtet war, aber sie fürchteten noch mehr eine
Vergrößerung Piemonts. die es zu einer selbststündige" italienischen Politik
befähigen würde. Lamartine lehnte es daher immer ab. den Einmarsch Karl
Alberts zu billigen, wenn der König die Oestreicher vertriebe und Mailand,
Parma, Modena, Venedig, ja vielleicht Toscana mit seinen Staaten vereinige,
so sei Frankreichs Vertheidigungssystem bedroht, es müsse für diesen Fall
ses suretes en Lavois et a Mes!" Hierauf kommt er sowol wie
L. Blanc in einer Sitzung des Comite der auswärtigen Angelegenheiten vom
22. Juli zurück. Hier räth er sich wohlwollend gegen den König von Sar¬
dinien zu zeigen, ohne ihm zu helfen, leuchte das Glück seinen Waffen und
werde er König von Oberitalien, solle man erklären, daß, da das europäische
Gleichgewicht gebrochen sei, Frankreich auch nicht mehr daran gebunden sei,
et qu'vllo N6 äoit restsr üims ig. Situation Irumiliimtö et xsu fürs, on
l'ont all'consei'ne les traMs Ac 18 is, dieser Erklärung müsse die sofortige
Occupation von Savoyen und Nizza folgen. Würden aber die Italiener ge¬
schlagen, so solle man zu ihren Gunsten interveniren, die Oestreicher vertreiben,
und dann ebenfalls K titre as eomxensÄtion jene Länder nehmen. L. Blanc
wollte ehrlicher dem König gleich Frankreichs Hilfe bieten und ihm für die Ab¬
tretung von Savoyen und Nizza den Besitz der Lombardei und Venedigs ga-
rantiren. Anders dachte Bastide, in seinem bittern Widerstand gegen das mon¬
archische Princip wollte er vor allem die Vergrößerung Piemonts verhindern
und sie selbst gegen eine Vergrößerung Frankreichs nicht gewähren. Er ver¬
stand, wie alle französischen Politiker die Unabhängigkeit Italiens so, daß sie
zu keinem Einheitsstaate führen dürfe, der die Geschicke der Halbinsel selbst¬
ständig leite, er wünschte daher die Errichtung einer Reihe unabhängiger Re¬
publiken, welche durch ein loses Nundcsband vereinigt, sich an die große fran¬
zösische Republik hätten anlehnen müssen und hätte Oestreich für seine Verluste
in Italien an der Donau entschädigt, um es mit Rußland zu entzweien. Die
provisorische Regierung nahm übrigens eine abwartende Stellung ein und con-
centrirte nur ein Corps von 30,000 Mann bei Lyon. Großentheils war diese
Haltung dem Einflüsse des englischen Gesandten in Paris. Lord Normanby,
zuzuschreiben. Englands Hanptbestreben war es, ein feindliches Zusammen¬
treffen von Oestreich und Frankreich in Italien vermieden zu sehen, weil da¬
raus ein allgemeiner europäischer Krieg sich hätte entwickeln müssen; es fürch¬
tete, daß die provisorische Regierung durch innere Kämpfe bedrängt in einem
auswärtigen Kampf den Ableiter für die Revolution suchen werde, deshalb
hatte Palmerston in Turin von der militärischen Intervention abgemahnt und
ergriff eifrig den Antrag Graf Fiquelmonts zu vermitteln. Der Nachfolger
Metternichs kannte Italien und Oestreichs Stellung daselbst wohl, er wußte,


Vernichtung der östreichischen Herrschaft in Italien, weil sie absolutistisch und
1815 gegen Frankreich ausgerichtet war, aber sie fürchteten noch mehr eine
Vergrößerung Piemonts. die es zu einer selbststündige» italienischen Politik
befähigen würde. Lamartine lehnte es daher immer ab. den Einmarsch Karl
Alberts zu billigen, wenn der König die Oestreicher vertriebe und Mailand,
Parma, Modena, Venedig, ja vielleicht Toscana mit seinen Staaten vereinige,
so sei Frankreichs Vertheidigungssystem bedroht, es müsse für diesen Fall
ses suretes en Lavois et a Mes!" Hierauf kommt er sowol wie
L. Blanc in einer Sitzung des Comite der auswärtigen Angelegenheiten vom
22. Juli zurück. Hier räth er sich wohlwollend gegen den König von Sar¬
dinien zu zeigen, ohne ihm zu helfen, leuchte das Glück seinen Waffen und
werde er König von Oberitalien, solle man erklären, daß, da das europäische
Gleichgewicht gebrochen sei, Frankreich auch nicht mehr daran gebunden sei,
et qu'vllo N6 äoit restsr üims ig. Situation Irumiliimtö et xsu fürs, on
l'ont all'consei'ne les traMs Ac 18 is, dieser Erklärung müsse die sofortige
Occupation von Savoyen und Nizza folgen. Würden aber die Italiener ge¬
schlagen, so solle man zu ihren Gunsten interveniren, die Oestreicher vertreiben,
und dann ebenfalls K titre as eomxensÄtion jene Länder nehmen. L. Blanc
wollte ehrlicher dem König gleich Frankreichs Hilfe bieten und ihm für die Ab¬
tretung von Savoyen und Nizza den Besitz der Lombardei und Venedigs ga-
rantiren. Anders dachte Bastide, in seinem bittern Widerstand gegen das mon¬
archische Princip wollte er vor allem die Vergrößerung Piemonts verhindern
