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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Wir wollen annehmen, daß es den Belgiern gelinge, den die Natur ihres Lan¬
des ausbeutenden Franzosen soviele Bewegungshindcrnisse als möglich zu be¬
sten und, indem sie großen Gefechten geschickt aus dem Wege gehen, in einer
oder der andern Richtung auszuweichen. Es können hier zwei Richtungen
eingeschlagen werden: die erste an den Rhein auf Cöln und Düsseldorf, die
andere auf Antwerpen. Im erstem Falle verstärken die 60,000 Belgier
°le am Rhein befindlichen oder von dorther bereits vorgerückten Preußen, im
letztem die Holländer und Engländer, welche sich bereits in Antwerpen ge¬
sammelt haben, welche, sobald sie vollzählig sind, unsern frühern Annahmen
zufolge auch 60,000 Mann betragen sollen, welche aber möglicher Weise noch
viel schwächer sind, da die Engländer leicht noch gänzlich fehlen können, wenn
ihnen die Dinge zu schnell über den Hals gekommen sind. Wir wollen vor¬
läufig gar nicht entscheiden, welches die vortheilhafteste von den beiden Rück-
zugsrichtungen sei. Die allgemeine Regel wäre sür den Rückzug an den Rhein,
"M dort die Hauptarmee, welche die Preußen stellen, auf die möglichste Stärke
Zu bringen. Aber diese Regel kann ja ihre Ausnahmen haben. Wir wollen
nur bemerken, daß es den Belgiern erleichtert würde, den Rückzug an den Rhein
in richten, falls die Franzosen etwa ihre rechte Flanke angriffen, daß es
ihnen unmöglich gemacht werden kann, bei einem Angriff der Franzosen aus
ihre linke Flanke oder auch bei einem concentrischen Angriff derselben -- auf
beide Flanken -- der bei der vorausgesetzten großen Überlegenheit kein Fehler
wäre. In den letzten beiden Fällen würde schwerlich etwas andres übrig bleiben
°is der Rückzug ins verschanzte Lager von Antwerpen. Tritt dies ein. so
sind nun von Seiten der Verbündeten bei Antwerpen und in dessen Werken
Mischen 80000 und 120.000 Mann vereinigt, je nachdem die Zuzüge aus Holland
Und England schon eingetroffen sind oder noch nicht oder erst theilweise.

Eine solche Macht ruhig in der Flanke stehen lassen, um eine neue Ope-
rationsrichtung einzuschlagen, und sie blos beobachten lassen, ist ein ber¬
giges Wagestück, daß es nur in den seltensten Fällen erlaubt sein kann.
Angenommen die Franzosen ließen -- unsere Stärkezahlen angenommen, die
wir aber hier ja nur als Verhältnißzahlen zu adoptiren haben, - "0.000 M.
Segen Antwerpen stehen, die zugleich auch die noch in den Händen der Belgier
handlichen Grenzfestungen beobachten müßten, so würden sie allerdings mit
einer Ueberlegenheit an den Rhein kommen. Indessen wäre diese Ueberlegen-
heit jedenfalls keine sehr.bedeutende und sie gäbe keineswegs die Berech¬
nung zu der Annahme, daß die Franzosen in kurzer Frist den Preußen, die
^'f ihre festen Plätze gestützt an der Nheinlinie nur mit einigem Geschick ope-
"Um. Heer werden würden, um sich nun wieder gegen die englisch-nieder-
'nubische Armee zu wenden. Diese Annahme wäre und bliebe gewagt, welches
^'trauen man immer in die Sieghaftigkeit der französischen Waffen setzen


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Wir wollen annehmen, daß es den Belgiern gelinge, den die Natur ihres Lan¬
des ausbeutenden Franzosen soviele Bewegungshindcrnisse als möglich zu be¬
sten und, indem sie großen Gefechten geschickt aus dem Wege gehen, in einer
oder der andern Richtung auszuweichen. Es können hier zwei Richtungen
eingeschlagen werden: die erste an den Rhein auf Cöln und Düsseldorf, die
andere auf Antwerpen. Im erstem Falle verstärken die 60,000 Belgier
°le am Rhein befindlichen oder von dorther bereits vorgerückten Preußen, im
letztem die Holländer und Engländer, welche sich bereits in Antwerpen ge¬
sammelt haben, welche, sobald sie vollzählig sind, unsern frühern Annahmen
zufolge auch 60,000 Mann betragen sollen, welche aber möglicher Weise noch
viel schwächer sind, da die Engländer leicht noch gänzlich fehlen können, wenn
ihnen die Dinge zu schnell über den Hals gekommen sind. Wir wollen vor¬
läufig gar nicht entscheiden, welches die vortheilhafteste von den beiden Rück-
zugsrichtungen sei. Die allgemeine Regel wäre sür den Rückzug an den Rhein,
»M dort die Hauptarmee, welche die Preußen stellen, auf die möglichste Stärke
Zu bringen. Aber diese Regel kann ja ihre Ausnahmen haben. Wir wollen
nur bemerken, daß es den Belgiern erleichtert würde, den Rückzug an den Rhein
in richten, falls die Franzosen etwa ihre rechte Flanke angriffen, daß es
ihnen unmöglich gemacht werden kann, bei einem Angriff der Franzosen aus
ihre linke Flanke oder auch bei einem concentrischen Angriff derselben — auf
beide Flanken — der bei der vorausgesetzten großen Überlegenheit kein Fehler
wäre. In den letzten beiden Fällen würde schwerlich etwas andres übrig bleiben
°is der Rückzug ins verschanzte Lager von Antwerpen. Tritt dies ein. so
sind nun von Seiten der Verbündeten bei Antwerpen und in dessen Werken
Mischen 80000 und 120.000 Mann vereinigt, je nachdem die Zuzüge aus Holland
Und England schon eingetroffen sind oder noch nicht oder erst theilweise.

