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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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die ländliche Nebensteuer, auf eine gleichmäßige Weise zu ordnen oder ganz
zu beseitigen. Nach dem Dargestellten aber, was man immerhin auf einige
Weife modificiren mag (bedeutend darf das mit Recht nimmer geschehen)-
kann nicht behauptet werden, daß die jährliche Aufkunftssumme, im Vergleiche
zu den jetzigen Verhältnissen zu hoch sei. Man betrachte die Fortschritte,
welche Landwirthschaft. Handel. Industrie, ja. auch die Klasse der Tagelöhner
machen können und werden, man erwäge die freie Entwickelung aller natür¬
lichen Güter des Landes und aller Kräfte seiner Bewohner, welche der An¬
schluß an den Zollverein erregt und fördert. --

Abgesehen von den bevorstehenden Verhältnissen und in Verbindung
mit den directen Abgaben, welche erhalten werden sollen, ist die Aufbringung
einer Summe von 000,000 resp. 800,000 Thlr. für ein Lar,d. wie Mecklen¬
burg, bedeutend und geht aus seiner verhältnißmäßig starken Konsumtion
hervor. Daß eine solche Summe, die auf ganz neuen Wegen herangeholt
werden soll, durchgreifende Veränderungen verursachen muß, ist klar und von
uns sofort zugestanden. Es werden auch einzelne derjenigen Einfuhrartikel,
welche, wie Kaffee. Tabak u. f. w., zu den nothwendigen Bedürfnissen ge¬
rechnet werden müssen, unzweifelhaft etwas vertheuert. Aber diese Vertheue-
rung wird die ärmeren Klassen nicht in höheren Grade treffen, als die jetzigen,
auf den Detailverkchr so schwer drückenden indirecten Abgaben, sondern sie
wird diejenigen reicheren Klassen nur in höherem Grade heranziehen, welche
gegenwärtig verhältnißmäßig zu gering besteuert erscheinen, weil sie theils von
einzelnen Abgaben frei, theils mit anderen relativ zu leicht belastet sind. Wir
behaupten nicht-, daß die ärmeren Klassen nach dem Anschlusse Mecklenburgs
an den Zollverein billiger, wir leugnen aber, daß sie theurer leben werden- Es
läßt sich diese Sache nicht sowol aus Zahlen beweisen, als sie sich aus dem Zu¬
sammenhalte der Verhältnisse und dem Vergleiche mit anderen Staaten ergibt.¬

Prinzipiell sind wir keine Freunde des Schutzzolles, aber der freie Bin
nenverkehr im Gebiete des Zollvereins ist und "bleibt doch eine große Er¬
rungenschaft, die derjenige um so leichter würdigen wird, welcher das hiesig
System, das sich ein Freihandelsystem zu sein schmeichelt, näher betrachtet hat.
Und blicken wir über das Band des Zolltarifs hinaus auf die Vereinigung
deutscher Staaten, welche durch jenes umfaßt werden zu einem gleiche I"'
wessen verfolgenden Ganzen, so müssen wir noch aus diesem Grunde den
Beitritt Mecklenburgs so lebhaft wünschen F- , wie wir seine bisherige isolirte
Stellung bedauerten. .




die ländliche Nebensteuer, auf eine gleichmäßige Weise zu ordnen oder ganz
zu beseitigen. Nach dem Dargestellten aber, was man immerhin auf einige
Weife modificiren mag (bedeutend darf das mit Recht nimmer geschehen)-
kann nicht behauptet werden, daß die jährliche Aufkunftssumme, im Vergleiche
zu den jetzigen Verhältnissen zu hoch sei. Man betrachte die Fortschritte,
welche Landwirthschaft. Handel. Industrie, ja. auch die Klasse der Tagelöhner
machen können und werden, man erwäge die freie Entwickelung aller natür¬
lichen Güter des Landes und aller Kräfte seiner Bewohner, welche der An¬
schluß an den Zollverein erregt und fördert. —

