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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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dient, und auf welche jetzt die französischen Nachbarn ihr Augenmerk gerichtet ha¬
ben. Sie stand noch im Jahre 1818 in solcher Verbindung mit der See.
daß vermittelst derselben ein Getreidehandel mit dem Innern getrieben werden
konnte. Ihre Einfahrt ist zwar jetzt versandet, soll sich jedoch leicht wieder
herstellen lassen. Könnte man die Lagune öffnen, so würde sie der sicherste
Hafen der ganzen marokkanischen Küste werden, und der Besitz derselben würde
die Franzosen zu Herren des dortigen Gestades machen. In der Nähe liegt
eine isolirte Anhöhe, welche, mit einigen Festungswerken versehen, die Ge¬
gend nach dem Innern hin beherrschen würde. Diese letztere ist wohlbebaut,
getreidereich und hat ergiebige Bleigruben.

Al Bucemas. auch Alhuehucemas genannt, das nächste Presidio nach
Westen hin. liegt etwa zwanzig Leguas, also einen Grad, von Melillah ent¬
fernt. Es dient als Verbannungsort für besonders schwere Verbrecher, deren
sich jetzt gegen hundert hier befinde", während die Garnison dreihundert
Mann stark ist. Auf hoher steiler Klippe gelegen und rings vom Meer um¬
geben, beherrscht diese kleine Jnsclfestung mit ihren Kanonen die ganze von
den Vorgebirgen Guilatas und Moro gebildete Bai und damit den Ausgang
der bekannten Provinz Ris. der nördlichsten des marokkanischen Reiches. Die
Stadt steht auf einer von Westen nach Osten ansteigenden Fläche. Im Westen
wird sie von zwei Schanzen vertheidigt, deren Feuerschlünde einen beträchtlichen
Theil der Küste bestreichen und ihre Geschosse bis vor die Thore des Städt¬
chens Wadi Nazor senden können, dessen Bewohner, mit andern Ortschaften
vereint, die Besatzung wo möglich noch enger einschließen und härter bedrängen
als die von Melillah. Auf der Südseite befinden sich drei weitere Batterien,
die durch Courtinen verbunden sind. Im Innern des Platzes erhebt sich ein
starkes Castell. flankirt von vier Rundthürmen, die den Waffenplatz einschließen.
Thore hat die Festung zwei, das wichtigste öffnet sich nach Westen. An der
Südseite findet man einen kleinen Hafen, der als Stationsort für die Felukken
der spanischen Küstenwache dient und ziemlich sicher vor Stürmen ist. Brunnen
besitzt Al Bucemas nicht. Man muß sich daher mit Cisternenwasser behelfen,
welches theils vom Winterregen geliefert, theils von spanischen Schiffen zu¬
geführt wird. Indeß ist das kein Nachtheil, da die Felsenzisterne, in der man
den Wasservorrath aufbewahrt, sehr geräumig ist und überdies die Eigen¬
schaft hat. das hineingcfüllte Wasser zu verbessern, so daß es nach wenigen
Tagen dem wohlschmeckendsten und kühlsten Quellwasser gleichkommt.

Fahrzeuge fremder Nationen werden in Al Bucemas in der Regel nicht
zugelassen, auch ist die Garnison strenger beschränkt und beaufsichtigt, als in
den übrigen Presidios. Die Ursache davon liegt in folgendem Vorfall. Die
Truppen, welche im Jahre 1839 die Besatzung bildeten, wurden, da sie zur
Strafe hierher verlegt worden waren, was beiläufig auch von einem Theil


dient, und auf welche jetzt die französischen Nachbarn ihr Augenmerk gerichtet ha¬
ben. Sie stand noch im Jahre 1818 in solcher Verbindung mit der See.
daß vermittelst derselben ein Getreidehandel mit dem Innern getrieben werden
konnte. Ihre Einfahrt ist zwar jetzt versandet, soll sich jedoch leicht wieder
herstellen lassen. Könnte man die Lagune öffnen, so würde sie der sicherste
Hafen der ganzen marokkanischen Küste werden, und der Besitz derselben würde
die Franzosen zu Herren des dortigen Gestades machen. In der Nähe liegt
eine isolirte Anhöhe, welche, mit einigen Festungswerken versehen, die Ge¬
gend nach dem Innern hin beherrschen würde. Diese letztere ist wohlbebaut,
getreidereich und hat ergiebige Bleigruben.

