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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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vollendet sind, zugleich als Operationsbasis für jede militärische Expedition
nach den arabischen und ägyptischen Küsten dienen. Man hat die Besetzung
Periins als einen Gewaltact, der ohne die Beistimmung der Pforte gesche¬
hen, dargestellt, und die offtciösen Blätter in Paris besserten sich, dieselbe
als Verletzung der Integrität des osmanischen Reiches zu verurtheilen. Die
Pforte selbst that nichts, sie protestirte nicht einmal dagegen -- ein Beweis,
daß sie entweder die Insel im Stillen abgetreten hatte, oder wenigstens von
den Maßregeln Englands weniger fürchtet, als von der Durchstcchnng der
ägyptischen Landenge durch französische Hände und unter den Auspicien des
Kaisers Napoleon III. Unzweifelhaft wird England noch weiter greifen, wo¬
fern das Kanalproject wieder auftauchen und sich der Ausführung nähern
sollte. Nächst Aden befinden sich vor der Enge von Bab El Mandeb auch
die Hauptpunkte der afrikanischen Küste des rothen Meeres so gut wie in
ihrem Besitz, und die Legung ihres Telegraphenkabels durch den arabischen
Golf nach den ostindischen Hafenorten, wird ihr Gelegenheit geben, alle wich¬
tigen Stellen an diesem Gewässer bis nach Aegypten hinauf mit ihren Posten
zu besetzen. Ja es ist nicht undenkbar, daß die Kanalfrage und die an ihr
sich steigernde Eifersucht sogar zu britischen Besitzergreifungen im untern Ae¬
gypten führt. Dann könnte sich England noch einmal fragen, ob der Kanal
ihm die Kosten seiner Erhaltung lohne, und dann würde die Antwort viel¬
leicht günstiger für das Unternehmen lauten, als jetzt, wo die Kosten durch
die Benutzung des Kanals von Seiten der Kauffahrteischiffahrt gedeckt werden
sollen. Zur Bejahung der Frage wird aber auch dann noch für England das
Bewußtsein gehören, die Herrschaft der Meere aus die Dauer behaupten zu
können.'''




Von der preußischen Grenze.

Da nun die Konferenz in Paris wirklich zusammentritt, um darüber zu be¬
rathen, ob die Regierungen und Nationalversammlungen der Moldau und Walachei
das Recht habe", trotz des frühern Entscheides der Conferenz sich in Fvkschcnn zu
einer Ccntrcüregicrung und Ccntralvertretnng Rumäniens zu constituiren, vielleicht
auch, ob die Skupschtina von Belgrad ihre Befugnisse nicht übertreten hat, wenn
sie Serbien zu einem Erbfürstenthum macht und die Negierung ohne weiteres in
ihre Hand nimmt, so wollen wir abwarten, was weiter erfolgen wird; vorläufig


vollendet sind, zugleich als Operationsbasis für jede militärische Expedition
nach den arabischen und ägyptischen Küsten dienen. Man hat die Besetzung
Periins als einen Gewaltact, der ohne die Beistimmung der Pforte gesche¬
hen, dargestellt, und die offtciösen Blätter in Paris besserten sich, dieselbe
als Verletzung der Integrität des osmanischen Reiches zu verurtheilen. Die
Pforte selbst that nichts, sie protestirte nicht einmal dagegen — ein Beweis,
daß sie entweder die Insel im Stillen abgetreten hatte, oder wenigstens von
den Maßregeln Englands weniger fürchtet, als von der Durchstcchnng der
ägyptischen Landenge durch französische Hände und unter den Auspicien des
Kaisers Napoleon III. Unzweifelhaft wird England noch weiter greifen, wo¬
fern das Kanalproject wieder auftauchen und sich der Ausführung nähern
sollte. Nächst Aden befinden sich vor der Enge von Bab El Mandeb auch
die Hauptpunkte der afrikanischen Küste des rothen Meeres so gut wie in
ihrem Besitz, und die Legung ihres Telegraphenkabels durch den arabischen
Golf nach den ostindischen Hafenorten, wird ihr Gelegenheit geben, alle wich¬
tigen Stellen an diesem Gewässer bis nach Aegypten hinauf mit ihren Posten
zu besetzen. Ja es ist nicht undenkbar, daß die Kanalfrage und die an ihr
sich steigernde Eifersucht sogar zu britischen Besitzergreifungen im untern Ae¬
gypten führt. Dann könnte sich England noch einmal fragen, ob der Kanal
ihm die Kosten seiner Erhaltung lohne, und dann würde die Antwort viel¬
leicht günstiger für das Unternehmen lauten, als jetzt, wo die Kosten durch
die Benutzung des Kanals von Seiten der Kauffahrteischiffahrt gedeckt werden
sollen. Zur Bejahung der Frage wird aber auch dann noch für England das
Bewußtsein gehören, die Herrschaft der Meere aus die Dauer behaupten zu
können.'''