Abgesehen von den bevorstehenden Verhältnissen und in Verbindung
mit den directen Abgaben, welche erhalten werden sollen, ist die Aufbringung
einer Summe von 000,000 resp. 800,000 Thlr. für ein Lar,d. wie Mecklen¬
burg, bedeutend und geht aus seiner verhältnißmäßig starken Konsumtion
hervor. Daß eine solche Summe, die auf ganz neuen Wegen herangeholt
werden soll, durchgreifende Veränderungen verursachen muß, ist klar und von
uns sofort zugestanden. Es werden auch einzelne derjenigen Einfuhrartikel,
welche, wie Kaffee. Tabak u. f. w., zu den nothwendigen Bedürfnissen ge¬
rechnet werden müssen, unzweifelhaft etwas vertheuert. Aber diese Vertheue-
rung wird die ärmeren Klassen nicht in höheren Grade treffen, als die jetzigen,
auf den Detailverkchr so schwer drückenden indirecten Abgaben, sondern sie
wird diejenigen reicheren Klassen nur in höherem Grade heranziehen, welche
gegenwärtig verhältnißmäßig zu gering besteuert erscheinen, weil sie theils von
einzelnen Abgaben frei, theils mit anderen relativ zu leicht belastet sind. Wir
behaupten nicht-, daß die ärmeren Klassen nach dem Anschlusse Mecklenburgs
an den Zollverein billiger, wir leugnen aber, daß sie theurer leben werden- Es
läßt sich diese Sache nicht sowol aus Zahlen beweisen, als sie sich aus dem Zu¬
sammenhalte der Verhältnisse und dem Vergleiche mit anderen Staaten ergibt.¬

Prinzipiell sind wir keine Freunde des Schutzzolles, aber der freie Bin
nenverkehr im Gebiete des Zollvereins ist und "bleibt doch eine große Er¬
rungenschaft, die derjenige um so leichter würdigen wird, welcher das hiesig
System, das sich ein Freihandelsystem zu sein schmeichelt, näher betrachtet hat.
Und blicken wir über das Band des Zolltarifs hinaus auf die Vereinigung
deutscher Staaten, welche durch jenes umfaßt werden zu einem gleiche I"'
wessen verfolgenden Ganzen, so müssen wir noch aus diesem Grunde den
Beitritt Mecklenburgs so lebhaft wünschen F- , wie wir seine bisherige isolirte
Stellung bedauerten. .




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[0314] die ländliche Nebensteuer, auf eine gleichmäßige Weise zu ordnen oder ganz zu beseitigen. Nach dem Dargestellten aber, was man immerhin auf einige Weife modificiren mag (bedeutend darf das mit Recht nimmer geschehen)- kann nicht behauptet werden, daß die jährliche Aufkunftssumme, im Vergleiche zu den jetzigen Verhältnissen zu hoch sei. Man betrachte die Fortschritte, welche Landwirthschaft. Handel. Industrie, ja. auch die Klasse der Tagelöhner machen können und werden, man erwäge die freie Entwickelung aller natür¬ lichen Güter des Landes und aller Kräfte seiner Bewohner, welche der An¬ schluß an den Zollverein erregt und fördert. — Abgesehen von den bevorstehenden Verhältnissen und in Verbindung mit den directen Abgaben, welche erhalten werden sollen, ist die Aufbringung einer Summe von 000,000 resp. 800,000 Thlr. für ein Lar,d. wie Mecklen¬ burg, bedeutend und geht aus seiner verhältnißmäßig starken Konsumtion hervor. Daß eine solche Summe, die auf ganz neuen Wegen herangeholt werden soll, durchgreifende Veränderungen verursachen muß, ist klar und von uns sofort zugestanden. Es werden auch einzelne derjenigen Einfuhrartikel, welche, wie Kaffee. Tabak u. f. w., zu den nothwendigen Bedürfnissen ge¬ rechnet werden müssen, unzweifelhaft etwas vertheuert. Aber diese Vertheue- rung wird die ärmeren Klassen nicht in höheren Grade treffen, als die jetzigen, auf den Detailverkchr so schwer drückenden indirecten Abgaben, sondern sie wird diejenigen reicheren Klassen nur in höherem Grade heranziehen, welche gegenwärtig verhältnißmäßig zu gering besteuert erscheinen, weil sie theils von einzelnen Abgaben frei, theils mit anderen relativ zu leicht belastet sind. Wir behaupten nicht-, daß die ärmeren Klassen nach dem Anschlusse Mecklenburgs an den Zollverein billiger, wir leugnen aber, daß sie theurer leben werden- Es läßt sich diese Sache nicht sowol aus Zahlen beweisen, als sie sich aus dem Zu¬ sammenhalte der Verhältnisse und dem Vergleiche mit anderen Staaten ergibt.¬ Prinzipiell sind wir keine Freunde des Schutzzolles, aber der freie Bin nenverkehr im Gebiete des Zollvereins ist und "bleibt doch eine große Er¬ rungenschaft, die derjenige um so leichter würdigen wird, welcher das hiesig System, das sich ein Freihandelsystem zu sein schmeichelt, näher betrachtet hat. Und blicken wir über das Band des Zolltarifs hinaus auf die Vereinigung deutscher Staaten, welche durch jenes umfaßt werden zu einem gleiche I"' wessen verfolgenden Ganzen, so müssen wir noch aus diesem Grunde den Beitritt Mecklenburgs so lebhaft wünschen F- , wie wir seine bisherige isolirte Stellung bedauerten. .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/314>, abgerufen am 28.09.2024.