Al Bucemas. auch Alhuehucemas genannt, das nächste Presidio nach
Westen hin. liegt etwa zwanzig Leguas, also einen Grad, von Melillah ent¬
fernt. Es dient als Verbannungsort für besonders schwere Verbrecher, deren
sich jetzt gegen hundert hier befinde», während die Garnison dreihundert
Mann stark ist. Auf hoher steiler Klippe gelegen und rings vom Meer um¬
geben, beherrscht diese kleine Jnsclfestung mit ihren Kanonen die ganze von
den Vorgebirgen Guilatas und Moro gebildete Bai und damit den Ausgang
der bekannten Provinz Ris. der nördlichsten des marokkanischen Reiches. Die
Stadt steht auf einer von Westen nach Osten ansteigenden Fläche. Im Westen
wird sie von zwei Schanzen vertheidigt, deren Feuerschlünde einen beträchtlichen
Theil der Küste bestreichen und ihre Geschosse bis vor die Thore des Städt¬
chens Wadi Nazor senden können, dessen Bewohner, mit andern Ortschaften
vereint, die Besatzung wo möglich noch enger einschließen und härter bedrängen
als die von Melillah. Auf der Südseite befinden sich drei weitere Batterien,
die durch Courtinen verbunden sind. Im Innern des Platzes erhebt sich ein
starkes Castell. flankirt von vier Rundthürmen, die den Waffenplatz einschließen.
Thore hat die Festung zwei, das wichtigste öffnet sich nach Westen. An der
Südseite findet man einen kleinen Hafen, der als Stationsort für die Felukken
der spanischen Küstenwache dient und ziemlich sicher vor Stürmen ist. Brunnen
besitzt Al Bucemas nicht. Man muß sich daher mit Cisternenwasser behelfen,
welches theils vom Winterregen geliefert, theils von spanischen Schiffen zu¬
geführt wird. Indeß ist das kein Nachtheil, da die Felsenzisterne, in der man
den Wasservorrath aufbewahrt, sehr geräumig ist und überdies die Eigen¬
schaft hat. das hineingcfüllte Wasser zu verbessern, so daß es nach wenigen
Tagen dem wohlschmeckendsten und kühlsten Quellwasser gleichkommt.

Fahrzeuge fremder Nationen werden in Al Bucemas in der Regel nicht
zugelassen, auch ist die Garnison strenger beschränkt und beaufsichtigt, als in
den übrigen Presidios. Die Ursache davon liegt in folgendem Vorfall. Die
Truppen, welche im Jahre 1839 die Besatzung bildeten, wurden, da sie zur
Strafe hierher verlegt worden waren, was beiläufig auch von einem Theil


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[0056] dient, und auf welche jetzt die französischen Nachbarn ihr Augenmerk gerichtet ha¬ ben. Sie stand noch im Jahre 1818 in solcher Verbindung mit der See. daß vermittelst derselben ein Getreidehandel mit dem Innern getrieben werden konnte. Ihre Einfahrt ist zwar jetzt versandet, soll sich jedoch leicht wieder herstellen lassen. Könnte man die Lagune öffnen, so würde sie der sicherste Hafen der ganzen marokkanischen Küste werden, und der Besitz derselben würde die Franzosen zu Herren des dortigen Gestades machen. In der Nähe liegt eine isolirte Anhöhe, welche, mit einigen Festungswerken versehen, die Ge¬ gend nach dem Innern hin beherrschen würde. Diese letztere ist wohlbebaut, getreidereich und hat ergiebige Bleigruben. Al Bucemas. auch Alhuehucemas genannt, das nächste Presidio nach Westen hin. liegt etwa zwanzig Leguas, also einen Grad, von Melillah ent¬ fernt. Es dient als Verbannungsort für besonders schwere Verbrecher, deren sich jetzt gegen hundert hier befinde», während die Garnison dreihundert Mann stark ist. Auf hoher steiler Klippe gelegen und rings vom Meer um¬ geben, beherrscht diese kleine Jnsclfestung mit ihren Kanonen die ganze von den Vorgebirgen Guilatas und Moro gebildete Bai und damit den Ausgang der bekannten Provinz Ris. der nördlichsten des marokkanischen Reiches. Die Stadt steht auf einer von Westen nach Osten ansteigenden Fläche. Im Westen wird sie von zwei Schanzen vertheidigt, deren Feuerschlünde einen beträchtlichen Theil der Küste bestreichen und ihre Geschosse bis vor die Thore des Städt¬ chens Wadi Nazor senden können, dessen Bewohner, mit andern Ortschaften vereint, die Besatzung wo möglich noch enger einschließen und härter bedrängen als die von Melillah. Auf der Südseite befinden sich drei weitere Batterien, die durch Courtinen verbunden sind. Im Innern des Platzes erhebt sich ein starkes Castell. flankirt von vier Rundthürmen, die den Waffenplatz einschließen. Thore hat die Festung zwei, das wichtigste öffnet sich nach Westen. An der Südseite findet man einen kleinen Hafen, der als Stationsort für die Felukken der spanischen Küstenwache dient und ziemlich sicher vor Stürmen ist. Brunnen besitzt Al Bucemas nicht. Man muß sich daher mit Cisternenwasser behelfen, welches theils vom Winterregen geliefert, theils von spanischen Schiffen zu¬ geführt wird. Indeß ist das kein Nachtheil, da die Felsenzisterne, in der man den Wasservorrath aufbewahrt, sehr geräumig ist und überdies die Eigen¬ schaft hat. das hineingcfüllte Wasser zu verbessern, so daß es nach wenigen Tagen dem wohlschmeckendsten und kühlsten Quellwasser gleichkommt. Fahrzeuge fremder Nationen werden in Al Bucemas in der Regel nicht zugelassen, auch ist die Garnison strenger beschränkt und beaufsichtigt, als in den übrigen Presidios. Die Ursache davon liegt in folgendem Vorfall. Die Truppen, welche im Jahre 1839 die Besatzung bildeten, wurden, da sie zur Strafe hierher verlegt worden waren, was beiläufig auch von einem Theil

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/56>, abgerufen am 26.08.2024.