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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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arbeitet von I. M. Schäfer. -- Leipzig, Brandstetter. - Der Herausgeber
-- der sich durch seine Biographie Goethes und seine eigne Literaturgeschichte
als tüchtigen Kenner der Literatur bewährt hat -- ist nach seiner eignen Aus¬
sage an die Umarbeitung eines Wert's, dessen Grundlage er wissenschaftlich
für verfehlt hielt, während ihm doch gerade seine Form einen zahlreichen Leser¬
kreis verschafft, mit einigem Bedenken gegangen; er hat sich geschickt genug
aus der Sache gezogen, und für diejenigen, denen es auf ein tieferes Eingch"
nicht ankommt, ein recht lesbares Buch zu Stande gebracht. --

Goethes lyrische Gedichte. Für gebildete Leser erläutert von H. Dün-
her. Elberfeld, Friderichs. -- Für diejenigen, denen der allgemeine Eindruck
der poetischen Stimmung nicht genügt, bedürfen Goethes Gedichte allerdings
eines Commentars. Sie sind fast durchweg aus besondern Gelegenheiten
entsprungen, und diese Beziehung, die doch zum völligen Verständniß gehört,
ist vom Dichter sorgfältig verwischt. Bei jedem Gedicht die Zeit der Ent¬
stehung und die Veranlassung auszumitteln ist ein dankenswerthes Geschäft-
Düntzer ist gerade durch seine minutiösen Studien dazu im hohen Grade ge¬
eignet, und wir nehmen auch die breite Darstellung von Dingen, die Jeder
selbst finden kann, ohne welche es einmal bei ihm nicht abgeht, gern mit in
Kauf: nur eins haben wir an ihm auszusetzen, daß er seine Behauptungen
so oft ohne Beweis hinstellt. Dahin gehört z. B. gleich Alles, was er über
die "Zueignung" sagt. Wir zweifeln nicht daran, daß er für seine Ansicht
vollwichtige Gründe hat, aber diese müssen angegeben werden, sonst wird im¬
mer der einen Behauptung die andere entgegengestellt. -- Dahin gehören auch du-'
Erläuterungen zu den deutschen Classikern (Wenigen^Jena, HochhaU'
sen): erste Abtheilung, Goethe, von Düntzer, dritte Abtheilung, Schiller
von Eckardt. Der letztere geht in seinem Enthusiasmus für Alles, was
Schiller geschrieben hat, auch das Mittelmäßigste, noch weiter als Palleskc"
seine Nachweise sind zuweilen sehr dankenswert!). Ueber die Art der Düntzer-
schen Commentare ist schon früher gesprochen. --

Die dramatische Frage der Gegenwart. Mit Bezugnahme aus
die Lewes'sehe Kritik der Dramen Goethes. Von Karl Blitz. Potsdam,
Riegel. -- Eine geistvolle kleine Schrift, äußerst lebendig und tiefer in den
Gegenstand eindringend, als manches Buch, das sich mit philosophischen Fi^'
kein ausputzt. Schade, daß der Gedankengang noch zu chaotisch ist. --




arbeitet von I. M. Schäfer. — Leipzig, Brandstetter. - Der Herausgeber
— der sich durch seine Biographie Goethes und seine eigne Literaturgeschichte
als tüchtigen Kenner der Literatur bewährt hat — ist nach seiner eignen Aus¬
sage an die Umarbeitung eines Wert's, dessen Grundlage er wissenschaftlich
für verfehlt hielt, während ihm doch gerade seine Form einen zahlreichen Leser¬
kreis verschafft, mit einigem Bedenken gegangen; er hat sich geschickt genug
aus der Sache gezogen, und für diejenigen, denen es auf ein tieferes Eingch»
nicht ankommt, ein recht lesbares Buch zu Stande gebracht. —

