Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur russischen Finanzpolitik und Finanzlage.

Unmittelbar nach dem Präliminarfricden von Villafranca ist Rußland mit
>°mer Reihe überaus bedeutsamer Finanzmaßregeln hervorgetreten. Die Durch-
führung derselben läßt sich nur unter unmittelbarer oder mittelbarer Mithülfe
der außerrussischen Finanzkräfte Europas denken. Grade jene beiden, welche
die größten Geldmassen in der kürzesten Zeit in Anspruch nehmen, sind sogar
sast ausschließlich darauf berechnet, daß die großen außerrusfischen Geldmärkte das
Material, d. h. die Geldmittel dafür stellen. Denn die Wiederaufnahme des An-
ichns von 12,000,000 Pfd (d. i. in runder Summe 140. Mill. si.) bei Thomson,
Vonar und Comp. konnte natürlich nur unternommen werden, nachdem die
Gründe nicht mehr vorhanden waren, mit denen man (im Anfang des April)
die vorläufige Rückgängigmachung des Geschäftes motivirt hatte. In der offi.
iiellen Erläuterung zu dem betreffenden Ukase hatte es nämlich ausdrücklich
geheißen: "der Termin für die Subscription auf diese Anleihe in London und
Berlin war auf den 28. April (10. Mai) bestimmt; unterdessen verursachte
in Italien zwischen Oestreich und Sardinien ausgebrochene Krieg und
^e ganz unbegründeten Gerüchte von einer Theilnahme Rußlands an dem-
selben den europäischen Börsen einen panischen Schrecken, und die Staatspa-
Piere sind überall im Werthe gesunken, woher die Anleihe njcht mehr zu den
sanberen vortheilhaften Bedingungen möglich wird." Ebenso gründet die
"Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft." zu welcher die Herrn Hanse-
wann. M. v. Haber und v. Mülhens concessionirt wurden, die Möglichkeit der
Beschaffung eines Kapitals von 200 Mill. Fr., wobei die Gründer sich ver-
Achten, "im Laufe eines Jahrs wenigstens ein Viertheil des Kapitals her¬
beizuschaffen." offenbar vorzugsweise auf die Spekulationslust ausländischer
Kapitalisten. Denn abgesehen davon, daß das russische Kapital von den Actien
^' Vr-wÄo L0l!i6t"z dos eliLmws ac Kr russes (Stammkapital 270 Mill. Thaler)
wesentlich in Anspruch genommen wird, darf man nicht vergessen, daß das-
^be auch durch tausendfache Jndustrieprojccte gleichzeitig absorbirt ist. so daß
'"bst die innere vier und einhalb prozentige Anleihe von 40 Mill. Silberrubel.


Gre"zi>oder IV. 1LS9.
Zur russischen Finanzpolitik und Finanzlage.

Unmittelbar nach dem Präliminarfricden von Villafranca ist Rußland mit
>°mer Reihe überaus bedeutsamer Finanzmaßregeln hervorgetreten. Die Durch-
führung derselben läßt sich nur unter unmittelbarer oder mittelbarer Mithülfe
der außerrussischen Finanzkräfte Europas denken. Grade jene beiden, welche
die größten Geldmassen in der kürzesten Zeit in Anspruch nehmen, sind sogar
sast ausschließlich darauf berechnet, daß die großen außerrusfischen Geldmärkte das
Material, d. h. die Geldmittel dafür stellen. Denn die Wiederaufnahme des An-
ichns von 12,000,000 Pfd (d. i. in runder Summe 140. Mill. si.) bei Thomson,
Vonar und Comp. konnte natürlich nur unternommen werden, nachdem die
Gründe nicht mehr vorhanden waren, mit denen man (im Anfang des April)
die vorläufige Rückgängigmachung des Geschäftes motivirt hatte. In der offi.
iiellen Erläuterung zu dem betreffenden Ukase hatte es nämlich ausdrücklich
geheißen: „der Termin für die Subscription auf diese Anleihe in London und
Berlin war auf den 28. April (10. Mai) bestimmt; unterdessen verursachte
in Italien zwischen Oestreich und Sardinien ausgebrochene Krieg und
^e ganz unbegründeten Gerüchte von einer Theilnahme Rußlands an dem-
selben den europäischen Börsen einen panischen Schrecken, und die Staatspa-
Piere sind überall im Werthe gesunken, woher die Anleihe njcht mehr zu den
sanberen vortheilhaften Bedingungen möglich wird." Ebenso gründet die
"Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft." zu welcher die Herrn Hanse-
wann. M. v. Haber und v. Mülhens concessionirt wurden, die Möglichkeit der
Beschaffung eines Kapitals von 200 Mill. Fr., wobei die Gründer sich ver-
Achten, „im Laufe eines Jahrs wenigstens ein Viertheil des Kapitals her¬
beizuschaffen." offenbar vorzugsweise auf die Spekulationslust ausländischer
Kapitalisten. Denn abgesehen davon, daß das russische Kapital von den Actien
^' Vr-wÄo L0l!i6t«z dos eliLmws ac Kr russes (Stammkapital 270 Mill. Thaler)
wesentlich in Anspruch genommen wird, darf man nicht vergessen, daß das-
^be auch durch tausendfache Jndustrieprojccte gleichzeitig absorbirt ist. so daß
'"bst die innere vier und einhalb prozentige Anleihe von 40 Mill. Silberrubel.