und sie selbst gegen eine Vergrößerung Frankreichs nicht gewähren. Er ver¬
stand, wie alle französischen Politiker die Unabhängigkeit Italiens so, daß sie
zu keinem Einheitsstaate führen dürfe, der die Geschicke der Halbinsel selbst¬
ständig leite, er wünschte daher die Errichtung einer Reihe unabhängiger Re¬
publiken, welche durch ein loses Nundcsband vereinigt, sich an die große fran¬
zösische Republik hätten anlehnen müssen und hätte Oestreich für seine Verluste
in Italien an der Donau entschädigt, um es mit Rußland zu entzweien. Die
provisorische Regierung nahm übrigens eine abwartende Stellung ein und con-
centrirte nur ein Corps von 30,000 Mann bei Lyon. Großentheils war diese
Haltung dem Einflüsse des englischen Gesandten in Paris. Lord Normanby,
zuzuschreiben. Englands Hanptbestreben war es, ein feindliches Zusammen¬
treffen von Oestreich und Frankreich in Italien vermieden zu sehen, weil da¬
raus ein allgemeiner europäischer Krieg sich hätte entwickeln müssen; es fürch¬
tete, daß die provisorische Regierung durch innere Kämpfe bedrängt in einem
auswärtigen Kampf den Ableiter für die Revolution suchen werde, deshalb
hatte Palmerston in Turin von der militärischen Intervention abgemahnt und
ergriff eifrig den Antrag Graf Fiquelmonts zu vermitteln. Der Nachfolger
Metternichs kannte Italien und Oestreichs Stellung daselbst wohl, er wußte,


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[0147] Vernichtung der östreichischen Herrschaft in Italien, weil sie absolutistisch und 1815 gegen Frankreich ausgerichtet war, aber sie fürchteten noch mehr eine Vergrößerung Piemonts. die es zu einer selbststündige» italienischen Politik befähigen würde. Lamartine lehnte es daher immer ab. den Einmarsch Karl Alberts zu billigen, wenn der König die Oestreicher vertriebe und Mailand, Parma, Modena, Venedig, ja vielleicht Toscana mit seinen Staaten vereinige, so sei Frankreichs Vertheidigungssystem bedroht, es müsse für diesen Fall ses suretes en Lavois et a Mes!" Hierauf kommt er sowol wie L. Blanc in einer Sitzung des Comite der auswärtigen Angelegenheiten vom 22. Juli zurück. Hier räth er sich wohlwollend gegen den König von Sar¬ dinien zu zeigen, ohne ihm zu helfen, leuchte das Glück seinen Waffen und werde er König von Oberitalien, solle man erklären, daß, da das europäische Gleichgewicht gebrochen sei, Frankreich auch nicht mehr daran gebunden sei, et qu'vllo N6 äoit restsr üims ig. Situation Irumiliimtö et xsu fürs, on l'ont all'consei'ne les traMs Ac 18 is, dieser Erklärung müsse die sofortige Occupation von Savoyen und Nizza folgen. Würden aber die Italiener ge¬ schlagen, so solle man zu ihren Gunsten interveniren, die Oestreicher vertreiben, und dann ebenfalls K titre as eomxensÄtion jene Länder nehmen. L. Blanc wollte ehrlicher dem König gleich Frankreichs Hilfe bieten und ihm für die Ab¬ tretung von Savoyen und Nizza den Besitz der Lombardei und Venedigs ga- rantiren. Anders dachte Bastide, in seinem bittern Widerstand gegen das mon¬ archische Princip wollte er vor allem die Vergrößerung Piemonts verhindern und sie selbst gegen eine Vergrößerung Frankreichs nicht gewähren. Er ver¬ stand, wie alle französischen Politiker die Unabhängigkeit Italiens so, daß sie zu keinem Einheitsstaate führen dürfe, der die Geschicke der Halbinsel selbst¬ ständig leite, er wünschte daher die Errichtung einer Reihe unabhängiger Re¬ publiken, welche durch ein loses Nundcsband vereinigt, sich an die große fran¬ zösische Republik hätten anlehnen müssen und hätte Oestreich für seine Verluste in Italien an der Donau entschädigt, um es mit Rußland zu entzweien. Die provisorische Regierung nahm übrigens eine abwartende Stellung ein und con- centrirte nur ein Corps von 30,000 Mann bei Lyon. Großentheils war diese Haltung dem Einflüsse des englischen Gesandten in Paris. Lord Normanby, zuzuschreiben. Englands Hanptbestreben war es, ein feindliches Zusammen¬ treffen von Oestreich und Frankreich in Italien vermieden zu sehen, weil da¬ raus ein allgemeiner europäischer Krieg sich hätte entwickeln müssen; es fürch¬ tete, daß die provisorische Regierung durch innere Kämpfe bedrängt in einem auswärtigen Kampf den Ableiter für die Revolution suchen werde, deshalb hatte Palmerston in Turin von der militärischen Intervention abgemahnt und ergriff eifrig den Antrag Graf Fiquelmonts zu vermitteln. Der Nachfolger Metternichs kannte Italien und Oestreichs Stellung daselbst wohl, er wußte,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/147>, abgerufen am 24.07.2024.