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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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bräuchlich ist. bilden sämmtliche Tcmzpaare einen Kreis, ans dem zuerst Bräu¬
tigam und Braut hervortreten, um aus einem ihnen kredenzten Bierhumpen zu
trinken, worauf sie sich küssen und einigemal im Kreise Polka oder Ländler
tanzen. Dasselbe thun nach ihnen die übrigen Paare, bis der Humpen wieder
zu dem Brautpaar gelangt, welches den Tanz zu beschließen hat. Dabei ist
keine andere Musik üblich, als der Dudelsack. Noch eigenthümlicher ist der
Satecek. Hier tritt einer der Tänzer in die Mitte, unterzieht die anwesenden
weiblichen Hochzeitsgäste einer Musterung und reicht der, welche ihm die schönste
oder liebste ist, ein weißes Tuch. Diese tritt zu ihm, beide breiten das Tuch
auf den Boden, knien darauf und geben sich einen Kuß, worauf sie eine Tour
Polka oder Walzer miteinander tanzen, während die andern um sie Herum¬
kreisen. Nach den Mannspersonen kommt die Reihe an die Mädchen, welche
nun ihrerseits unter den Burschen zu wählen haben.

Spielt die Mehrzahl dieser Tänze mit ihren Liedern, die oft Duette sind,
oft einen Wechsel zwischen Solo und Chor haben, schon im Gebiet des Drama,
so gilt dies noch mehr von denen, die hier und da noch in der Faschingszeit
aufgeführt werden.

Hier ist vor Allem der in den Dörfern um Schlau, Beraun, Jungbunz-
lau und Kuttenberg noch bisweilen vorkommende, aus einem Kinderspiel her-
vorgegangene "Wachteltanz" zu erwähnen. Sechs Burschen und ebensoviel
Mädchen treten in seltsamer Bermummnng dabei auf. Sie tragen Larven in
Gestalt von Vogelköpfen und sind am ganzen Körper mit bunten Lappen, mit
Weizen- und Erbsenstroh behängen. Die Burschen heißen Krepelaci (Wachtel¬
männchen), die Mädchen Krepclky (Wachtclweibchen). Während die Zuschauer
im Saale einen großen Kreis bilden, stellen sich die zwölf Wachteln in der
Mitte in zwei Reihen auf, hier die Männchen, dort die Weibchen. Nun er¬
greifen sie eine Stange, und der Bursch, welcher das Glück hat, diese den an¬
dern zu entwinden, wird Wachtelkönig (Krepclak Nejstarfi), als welcher er über
alle übrigen gebietet. Er ruft: "Tusch, Paul Muzikanti" (Einen Tusch, ihr
Herren Musikanten). Eine lustige Fanfare ertönt. Die Zwölf bilden eine" Kreis
und hüpfen von rechts nach links, wobei sie das nachstehende Liedchen singen:

Bei den letzten Worten stößt der Wachtelkönig einen aus der Kette heraus,
die übrigen schließen die Lücke und singen das Lied von Neuem, bis mit den
letzten Worten wieder ein Glied der Kette herausgedrängt wird. So geht es


bräuchlich ist. bilden sämmtliche Tcmzpaare einen Kreis, ans dem zuerst Bräu¬
tigam und Braut hervortreten, um aus einem ihnen kredenzten Bierhumpen zu
trinken, worauf sie sich küssen und einigemal im Kreise Polka oder Ländler
tanzen. Dasselbe thun nach ihnen die übrigen Paare, bis der Humpen wieder
zu dem Brautpaar gelangt, welches den Tanz zu beschließen hat. Dabei ist
keine andere Musik üblich, als der Dudelsack. Noch eigenthümlicher ist der
Satecek. Hier tritt einer der Tänzer in die Mitte, unterzieht die anwesenden
weiblichen Hochzeitsgäste einer Musterung und reicht der, welche ihm die schönste
oder liebste ist, ein weißes Tuch. Diese tritt zu ihm, beide breiten das Tuch
auf den Boden, knien darauf und geben sich einen Kuß, worauf sie eine Tour
Polka oder Walzer miteinander tanzen, während die andern um sie Herum¬
kreisen. Nach den Mannspersonen kommt die Reihe an die Mädchen, welche
nun ihrerseits unter den Burschen zu wählen haben.

Spielt die Mehrzahl dieser Tänze mit ihren Liedern, die oft Duette sind,
oft einen Wechsel zwischen Solo und Chor haben, schon im Gebiet des Drama,
so gilt dies noch mehr von denen, die hier und da noch in der Faschingszeit
aufgeführt werden.

