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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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zanz ein Wahrzeichen im engern Sinn, d. h. ein Amulet gewesen sein. Wie
dem aber auch sei, das Bild des Mondes war im Alterthum wahrscheinlich
unter den Juden, sicher unter den Griechen und Römern ein Mittel gegen den
bösen Blick, es ist noch jetzt ein solches unter den Türken und noch heute tragen
neapolitanische Damen silberne Halbmonde am Arm zum Schutz gegen die
fallende Sucht, die allenthalben als eine durch Zauber herbeizuführende Krank¬
heit, als etwas "Angethanes" gilt.

Fast durchweg verschieden von den oben angeführten Sagen und Regeln
des Aberglaubens vom Monde, die ihre Heimat in Deutschland und andern
germanischen Ländern haben, ist das, was die aus orientalischer Astrologie
fußende Kunstmagie vom Einfluß des Mondes auf die Erde zu melden hat.
Dahin gehört alles, was die Complexion der Steine, Pflanzen, Thiere und
Menschen nach den Planeten und Himmelszeiehen bestimmt. Der Bauer weiß
davon wenig oder nichts; dennoch muß das auf den Mond Bezügliche hier
in Betracht gezogen werden, da nach den gedruckten Regeln dieser Theorie
noch heute hier und da Ehen und Freundschaften geschlossen und mancherlei
andere Unternehmungen bestimmt werden. Es gibt nach dieser Lehre gewisse
Metalle und Steine, gewisse Pflanzen und Thiere und ebenso gewisse Menschen,
in denen sich, je nach der Constellation, unter der sie geboren oder entstanden
sind, der eine oder der andere Himmelskörper mit den Eigenschaften seines
Wesens darstellt. So gibt es solansche, jvvialische, saturninische, martialische
und so auch luuarische Naturdinge und Menschen. Beispiele werden darthun,
was damit gemeint ist. Luuarische, unter dem Einfluß des Mondes entstan¬
dene, dessen Züge trSgende Mineralien sind das weiße Erz, das Silber und
der blaue Saphir (Gold und Karfunkel gehören der Sonne an, Eisen, Schwefel
und Rubin sind Marskinder u. s. w.). Lunarisch sind alle Kräuter, welche
weiche, dicke und saftige Blätter und einen wässerigen Geschmack haben, alle
Sumpfpflanzen und alle solche, die besonders rasch wachsen: der Kohl und der
Kürbiß, Melone, Gurke, Zwiebel, Lauch, die Mandragorawurzel (Alraun), der
Mohn, der Salat, die Rübe, alle Pilze und Schwämme, das Mondkraut, die
Wasserlinse, von den Bäumen aber die Linde. Die lunarischer Thiere ent¬
sprechen dem: sie lieben feuchte Orte, wachsen rasch, sind langsam, meist un¬
geschickt, fruchtbar und unrein, "von wegen der lunarischer Impression und
des giftigen Menstrui;" zu ihnen zählen unter andern das Schwein und das
Kaninchen, der hundsköpfige Affe, Ente, Gans, Kukuk, Wachtel. Wasserschlange,
Schildkröte, die meisten Fische, die Spinne, der Krebs und die Auster. Die
lunarischer Menschen werden, wenn sie wohlgeordnet sind, tüchtige Schiffsleute,
glückliche Fischer, schlaue Müller, die besten Jäger, hurtige und verschwiegene
Boten; wenn sie dagegen übel geordnet sind, das Gegentheil von dem Gesag¬
ten, Verräther, Meineidige, Hexen und Zauberer.


zanz ein Wahrzeichen im engern Sinn, d. h. ein Amulet gewesen sein. Wie
dem aber auch sei, das Bild des Mondes war im Alterthum wahrscheinlich
unter den Juden, sicher unter den Griechen und Römern ein Mittel gegen den
bösen Blick, es ist noch jetzt ein solches unter den Türken und noch heute tragen
neapolitanische Damen silberne Halbmonde am Arm zum Schutz gegen die
fallende Sucht, die allenthalben als eine durch Zauber herbeizuführende Krank¬
heit, als etwas „Angethanes" gilt.

