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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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einer Höhe von etwa dreißig Fuß verschüttet ist und zu einem Aufenthalts'
ort für Schweine, Kühe und Büffel wird (Campo Vaccino), hat zur Zeit
Karls des Großen und auch noch einige Jahrhunderte später noch da? antike
Pflaster des Forums blosgelegen. Denn bei Ausgrabungen, durch welche in
diesem Jahrhundert wenigstens ein Theil des Forums wieder aufgedeckt ist,
hat man unmittelbar auf dem alten Pflaster Münzen aus den Zeiten der
fränkischen Kaiser, also aus dem 11. Jahrhundert gefunden. --

Betrachten wir nun kurz die zerstörenden Ursachen während des Mittel'
alters. Auch während dieser Zeit ward Rom mehrmals von fremden Truppe"
eingenommen und geplündert. Die furchtbarste Verwüstung der Art erlitt die
Stadt gegen das Ende des 11. Jahrhunderts während der Streitigkeiten zwi¬
schen Papst Gregor VII. und dem Kaiser Heinrich IV. Nach wiederholten ver>
geblieben Versuchen drang Heinrich IV. im Jahr 1084 in Rom ein. belagerte
den Papst in der Engelsburg, zerstörte das Capitol. wo sich die Corsi. eine
adlige Familie von der Partei des Papstes, festgesetzt hatten, und verwüste^
einige andere Theile der Stadt. Endlich mußte er sich aus Rom zurückziehn,
als Robert Guiscard, der normannische Herzog von Apulien. dem Papst
Hilfe eilte. Robert Guiscard drang in. Rom von der Port" Flaminia (d^
Popolo) herein. und als die Römer sich ihm widersetzten, bahnte er sich durch
Feuer den Weg, wobei ein großer Theil des Campus Martius vom Tho^
bis etwa zur Kirche Se. Agostino eingeäschert wurde. Dann setzte er si^
beim Lateran fest; und als die Römer nun noch die Belagerung der Engels
bürg fortsetzten und selbst die Soldaten des Robert Guiscard beunruhigte"'
steckte dieser alle Gebäude vom Lateran bis zum Colosseum und von da west'
lich bis zum Aventin in Brand, und zerstörte so fast das ganze Gebiet des
Caelius und Aventin. Es ist dies die furchtbarste Zerstörung, die Rom
Totila betroffen hat, und seit jener Zeit ist der ganze südliche Theil von Re""'
der Caelius und Aventin. die bis dahin noch städtisch bebaut waren. ^
durchaus unbewohnt, und es finden sich dort nur noch einige Landhäuser odei
Vignen und einige einsame Kirchen und Klöster, Ueberhaupt ist die Zeit,
welche von der Zerstörung des Robert Guiscard bis zur Rückkehr der PaB
aus Avignon folgte, die dunkelste und traurigste der römischen Stadtgeschichte. ^

Doch viel mehr als solche einzelne, wenn auch furchtbare Zerstörung^
wirkte auch in diesem Zeitraum der allgemeine Charakter der Zeit. Die
schichte der Stadt Rom im Mittelalter beruhte auf der Wechselwirkung
drei Gewalten des Papstthums, des Kaiserthums und der städtischen ^'
meinte. Der Gegensatz des Papstthums und Kaiserthums stellte sich in
lien bekanntlich in den Parteien der Guelfen und Ghibellinen dar. Den
Parteien finden sich auch in Rom wieder und bekämpfen sich Jahrhunder
hindurch mit äußerster Erbitterung. Namentlich theilten sich die Familien de


einer Höhe von etwa dreißig Fuß verschüttet ist und zu einem Aufenthalts'
ort für Schweine, Kühe und Büffel wird (Campo Vaccino), hat zur Zeit
Karls des Großen und auch noch einige Jahrhunderte später noch da? antike
Pflaster des Forums blosgelegen. Denn bei Ausgrabungen, durch welche in
diesem Jahrhundert wenigstens ein Theil des Forums wieder aufgedeckt ist,
hat man unmittelbar auf dem alten Pflaster Münzen aus den Zeiten der
fränkischen Kaiser, also aus dem 11. Jahrhundert gefunden. —

Betrachten wir nun kurz die zerstörenden Ursachen während des Mittel'
alters. Auch während dieser Zeit ward Rom mehrmals von fremden Truppe"
eingenommen und geplündert. Die furchtbarste Verwüstung der Art erlitt die
Stadt gegen das Ende des 11. Jahrhunderts während der Streitigkeiten zwi¬
schen Papst Gregor VII. und dem Kaiser Heinrich IV. Nach wiederholten ver>
geblieben Versuchen drang Heinrich IV. im Jahr 1084 in Rom ein. belagerte
den Papst in der Engelsburg, zerstörte das Capitol. wo sich die Corsi. eine
adlige Familie von der Partei des Papstes, festgesetzt hatten, und verwüste^
einige andere Theile der Stadt. Endlich mußte er sich aus Rom zurückziehn,
als Robert Guiscard, der normannische Herzog von Apulien. dem Papst
Hilfe eilte. Robert Guiscard drang in. Rom von der Port« Flaminia (d^
Popolo) herein. und als die Römer sich ihm widersetzten, bahnte er sich durch
Feuer den Weg, wobei ein großer Theil des Campus Martius vom Tho^
bis etwa zur Kirche Se. Agostino eingeäschert wurde. Dann setzte er si^
beim Lateran fest; und als die Römer nun noch die Belagerung der Engels
bürg fortsetzten und selbst die Soldaten des Robert Guiscard beunruhigte»'
steckte dieser alle Gebäude vom Lateran bis zum Colosseum und von da west'
lich bis zum Aventin in Brand, und zerstörte so fast das ganze Gebiet des
Caelius und Aventin. Es ist dies die furchtbarste Zerstörung, die Rom
Totila betroffen hat, und seit jener Zeit ist der ganze südliche Theil von Re»»'
der Caelius und Aventin. die bis dahin noch städtisch bebaut waren. ^
durchaus unbewohnt, und es finden sich dort nur noch einige Landhäuser odei
Vignen und einige einsame Kirchen und Klöster, Ueberhaupt ist die Zeit,
welche von der Zerstörung des Robert Guiscard bis zur Rückkehr der PaB
aus Avignon folgte, die dunkelste und traurigste der römischen Stadtgeschichte. ^