Von der preußischen Grenze.

Da nun die Konferenz in Paris wirklich zusammentritt, um darüber zu be¬
rathen, ob die Regierungen und Nationalversammlungen der Moldau und Walachei
das Recht habe», trotz des frühern Entscheides der Conferenz sich in Fvkschcnn zu
einer Ccntrcüregicrung und Ccntralvertretnng Rumäniens zu constituiren, vielleicht
auch, ob die Skupschtina von Belgrad ihre Befugnisse nicht übertreten hat, wenn
sie Serbien zu einem Erbfürstenthum macht und die Negierung ohne weiteres in
ihre Hand nimmt, so wollen wir abwarten, was weiter erfolgen wird; vorläufig


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[0368] vollendet sind, zugleich als Operationsbasis für jede militärische Expedition nach den arabischen und ägyptischen Küsten dienen. Man hat die Besetzung Periins als einen Gewaltact, der ohne die Beistimmung der Pforte gesche¬ hen, dargestellt, und die offtciösen Blätter in Paris besserten sich, dieselbe als Verletzung der Integrität des osmanischen Reiches zu verurtheilen. Die Pforte selbst that nichts, sie protestirte nicht einmal dagegen — ein Beweis, daß sie entweder die Insel im Stillen abgetreten hatte, oder wenigstens von den Maßregeln Englands weniger fürchtet, als von der Durchstcchnng der ägyptischen Landenge durch französische Hände und unter den Auspicien des Kaisers Napoleon III. Unzweifelhaft wird England noch weiter greifen, wo¬ fern das Kanalproject wieder auftauchen und sich der Ausführung nähern sollte. Nächst Aden befinden sich vor der Enge von Bab El Mandeb auch die Hauptpunkte der afrikanischen Küste des rothen Meeres so gut wie in ihrem Besitz, und die Legung ihres Telegraphenkabels durch den arabischen Golf nach den ostindischen Hafenorten, wird ihr Gelegenheit geben, alle wich¬ tigen Stellen an diesem Gewässer bis nach Aegypten hinauf mit ihren Posten zu besetzen. Ja es ist nicht undenkbar, daß die Kanalfrage und die an ihr sich steigernde Eifersucht sogar zu britischen Besitzergreifungen im untern Ae¬ gypten führt. Dann könnte sich England noch einmal fragen, ob der Kanal ihm die Kosten seiner Erhaltung lohne, und dann würde die Antwort viel¬ leicht günstiger für das Unternehmen lauten, als jetzt, wo die Kosten durch die Benutzung des Kanals von Seiten der Kauffahrteischiffahrt gedeckt werden sollen. Zur Bejahung der Frage wird aber auch dann noch für England das Bewußtsein gehören, die Herrschaft der Meere aus die Dauer behaupten zu können.''' Von der preußischen Grenze. Da nun die Konferenz in Paris wirklich zusammentritt, um darüber zu be¬ rathen, ob die Regierungen und Nationalversammlungen der Moldau und Walachei das Recht habe», trotz des frühern Entscheides der Conferenz sich in Fvkschcnn zu einer Ccntrcüregicrung und Ccntralvertretnng Rumäniens zu constituiren, vielleicht auch, ob die Skupschtina von Belgrad ihre Befugnisse nicht übertreten hat, wenn sie Serbien zu einem Erbfürstenthum macht und die Negierung ohne weiteres in ihre Hand nimmt, so wollen wir abwarten, was weiter erfolgen wird; vorläufig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/368>, abgerufen am 24.07.2024.