Gre»zi>oder IV. 1LS9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0333" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108463"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zur russischen Finanzpolitik und Finanzlage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1095" next="#ID_1096"> Unmittelbar nach dem Präliminarfricden von Villafranca ist Rußland mit<lb/>
&gt;°mer Reihe überaus bedeutsamer Finanzmaßregeln hervorgetreten. Die Durch-<lb/>
führung derselben läßt sich nur unter unmittelbarer oder mittelbarer Mithülfe<lb/>
der außerrussischen Finanzkräfte Europas denken. Grade jene beiden, welche<lb/>
die größten Geldmassen in der kürzesten Zeit in Anspruch nehmen, sind sogar<lb/>
sast ausschließlich darauf berechnet, daß die großen außerrusfischen Geldmärkte das<lb/>
Material, d. h. die Geldmittel dafür stellen. Denn die Wiederaufnahme des An-<lb/>
ichns von 12,000,000 Pfd (d. i. in runder Summe 140. Mill. si.) bei Thomson,<lb/>
Vonar und Comp. konnte natürlich nur unternommen werden, nachdem die<lb/>
Gründe nicht mehr vorhanden waren, mit denen man (im Anfang des April)<lb/>
die vorläufige Rückgängigmachung des Geschäftes motivirt hatte. In der offi.<lb/>
iiellen Erläuterung zu dem betreffenden Ukase hatte es nämlich ausdrücklich<lb/>
geheißen: &#x201E;der Termin für die Subscription auf diese Anleihe in London und<lb/>
Berlin war auf den 28. April (10. Mai) bestimmt; unterdessen verursachte<lb/>
in Italien zwischen Oestreich und Sardinien ausgebrochene Krieg und<lb/>
^e ganz unbegründeten Gerüchte von einer Theilnahme Rußlands an dem-<lb/>
selben den europäischen Börsen einen panischen Schrecken, und die Staatspa-<lb/>
Piere sind überall im Werthe gesunken, woher die Anleihe njcht mehr zu den<lb/>
sanberen vortheilhaften Bedingungen möglich wird." Ebenso gründet die<lb/>
"Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft." zu welcher die Herrn Hanse-<lb/>
wann. M. v. Haber und v. Mülhens concessionirt wurden, die Möglichkeit der<lb/>
Beschaffung eines Kapitals von 200 Mill. Fr., wobei die Gründer sich ver-<lb/>
Achten, &#x201E;im Laufe eines Jahrs wenigstens ein Viertheil des Kapitals her¬<lb/>
beizuschaffen." offenbar vorzugsweise auf die Spekulationslust ausländischer<lb/>
Kapitalisten. Denn abgesehen davon, daß das russische Kapital von den Actien<lb/>
^' Vr-wÄo L0l!i6t«z dos eliLmws ac Kr russes (Stammkapital 270 Mill. Thaler)<lb/>
wesentlich in Anspruch genommen wird, darf man nicht vergessen, daß das-<lb/>
^be auch durch tausendfache Jndustrieprojccte gleichzeitig absorbirt ist. so daß<lb/>
'"bst die innere vier und einhalb prozentige Anleihe von 40 Mill. Silberrubel.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Gre»zi&gt;oder IV. 1LS9.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0333] Zur russischen Finanzpolitik und Finanzlage. Unmittelbar nach dem Präliminarfricden von Villafranca ist Rußland mit >°mer Reihe überaus bedeutsamer Finanzmaßregeln hervorgetreten. Die Durch- führung derselben läßt sich nur unter unmittelbarer oder mittelbarer Mithülfe der außerrussischen Finanzkräfte Europas denken. Grade jene beiden, welche die größten Geldmassen in der kürzesten Zeit in Anspruch nehmen, sind sogar sast ausschließlich darauf berechnet, daß die großen außerrusfischen Geldmärkte das Material, d. h. die Geldmittel dafür stellen. Denn die Wiederaufnahme des An- ichns von 12,000,000 Pfd (d. i. in runder Summe 140. Mill. si.) bei Thomson, Vonar und Comp. konnte natürlich nur unternommen werden, nachdem die Gründe nicht mehr vorhanden waren, mit denen man (im Anfang des April) die vorläufige Rückgängigmachung des Geschäftes motivirt hatte. In der offi. iiellen Erläuterung zu dem betreffenden Ukase hatte es nämlich ausdrücklich geheißen: „der Termin für die Subscription auf diese Anleihe in London und Berlin war auf den 28. April (10. Mai) bestimmt; unterdessen verursachte in Italien zwischen Oestreich und Sardinien ausgebrochene Krieg und ^e ganz unbegründeten Gerüchte von einer Theilnahme Rußlands an dem- selben den europäischen Börsen einen panischen Schrecken, und die Staatspa- Piere sind überall im Werthe gesunken, woher die Anleihe njcht mehr zu den sanberen vortheilhaften Bedingungen möglich wird." Ebenso gründet die "Petersburger Bank- und Handelsgesellschaft." zu welcher die Herrn Hanse- wann. M. v. Haber und v. Mülhens concessionirt wurden, die Möglichkeit der Beschaffung eines Kapitals von 200 Mill. Fr., wobei die Gründer sich ver- Achten, „im Laufe eines Jahrs wenigstens ein Viertheil des Kapitals her¬ beizuschaffen." offenbar vorzugsweise auf die Spekulationslust ausländischer Kapitalisten. Denn abgesehen davon, daß das russische Kapital von den Actien ^' Vr-wÄo L0l!i6t«z dos eliLmws ac Kr russes (Stammkapital 270 Mill. Thaler) wesentlich in Anspruch genommen wird, darf man nicht vergessen, daß das- ^be auch durch tausendfache Jndustrieprojccte gleichzeitig absorbirt ist. so daß '"bst die innere vier und einhalb prozentige Anleihe von 40 Mill. Silberrubel. Gre»zi>oder IV. 1LS9.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/333
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/333>, abgerufen am 29.06.2024.