Doch viel mehr als solche einzelne, wenn auch furchtbare Zerstörung^
wirkte auch in diesem Zeitraum der allgemeine Charakter der Zeit. Die
schichte der Stadt Rom im Mittelalter beruhte auf der Wechselwirkung
drei Gewalten des Papstthums, des Kaiserthums und der städtischen ^'
meinte. Der Gegensatz des Papstthums und Kaiserthums stellte sich in
lien bekanntlich in den Parteien der Guelfen und Ghibellinen dar. Den
Parteien finden sich auch in Rom wieder und bekämpfen sich Jahrhunder
hindurch mit äußerster Erbitterung. Namentlich theilten sich die Familien de


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[0232] einer Höhe von etwa dreißig Fuß verschüttet ist und zu einem Aufenthalts' ort für Schweine, Kühe und Büffel wird (Campo Vaccino), hat zur Zeit Karls des Großen und auch noch einige Jahrhunderte später noch da? antike Pflaster des Forums blosgelegen. Denn bei Ausgrabungen, durch welche in diesem Jahrhundert wenigstens ein Theil des Forums wieder aufgedeckt ist, hat man unmittelbar auf dem alten Pflaster Münzen aus den Zeiten der fränkischen Kaiser, also aus dem 11. Jahrhundert gefunden. — Betrachten wir nun kurz die zerstörenden Ursachen während des Mittel' alters. Auch während dieser Zeit ward Rom mehrmals von fremden Truppe" eingenommen und geplündert. Die furchtbarste Verwüstung der Art erlitt die Stadt gegen das Ende des 11. Jahrhunderts während der Streitigkeiten zwi¬ schen Papst Gregor VII. und dem Kaiser Heinrich IV. Nach wiederholten ver> geblieben Versuchen drang Heinrich IV. im Jahr 1084 in Rom ein. belagerte den Papst in der Engelsburg, zerstörte das Capitol. wo sich die Corsi. eine adlige Familie von der Partei des Papstes, festgesetzt hatten, und verwüste^ einige andere Theile der Stadt. Endlich mußte er sich aus Rom zurückziehn, als Robert Guiscard, der normannische Herzog von Apulien. dem Papst Hilfe eilte. Robert Guiscard drang in. Rom von der Port« Flaminia (d^ Popolo) herein. und als die Römer sich ihm widersetzten, bahnte er sich durch Feuer den Weg, wobei ein großer Theil des Campus Martius vom Tho^ bis etwa zur Kirche Se. Agostino eingeäschert wurde. Dann setzte er si^ beim Lateran fest; und als die Römer nun noch die Belagerung der Engels bürg fortsetzten und selbst die Soldaten des Robert Guiscard beunruhigte»' steckte dieser alle Gebäude vom Lateran bis zum Colosseum und von da west' lich bis zum Aventin in Brand, und zerstörte so fast das ganze Gebiet des Caelius und Aventin. Es ist dies die furchtbarste Zerstörung, die Rom Totila betroffen hat, und seit jener Zeit ist der ganze südliche Theil von Re»»' der Caelius und Aventin. die bis dahin noch städtisch bebaut waren. ^ durchaus unbewohnt, und es finden sich dort nur noch einige Landhäuser odei Vignen und einige einsame Kirchen und Klöster, Ueberhaupt ist die Zeit, welche von der Zerstörung des Robert Guiscard bis zur Rückkehr der PaB aus Avignon folgte, die dunkelste und traurigste der römischen Stadtgeschichte. ^ Doch viel mehr als solche einzelne, wenn auch furchtbare Zerstörung^ wirkte auch in diesem Zeitraum der allgemeine Charakter der Zeit. Die schichte der Stadt Rom im Mittelalter beruhte auf der Wechselwirkung drei Gewalten des Papstthums, des Kaiserthums und der städtischen ^' meinte. Der Gegensatz des Papstthums und Kaiserthums stellte sich in lien bekanntlich in den Parteien der Guelfen und Ghibellinen dar. Den Parteien finden sich auch in Rom wieder und bekämpfen sich Jahrhunder hindurch mit äußerster Erbitterung. Namentlich theilten sich die Familien de

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/232>, abgerufen am 30.06.2024.