Eine solche Macht ruhig in der Flanke stehen lassen, um eine neue Ope-
rationsrichtung einzuschlagen, und sie blos beobachten lassen, ist ein ber¬
giges Wagestück, daß es nur in den seltensten Fällen erlaubt sein kann.
Angenommen die Franzosen ließen — unsere Stärkezahlen angenommen, die
wir aber hier ja nur als Verhältnißzahlen zu adoptiren haben, - »0.000 M.
Segen Antwerpen stehen, die zugleich auch die noch in den Händen der Belgier
handlichen Grenzfestungen beobachten müßten, so würden sie allerdings mit
einer Ueberlegenheit an den Rhein kommen. Indessen wäre diese Ueberlegen-
heit jedenfalls keine sehr.bedeutende und sie gäbe keineswegs die Berech¬
nung zu der Annahme, daß die Franzosen in kurzer Frist den Preußen, die
^'f ihre festen Plätze gestützt an der Nheinlinie nur mit einigem Geschick ope-
"Um. Heer werden würden, um sich nun wieder gegen die englisch-nieder-
'nubische Armee zu wenden. Diese Annahme wäre und bliebe gewagt, welches
^'trauen man immer in die Sieghaftigkeit der französischen Waffen setzen


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[0423] Wir wollen annehmen, daß es den Belgiern gelinge, den die Natur ihres Lan¬ des ausbeutenden Franzosen soviele Bewegungshindcrnisse als möglich zu be¬ sten und, indem sie großen Gefechten geschickt aus dem Wege gehen, in einer oder der andern Richtung auszuweichen. Es können hier zwei Richtungen eingeschlagen werden: die erste an den Rhein auf Cöln und Düsseldorf, die andere auf Antwerpen. Im erstem Falle verstärken die 60,000 Belgier °le am Rhein befindlichen oder von dorther bereits vorgerückten Preußen, im letztem die Holländer und Engländer, welche sich bereits in Antwerpen ge¬ sammelt haben, welche, sobald sie vollzählig sind, unsern frühern Annahmen zufolge auch 60,000 Mann betragen sollen, welche aber möglicher Weise noch viel schwächer sind, da die Engländer leicht noch gänzlich fehlen können, wenn ihnen die Dinge zu schnell über den Hals gekommen sind. Wir wollen vor¬ läufig gar nicht entscheiden, welches die vortheilhafteste von den beiden Rück- zugsrichtungen sei. Die allgemeine Regel wäre sür den Rückzug an den Rhein, »M dort die Hauptarmee, welche die Preußen stellen, auf die möglichste Stärke Zu bringen. Aber diese Regel kann ja ihre Ausnahmen haben. Wir wollen nur bemerken, daß es den Belgiern erleichtert würde, den Rückzug an den Rhein in richten, falls die Franzosen etwa ihre rechte Flanke angriffen, daß es ihnen unmöglich gemacht werden kann, bei einem Angriff der Franzosen aus ihre linke Flanke oder auch bei einem concentrischen Angriff derselben — auf beide Flanken — der bei der vorausgesetzten großen Überlegenheit kein Fehler wäre. In den letzten beiden Fällen würde schwerlich etwas andres übrig bleiben °is der Rückzug ins verschanzte Lager von Antwerpen. Tritt dies ein. so sind nun von Seiten der Verbündeten bei Antwerpen und in dessen Werken Mischen 80000 und 120.000 Mann vereinigt, je nachdem die Zuzüge aus Holland Und England schon eingetroffen sind oder noch nicht oder erst theilweise. Eine solche Macht ruhig in der Flanke stehen lassen, um eine neue Ope- rationsrichtung einzuschlagen, und sie blos beobachten lassen, ist ein ber¬ giges Wagestück, daß es nur in den seltensten Fällen erlaubt sein kann. Angenommen die Franzosen ließen — unsere Stärkezahlen angenommen, die wir aber hier ja nur als Verhältnißzahlen zu adoptiren haben, - »0.000 M. Segen Antwerpen stehen, die zugleich auch die noch in den Händen der Belgier handlichen Grenzfestungen beobachten müßten, so würden sie allerdings mit einer Ueberlegenheit an den Rhein kommen. Indessen wäre diese Ueberlegen- heit jedenfalls keine sehr.bedeutende und sie gäbe keineswegs die Berech¬ nung zu der Annahme, daß die Franzosen in kurzer Frist den Preußen, die ^'f ihre festen Plätze gestützt an der Nheinlinie nur mit einigem Geschick ope- "Um. Heer werden würden, um sich nun wieder gegen die englisch-nieder- 'nubische Armee zu wenden. Diese Annahme wäre und bliebe gewagt, welches ^'trauen man immer in die Sieghaftigkeit der französischen Waffen setzen 52*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/423>, abgerufen am 26.06.2024.