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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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jedoch hatte er nur in Neapel/mit dem der später zu erwähnende Vertrag zu
Stande kam, nach dem der König sich verpflichtet in seinen Staaten niemals
eine Regierungsform einzuführen, welche der im lombardisch - venetianischen
Königreich bestellenden widerspricht. Wenn nun auch Toscana und der Papst
ihre Unabhängigkeit besser-wahrten und namentlich der letztere den Beitritt
zur rcligionsmengerischen heiligen Allianz ablehnte, so überwog der österreichische
Einfluß doch jede andre Tendenz, Anders war dies mit Piemont, wo der
traditionelle Antagonismus gegen die Pläne des wiener Cabinetes zu tief
eingewurzelt war. um den Hof Metternichs Weisungen blind folgen zu lassen.
Selbst die Ultraconservativen aus de Maistres Schule wußten mit ihren Grund¬
sätzen recht wol den bittersten Haß gegen Oestreich zu vereinigen. De Maistre
selbst, den man nach dieser Seite hin erst durch den Blancschen Briefwechsel
hat kennen lernen, schreibt : "So lange ich athmen kann, werde ich es wieder¬
holen, daß Oestreich der ewige und natürliche Feind des Königs ist, während
Frankreich es nicht ist. Was wünscht der König? Die Befestigung seiner
Macht in Norditalien, was fürchtet Oestreich? Diese Befestigung. Also --
An einer andern Stelle sagt er sogar, "dies Haus Oestreich ist ein großer
Feind des menschlichen Geschlechtes." -- Lord Castlereagh lieh sich bereden
in Turin den Beitritt zum projectirten italienischen Staatenbund zu empfehlen
"da nach den neuen Verträgen die Kräfte der beiden norditalienischen Staaten
in einen Knoten zusammenzufassen seien um die Uebergriffe Frankreichs zu
verhindern." Aber Victor Emanuel lehnte den Beitritt ab. da es gegen die
Politik des Hauses Savoyen sei mit seinen beiden mächtigen Nachbarn eine
enge und dauernde Allianz zu schließen und zwar um frei zu bleiben, keine
Eifersucht zu reizen und bei Gelegenheit gesucht zu werden/) Oestreich drohte
durch Erhebung vertragswidriger Ansprüche auf die Simplonthäler, aber Ru߬
land legte sich auf dringende Vorstellungen de Maistres ins Mittel und Oest¬
reich mußte daraus verzichten seinen Plan durchzusetzen. Sardinien ermannte
sich sogar soweit an den andern italienischen Höhen gegen den Beitritt zum
Bunde zu wirken, der Graf Barbaroux ward angewiesen in Rom darauf auf¬
merksam zu machen, wie unzuverlässig und gefährlich Oestreichs Macht für
Italien sei, die Absicht des Vorschlages könne nur sei", daß der Kaiser sich
die Oberherrschaft auf der ganzen Halbinsel anmaßen wolle.

Nachdem nun Reuchlin die Umstände erzählt, unter denen die Gebietsein-
theilung Italiens auf dem wiener Congresse zu Wege kam, schildert er in
einem ausführlichen Capitel die Zustände der verschiednen Staaten der Halb¬
insel.



*) So hatte schon Emanuel Philibert gesagt: la, 8s,voiiz kg.it psneker Is, balance "Zu
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jedoch hatte er nur in Neapel/mit dem der später zu erwähnende Vertrag zu
Stande kam, nach dem der König sich verpflichtet in seinen Staaten niemals
eine Regierungsform einzuführen, welche der im lombardisch - venetianischen
Königreich bestellenden widerspricht. Wenn nun auch Toscana und der Papst
ihre Unabhängigkeit besser-wahrten und namentlich der letztere den Beitritt
zur rcligionsmengerischen heiligen Allianz ablehnte, so überwog der österreichische
Einfluß doch jede andre Tendenz, Anders war dies mit Piemont, wo der
traditionelle Antagonismus gegen die Pläne des wiener Cabinetes zu tief
eingewurzelt war. um den Hof Metternichs Weisungen blind folgen zu lassen.
Selbst die Ultraconservativen aus de Maistres Schule wußten mit ihren Grund¬
sätzen recht wol den bittersten Haß gegen Oestreich zu vereinigen. De Maistre
selbst, den man nach dieser Seite hin erst durch den Blancschen Briefwechsel
hat kennen lernen, schreibt : „So lange ich athmen kann, werde ich es wieder¬
holen, daß Oestreich der ewige und natürliche Feind des Königs ist, während
Frankreich es nicht ist. Was wünscht der König? Die Befestigung seiner
Macht in Norditalien, was fürchtet Oestreich? Diese Befestigung. Also —
An einer andern Stelle sagt er sogar, „dies Haus Oestreich ist ein großer
Feind des menschlichen Geschlechtes." — Lord Castlereagh lieh sich bereden
in Turin den Beitritt zum projectirten italienischen Staatenbund zu empfehlen
„da nach den neuen Verträgen die Kräfte der beiden norditalienischen Staaten
in einen Knoten zusammenzufassen seien um die Uebergriffe Frankreichs zu
verhindern." Aber Victor Emanuel lehnte den Beitritt ab. da es gegen die
Politik des Hauses Savoyen sei mit seinen beiden mächtigen Nachbarn eine
enge und dauernde Allianz zu schließen und zwar um frei zu bleiben, keine
Eifersucht zu reizen und bei Gelegenheit gesucht zu werden/) Oestreich drohte
durch Erhebung vertragswidriger Ansprüche auf die Simplonthäler, aber Ru߬
land legte sich auf dringende Vorstellungen de Maistres ins Mittel und Oest¬
reich mußte daraus verzichten seinen Plan durchzusetzen. Sardinien ermannte
sich sogar soweit an den andern italienischen Höhen gegen den Beitritt zum
Bunde zu wirken, der Graf Barbaroux ward angewiesen in Rom darauf auf¬
merksam zu machen, wie unzuverlässig und gefährlich Oestreichs Macht für
Italien sei, die Absicht des Vorschlages könne nur sei», daß der Kaiser sich
die Oberherrschaft auf der ganzen Halbinsel anmaßen wolle.

Nachdem nun Reuchlin die Umstände erzählt, unter denen die Gebietsein-
theilung Italiens auf dem wiener Congresse zu Wege kam, schildert er in
einem ausführlichen Capitel die Zustände der verschiednen Staaten der Halb¬
insel.



*) So hatte schon Emanuel Philibert gesagt: la, 8s,voiiz kg.it psneker Is, balance «Zu
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/113>, abgerufen am 04.07.2024.