Hier ist vor Allem der in den Dörfern um Schlau, Beraun, Jungbunz-
lau und Kuttenberg noch bisweilen vorkommende, aus einem Kinderspiel her-
vorgegangene „Wachteltanz" zu erwähnen. Sechs Burschen und ebensoviel
Mädchen treten in seltsamer Bermummnng dabei auf. Sie tragen Larven in
Gestalt von Vogelköpfen und sind am ganzen Körper mit bunten Lappen, mit
Weizen- und Erbsenstroh behängen. Die Burschen heißen Krepelaci (Wachtel¬
männchen), die Mädchen Krepclky (Wachtclweibchen). Während die Zuschauer
im Saale einen großen Kreis bilden, stellen sich die zwölf Wachteln in der
Mitte in zwei Reihen auf, hier die Männchen, dort die Weibchen. Nun er¬
greifen sie eine Stange, und der Bursch, welcher das Glück hat, diese den an¬
dern zu entwinden, wird Wachtelkönig (Krepclak Nejstarfi), als welcher er über
alle übrigen gebietet. Er ruft: „Tusch, Paul Muzikanti" (Einen Tusch, ihr
Herren Musikanten). Eine lustige Fanfare ertönt. Die Zwölf bilden eine» Kreis
und hüpfen von rechts nach links, wobei sie das nachstehende Liedchen singen:

Bei den letzten Worten stößt der Wachtelkönig einen aus der Kette heraus,
die übrigen schließen die Lücke und singen das Lied von Neuem, bis mit den
letzten Worten wieder ein Glied der Kette herausgedrängt wird. So geht es


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[0442] bräuchlich ist. bilden sämmtliche Tcmzpaare einen Kreis, ans dem zuerst Bräu¬ tigam und Braut hervortreten, um aus einem ihnen kredenzten Bierhumpen zu trinken, worauf sie sich küssen und einigemal im Kreise Polka oder Ländler tanzen. Dasselbe thun nach ihnen die übrigen Paare, bis der Humpen wieder zu dem Brautpaar gelangt, welches den Tanz zu beschließen hat. Dabei ist keine andere Musik üblich, als der Dudelsack. Noch eigenthümlicher ist der Satecek. Hier tritt einer der Tänzer in die Mitte, unterzieht die anwesenden weiblichen Hochzeitsgäste einer Musterung und reicht der, welche ihm die schönste oder liebste ist, ein weißes Tuch. Diese tritt zu ihm, beide breiten das Tuch auf den Boden, knien darauf und geben sich einen Kuß, worauf sie eine Tour Polka oder Walzer miteinander tanzen, während die andern um sie Herum¬ kreisen. Nach den Mannspersonen kommt die Reihe an die Mädchen, welche nun ihrerseits unter den Burschen zu wählen haben. Spielt die Mehrzahl dieser Tänze mit ihren Liedern, die oft Duette sind, oft einen Wechsel zwischen Solo und Chor haben, schon im Gebiet des Drama, so gilt dies noch mehr von denen, die hier und da noch in der Faschingszeit aufgeführt werden. Hier ist vor Allem der in den Dörfern um Schlau, Beraun, Jungbunz- lau und Kuttenberg noch bisweilen vorkommende, aus einem Kinderspiel her- vorgegangene „Wachteltanz" zu erwähnen. Sechs Burschen und ebensoviel Mädchen treten in seltsamer Bermummnng dabei auf. Sie tragen Larven in Gestalt von Vogelköpfen und sind am ganzen Körper mit bunten Lappen, mit Weizen- und Erbsenstroh behängen. Die Burschen heißen Krepelaci (Wachtel¬ männchen), die Mädchen Krepclky (Wachtclweibchen). Während die Zuschauer im Saale einen großen Kreis bilden, stellen sich die zwölf Wachteln in der Mitte in zwei Reihen auf, hier die Männchen, dort die Weibchen. Nun er¬ greifen sie eine Stange, und der Bursch, welcher das Glück hat, diese den an¬ dern zu entwinden, wird Wachtelkönig (Krepclak Nejstarfi), als welcher er über alle übrigen gebietet. Er ruft: „Tusch, Paul Muzikanti" (Einen Tusch, ihr Herren Musikanten). Eine lustige Fanfare ertönt. Die Zwölf bilden eine» Kreis und hüpfen von rechts nach links, wobei sie das nachstehende Liedchen singen: Bei den letzten Worten stößt der Wachtelkönig einen aus der Kette heraus, die übrigen schließen die Lücke und singen das Lied von Neuem, bis mit den letzten Worten wieder ein Glied der Kette herausgedrängt wird. So geht es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/442>, abgerufen am 23.07.2024.