Fast durchweg verschieden von den oben angeführten Sagen und Regeln
des Aberglaubens vom Monde, die ihre Heimat in Deutschland und andern
germanischen Ländern haben, ist das, was die aus orientalischer Astrologie
fußende Kunstmagie vom Einfluß des Mondes auf die Erde zu melden hat.
Dahin gehört alles, was die Complexion der Steine, Pflanzen, Thiere und
Menschen nach den Planeten und Himmelszeiehen bestimmt. Der Bauer weiß
davon wenig oder nichts; dennoch muß das auf den Mond Bezügliche hier
in Betracht gezogen werden, da nach den gedruckten Regeln dieser Theorie
noch heute hier und da Ehen und Freundschaften geschlossen und mancherlei
andere Unternehmungen bestimmt werden. Es gibt nach dieser Lehre gewisse
Metalle und Steine, gewisse Pflanzen und Thiere und ebenso gewisse Menschen,
in denen sich, je nach der Constellation, unter der sie geboren oder entstanden
sind, der eine oder der andere Himmelskörper mit den Eigenschaften seines
Wesens darstellt. So gibt es solansche, jvvialische, saturninische, martialische
und so auch luuarische Naturdinge und Menschen. Beispiele werden darthun,
was damit gemeint ist. Luuarische, unter dem Einfluß des Mondes entstan¬
dene, dessen Züge trSgende Mineralien sind das weiße Erz, das Silber und
der blaue Saphir (Gold und Karfunkel gehören der Sonne an, Eisen, Schwefel
und Rubin sind Marskinder u. s. w.). Lunarisch sind alle Kräuter, welche
weiche, dicke und saftige Blätter und einen wässerigen Geschmack haben, alle
Sumpfpflanzen und alle solche, die besonders rasch wachsen: der Kohl und der
Kürbiß, Melone, Gurke, Zwiebel, Lauch, die Mandragorawurzel (Alraun), der
Mohn, der Salat, die Rübe, alle Pilze und Schwämme, das Mondkraut, die
Wasserlinse, von den Bäumen aber die Linde. Die lunarischer Thiere ent¬
sprechen dem: sie lieben feuchte Orte, wachsen rasch, sind langsam, meist un¬
geschickt, fruchtbar und unrein, „von wegen der lunarischer Impression und
des giftigen Menstrui;" zu ihnen zählen unter andern das Schwein und das
Kaninchen, der hundsköpfige Affe, Ente, Gans, Kukuk, Wachtel. Wasserschlange,
Schildkröte, die meisten Fische, die Spinne, der Krebs und die Auster. Die
lunarischer Menschen werden, wenn sie wohlgeordnet sind, tüchtige Schiffsleute,
glückliche Fischer, schlaue Müller, die besten Jäger, hurtige und verschwiegene
Boten; wenn sie dagegen übel geordnet sind, das Gegentheil von dem Gesag¬
ten, Verräther, Meineidige, Hexen und Zauberer.


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[0514] zanz ein Wahrzeichen im engern Sinn, d. h. ein Amulet gewesen sein. Wie dem aber auch sei, das Bild des Mondes war im Alterthum wahrscheinlich unter den Juden, sicher unter den Griechen und Römern ein Mittel gegen den bösen Blick, es ist noch jetzt ein solches unter den Türken und noch heute tragen neapolitanische Damen silberne Halbmonde am Arm zum Schutz gegen die fallende Sucht, die allenthalben als eine durch Zauber herbeizuführende Krank¬ heit, als etwas „Angethanes" gilt. Fast durchweg verschieden von den oben angeführten Sagen und Regeln des Aberglaubens vom Monde, die ihre Heimat in Deutschland und andern germanischen Ländern haben, ist das, was die aus orientalischer Astrologie fußende Kunstmagie vom Einfluß des Mondes auf die Erde zu melden hat. Dahin gehört alles, was die Complexion der Steine, Pflanzen, Thiere und Menschen nach den Planeten und Himmelszeiehen bestimmt. Der Bauer weiß davon wenig oder nichts; dennoch muß das auf den Mond Bezügliche hier in Betracht gezogen werden, da nach den gedruckten Regeln dieser Theorie noch heute hier und da Ehen und Freundschaften geschlossen und mancherlei andere Unternehmungen bestimmt werden. Es gibt nach dieser Lehre gewisse Metalle und Steine, gewisse Pflanzen und Thiere und ebenso gewisse Menschen, in denen sich, je nach der Constellation, unter der sie geboren oder entstanden sind, der eine oder der andere Himmelskörper mit den Eigenschaften seines Wesens darstellt. So gibt es solansche, jvvialische, saturninische, martialische und so auch luuarische Naturdinge und Menschen. Beispiele werden darthun, was damit gemeint ist. Luuarische, unter dem Einfluß des Mondes entstan¬ dene, dessen Züge trSgende Mineralien sind das weiße Erz, das Silber und der blaue Saphir (Gold und Karfunkel gehören der Sonne an, Eisen, Schwefel und Rubin sind Marskinder u. s. w.). Lunarisch sind alle Kräuter, welche weiche, dicke und saftige Blätter und einen wässerigen Geschmack haben, alle Sumpfpflanzen und alle solche, die besonders rasch wachsen: der Kohl und der Kürbiß, Melone, Gurke, Zwiebel, Lauch, die Mandragorawurzel (Alraun), der Mohn, der Salat, die Rübe, alle Pilze und Schwämme, das Mondkraut, die Wasserlinse, von den Bäumen aber die Linde. Die lunarischer Thiere ent¬ sprechen dem: sie lieben feuchte Orte, wachsen rasch, sind langsam, meist un¬ geschickt, fruchtbar und unrein, „von wegen der lunarischer Impression und des giftigen Menstrui;" zu ihnen zählen unter andern das Schwein und das Kaninchen, der hundsköpfige Affe, Ente, Gans, Kukuk, Wachtel. Wasserschlange, Schildkröte, die meisten Fische, die Spinne, der Krebs und die Auster. Die lunarischer Menschen werden, wenn sie wohlgeordnet sind, tüchtige Schiffsleute, glückliche Fischer, schlaue Müller, die besten Jäger, hurtige und verschwiegene Boten; wenn sie dagegen übel geordnet sind, das Gegentheil von dem Gesag¬ ten, Verräther, Meineidige, Hexen und Zauberer.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/514>, abgerufen am 25.08.2024.