Goethes lyrische Gedichte. Für gebildete Leser erläutert von H. Dün-
her. Elberfeld, Friderichs. — Für diejenigen, denen der allgemeine Eindruck
der poetischen Stimmung nicht genügt, bedürfen Goethes Gedichte allerdings
eines Commentars. Sie sind fast durchweg aus besondern Gelegenheiten
entsprungen, und diese Beziehung, die doch zum völligen Verständniß gehört,
ist vom Dichter sorgfältig verwischt. Bei jedem Gedicht die Zeit der Ent¬
stehung und die Veranlassung auszumitteln ist ein dankenswerthes Geschäft-
Düntzer ist gerade durch seine minutiösen Studien dazu im hohen Grade ge¬
eignet, und wir nehmen auch die breite Darstellung von Dingen, die Jeder
selbst finden kann, ohne welche es einmal bei ihm nicht abgeht, gern mit in
Kauf: nur eins haben wir an ihm auszusetzen, daß er seine Behauptungen
so oft ohne Beweis hinstellt. Dahin gehört z. B. gleich Alles, was er über
die „Zueignung" sagt. Wir zweifeln nicht daran, daß er für seine Ansicht
vollwichtige Gründe hat, aber diese müssen angegeben werden, sonst wird im¬
mer der einen Behauptung die andere entgegengestellt. — Dahin gehören auch du-'
Erläuterungen zu den deutschen Classikern (Wenigen^Jena, HochhaU'
sen): erste Abtheilung, Goethe, von Düntzer, dritte Abtheilung, Schiller
von Eckardt. Der letztere geht in seinem Enthusiasmus für Alles, was
Schiller geschrieben hat, auch das Mittelmäßigste, noch weiter als Palleskc»
seine Nachweise sind zuweilen sehr dankenswert!). Ueber die Art der Düntzer-
schen Commentare ist schon früher gesprochen. —

Die dramatische Frage der Gegenwart. Mit Bezugnahme aus
die Lewes'sehe Kritik der Dramen Goethes. Von Karl Blitz. Potsdam,
Riegel. — Eine geistvolle kleine Schrift, äußerst lebendig und tiefer in den
Gegenstand eindringend, als manches Buch, das sich mit philosophischen Fi^'
kein ausputzt. Schade, daß der Gedankengang noch zu chaotisch ist. —




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[0436] arbeitet von I. M. Schäfer. — Leipzig, Brandstetter. - Der Herausgeber — der sich durch seine Biographie Goethes und seine eigne Literaturgeschichte als tüchtigen Kenner der Literatur bewährt hat — ist nach seiner eignen Aus¬ sage an die Umarbeitung eines Wert's, dessen Grundlage er wissenschaftlich für verfehlt hielt, während ihm doch gerade seine Form einen zahlreichen Leser¬ kreis verschafft, mit einigem Bedenken gegangen; er hat sich geschickt genug aus der Sache gezogen, und für diejenigen, denen es auf ein tieferes Eingch» nicht ankommt, ein recht lesbares Buch zu Stande gebracht. — Goethes lyrische Gedichte. Für gebildete Leser erläutert von H. Dün- her. Elberfeld, Friderichs. — Für diejenigen, denen der allgemeine Eindruck der poetischen Stimmung nicht genügt, bedürfen Goethes Gedichte allerdings eines Commentars. Sie sind fast durchweg aus besondern Gelegenheiten entsprungen, und diese Beziehung, die doch zum völligen Verständniß gehört, ist vom Dichter sorgfältig verwischt. Bei jedem Gedicht die Zeit der Ent¬ stehung und die Veranlassung auszumitteln ist ein dankenswerthes Geschäft- Düntzer ist gerade durch seine minutiösen Studien dazu im hohen Grade ge¬ eignet, und wir nehmen auch die breite Darstellung von Dingen, die Jeder selbst finden kann, ohne welche es einmal bei ihm nicht abgeht, gern mit in Kauf: nur eins haben wir an ihm auszusetzen, daß er seine Behauptungen so oft ohne Beweis hinstellt. Dahin gehört z. B. gleich Alles, was er über die „Zueignung" sagt. Wir zweifeln nicht daran, daß er für seine Ansicht vollwichtige Gründe hat, aber diese müssen angegeben werden, sonst wird im¬ mer der einen Behauptung die andere entgegengestellt. — Dahin gehören auch du-' Erläuterungen zu den deutschen Classikern (Wenigen^Jena, HochhaU' sen): erste Abtheilung, Goethe, von Düntzer, dritte Abtheilung, Schiller von Eckardt. Der letztere geht in seinem Enthusiasmus für Alles, was Schiller geschrieben hat, auch das Mittelmäßigste, noch weiter als Palleskc» seine Nachweise sind zuweilen sehr dankenswert!). Ueber die Art der Düntzer- schen Commentare ist schon früher gesprochen. — Die dramatische Frage der Gegenwart. Mit Bezugnahme aus die Lewes'sehe Kritik der Dramen Goethes. Von Karl Blitz. Potsdam, Riegel. — Eine geistvolle kleine Schrift, äußerst lebendig und tiefer in den Gegenstand eindringend, als manches Buch, das sich mit philosophischen Fi^' kein ausputzt. Schade, daß der Gedankengang noch zu chaotisch ist. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/436>, abgerufen am 26.06.2024.