Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.fort, bis zuletzt nur Wachtelkönig und Wachtelkönigin übrig sind, die sich nun Ist das Lied vorüber, so folgt wieder ein Tusch, die Trompeten schmettern Eine andere in vielen Dörfern der Czechen noch lebenskräftige Fastnachts¬ So ziehen sie von Gehöft zu Gehöft, um sich von den Hausfrauen Kra¬ fort, bis zuletzt nur Wachtelkönig und Wachtelkönigin übrig sind, die sich nun Ist das Lied vorüber, so folgt wieder ein Tusch, die Trompeten schmettern Eine andere in vielen Dörfern der Czechen noch lebenskräftige Fastnachts¬ So ziehen sie von Gehöft zu Gehöft, um sich von den Hausfrauen Kra¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/109165"/> <p xml:id="ID_1264" prev="#ID_1263"> fort, bis zuletzt nur Wachtelkönig und Wachtelkönigin übrig sind, die sich nun<lb/> die Hände reichen und sich im Kreise drehen. Dabei singen sie die angeführte<lb/> Strophe bis auf die Schlußzeile. statt deren sie rufen: „Kommt ihr alle l>r<lb/> zu uns." Wieder fordert der Wachtelkönig die Musikanten zu einem Tusch<lb/> auf, die Wachteln treten in den Kreis und tanzen paarweise nach Art des Ho-<lb/> lubiec im polnischen Mazur, wozu sie die Strophe singen:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1265"> Ist das Lied vorüber, so folgt wieder ein Tusch, die Trompeten schmettern<lb/> und der Tanzboden widerhallt von Lachen und Jauchzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1266"> Eine andere in vielen Dörfern der Czechen noch lebenskräftige Fastnachts¬<lb/> sitte ist das Fest Boracky. Am Faschingssonntag bestellen die Burschen die<lb/> Musikanten und gehen mit ihnen in alle Häuser, wo Mädchen sind, um von<lb/> demselben einen Geldbeitrag einzufordern. Die, welche sich am freigebigsten<lb/> zeigt, erwirbt damit die Aussicht, das Jahr über am meisten zum Tanz auf¬<lb/> gezogen zu werden. Mit den gewonnenen Geldern bezahlen die Burschen die<lb/> Musikanten, traktiren die Mädchen mit Rosoglio und Zuckerwerk und machen<lb/> sich lustig bis zum Anbruch des Aschermittwoch. In vielen Dörfern finden am<lb/> Faschingsdienstag des Morgens Maskeraden von Kindern statt, die sich in<lb/> Bären verkleidet haben. Ein Knabe ahmt auf einem mit Schnüren wie mit<lb/> Saiten überspannten Bretchen die Bewegungen eines Citherspielers nach, wäh¬<lb/> rend die erstern sich um ihn drehen und dazu in dumpfen Tönen brummen:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_9" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1267" next="#ID_1268"> So ziehen sie von Gehöft zu Gehöft, um sich von den Hausfrauen Kra¬<lb/> pfen zu erspielen. Nachmittags kommen die erwachsenen Burschen, um einen<lb/> Tribut „zum Bier" zu erheben. Sie tragen gewöhnlich Masken sehr einfacher<lb/> Art, die sie in der Weise bekommen, daß sie sich ein rohes El ins Gesicht<lb/> schlagen lassen und dann in den Mehlkasten blasen. Nachdem sie ihre Spende<lb/> in Empfang genommen haben, müssen alle Frauen des Hauses, gleichviel ob<lb/> jung oder alt, längere Zeit mit ihnen in der Stube tanzen, „damit im näch¬<lb/> sten Sommer eine lange Gerste wächst." Ins Wirthshaus zurückgekehrt, treibt<lb/> Man allerlei Späße, putzt ein Paar an, von dem die weibliche Hälfte einen<lb/> kolossalen Busen von Werg und eine Haartour von aufgedröselten Stricken<lb/> trägt, u. s. w. Nähert sich der Aschermittwoch, so wird in der Schenke „der<lb/> Fasching begraben". Man bekleidet zu diesem Zweck die Baßgeige des Or¬<lb/> chesters mit Fr'aueugcwändern. schmückt sie mit Bändern, legt sie auf zwei</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0443]
fort, bis zuletzt nur Wachtelkönig und Wachtelkönigin übrig sind, die sich nun
die Hände reichen und sich im Kreise drehen. Dabei singen sie die angeführte
Strophe bis auf die Schlußzeile. statt deren sie rufen: „Kommt ihr alle l>r
zu uns." Wieder fordert der Wachtelkönig die Musikanten zu einem Tusch
auf, die Wachteln treten in den Kreis und tanzen paarweise nach Art des Ho-
lubiec im polnischen Mazur, wozu sie die Strophe singen:
Ist das Lied vorüber, so folgt wieder ein Tusch, die Trompeten schmettern
und der Tanzboden widerhallt von Lachen und Jauchzen.
Eine andere in vielen Dörfern der Czechen noch lebenskräftige Fastnachts¬
sitte ist das Fest Boracky. Am Faschingssonntag bestellen die Burschen die
Musikanten und gehen mit ihnen in alle Häuser, wo Mädchen sind, um von
demselben einen Geldbeitrag einzufordern. Die, welche sich am freigebigsten
zeigt, erwirbt damit die Aussicht, das Jahr über am meisten zum Tanz auf¬
gezogen zu werden. Mit den gewonnenen Geldern bezahlen die Burschen die
Musikanten, traktiren die Mädchen mit Rosoglio und Zuckerwerk und machen
sich lustig bis zum Anbruch des Aschermittwoch. In vielen Dörfern finden am
Faschingsdienstag des Morgens Maskeraden von Kindern statt, die sich in
Bären verkleidet haben. Ein Knabe ahmt auf einem mit Schnüren wie mit
Saiten überspannten Bretchen die Bewegungen eines Citherspielers nach, wäh¬
rend die erstern sich um ihn drehen und dazu in dumpfen Tönen brummen:
So ziehen sie von Gehöft zu Gehöft, um sich von den Hausfrauen Kra¬
pfen zu erspielen. Nachmittags kommen die erwachsenen Burschen, um einen
Tribut „zum Bier" zu erheben. Sie tragen gewöhnlich Masken sehr einfacher
Art, die sie in der Weise bekommen, daß sie sich ein rohes El ins Gesicht
schlagen lassen und dann in den Mehlkasten blasen. Nachdem sie ihre Spende
in Empfang genommen haben, müssen alle Frauen des Hauses, gleichviel ob
jung oder alt, längere Zeit mit ihnen in der Stube tanzen, „damit im näch¬
sten Sommer eine lange Gerste wächst." Ins Wirthshaus zurückgekehrt, treibt
Man allerlei Späße, putzt ein Paar an, von dem die weibliche Hälfte einen
kolossalen Busen von Werg und eine Haartour von aufgedröselten Stricken
trägt, u. s. w. Nähert sich der Aschermittwoch, so wird in der Schenke „der
Fasching begraben". Man bekleidet zu diesem Zweck die Baßgeige des Or¬
chesters mit Fr'aueugcwändern. schmückt sie mit Bändern, legt sie auf zwei
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