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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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den Sund und die Ostsee. Diese neue Richtung des englischen Handels,
welche übrigens schon sehr bestimmt hervortritt, wird sich mehr und mehr be¬
festigen, weil sie die natürliche ist ; schon jetzt ist der Handel zwischen England
und den mecklenburgischen Ostseehäfen gegen früher sehr vermindert und letz¬
tere werden eine starke Einbuße erleiden müssen, wenn sie nicht ihr Augen-
Merk scharf auf die skandinavischen Länder richten. In diesem Falle werden
sie. wenn die Zollschranken fallen und die projectirte Eisenbahn") von Güstrow
nach Stettin zu Stande kommt, gewinnen, anstatt zu verlieren. Durch die
Oeffnung der Zollvereinsgrenzen wird Mecklenburg einen großen Durchgangs-
Verkehr mit Rußland und Schweden einerseits, mit Mitteldeutschland und
bis nach Frankreich hinein andererseits anbahnen können, wie er beispielsweise
von Stettin aus betrieben wird. Welch' große Ausfuhr allein nach Rußland
bin wird Rostock zufallen, zu welchen Unternehmungen wird Gelegen¬
heit geboten! Und dazu wird ihm sein natürlicher Handeisrayon im
eigenen Lande sich niemals entfremden, wenn der Handel in ihm steigt. Es
werden im Lande Fabriken entstehen, nach England wird ferner Korn aller
Art gehen, die Schiffe bringen dafür Steinkohlen als Rückfracht mit. deren
Bedarf sich jährlich steigern wird. So bahnen sich neue Wege, während die
alten nicht verlassen, wenn auch auf das Natürliche, und deshalb allein Nütz¬
liche und Wünschenswerthe, beschränkt werden. Kommen dann noch Verkchrs-
erleichterungen im eigenen Lande hinzu, die gar nicht ausbleiben können, so¬
bald die Bahn erst gebrochen ist; wird der südöstliche Theil Mecklenburgs
durch Kanalisirung der Flüsse (Warnow, Nebel. Havel), durch die Ostbahn
und Chausseen dem Norden möglichst nahe gebracht, so wird auch die Pro-
duction in ihm ihren natürlichen Absatz mehr und mehr in Rostock finden.
Wismar ist in seinem Productionsrayon beschränkter, aber im überseeischen
Handels- und dem Transitoverkehr wird es sich Rostock verhältnißmäßig gleich¬
stellen können.

Man hört nun vielfach die Behauptung aussprechen, daß der Beitritt
Mecklenburgs zum Zollvereine den Schiffsbau vertheuern und dadurch indirect
den Handel mit belasten würde. Hinsichtlich des zum Schiffsbaue nöthigen Eisens
^weisen wir auf das schon oben Gesagte; es ist ein ersichtlicher Vortheil,
wenn Modificationen des Eisenzolles gelingen, obwol es uns sehr wahrschein-
^es ist. daß auch ohne dieselben der Bau im Allgemeinen nicht eben sehr ver¬
teuert wird. Wir müssen diese Frage sachverständiger Beurtheilung anheim¬
geben, können aber auch ohne solche der gegentheiligen Ansicht kein weiteres



Möchte der bevorstehende Landtag den Bau dieser Verbindungsbahn definitiv beschiic-
Sie ist ein wahres Lebensbedürfniß für den Handel und die Industrie Mecklenburgs.
^ 'se allein geeignet beide einigermaßen zu schützen und zu fördern, falls sich eine Regelung
^ Abgabcuwesens, wie nur zu sehr zu befürchten steht, noch weiter hinausziehen sollte.

den Sund und die Ostsee. Diese neue Richtung des englischen Handels,
welche übrigens schon sehr bestimmt hervortritt, wird sich mehr und mehr be¬
festigen, weil sie die natürliche ist ; schon jetzt ist der Handel zwischen England
und den mecklenburgischen Ostseehäfen gegen früher sehr vermindert und letz¬
tere werden eine starke Einbuße erleiden müssen, wenn sie nicht ihr Augen-
Merk scharf auf die skandinavischen Länder richten. In diesem Falle werden
sie. wenn die Zollschranken fallen und die projectirte Eisenbahn") von Güstrow
nach Stettin zu Stande kommt, gewinnen, anstatt zu verlieren. Durch die
Oeffnung der Zollvereinsgrenzen wird Mecklenburg einen großen Durchgangs-
Verkehr mit Rußland und Schweden einerseits, mit Mitteldeutschland und
bis nach Frankreich hinein andererseits anbahnen können, wie er beispielsweise
von Stettin aus betrieben wird. Welch' große Ausfuhr allein nach Rußland
bin wird Rostock zufallen, zu welchen Unternehmungen wird Gelegen¬
heit geboten! Und dazu wird ihm sein natürlicher Handeisrayon im
eigenen Lande sich niemals entfremden, wenn der Handel in ihm steigt. Es
werden im Lande Fabriken entstehen, nach England wird ferner Korn aller
Art gehen, die Schiffe bringen dafür Steinkohlen als Rückfracht mit. deren
Bedarf sich jährlich steigern wird. So bahnen sich neue Wege, während die
alten nicht verlassen, wenn auch auf das Natürliche, und deshalb allein Nütz¬
liche und Wünschenswerthe, beschränkt werden. Kommen dann noch Verkchrs-
erleichterungen im eigenen Lande hinzu, die gar nicht ausbleiben können, so¬
bald die Bahn erst gebrochen ist; wird der südöstliche Theil Mecklenburgs
durch Kanalisirung der Flüsse (Warnow, Nebel. Havel), durch die Ostbahn
und Chausseen dem Norden möglichst nahe gebracht, so wird auch die Pro-
duction in ihm ihren natürlichen Absatz mehr und mehr in Rostock finden.
Wismar ist in seinem Productionsrayon beschränkter, aber im überseeischen
Handels- und dem Transitoverkehr wird es sich Rostock verhältnißmäßig gleich¬
stellen können.

Man hört nun vielfach die Behauptung aussprechen, daß der Beitritt
Mecklenburgs zum Zollvereine den Schiffsbau vertheuern und dadurch indirect
den Handel mit belasten würde. Hinsichtlich des zum Schiffsbaue nöthigen Eisens
^weisen wir auf das schon oben Gesagte; es ist ein ersichtlicher Vortheil,
wenn Modificationen des Eisenzolles gelingen, obwol es uns sehr wahrschein-
^es ist. daß auch ohne dieselben der Bau im Allgemeinen nicht eben sehr ver¬
teuert wird. Wir müssen diese Frage sachverständiger Beurtheilung anheim¬
geben, können aber auch ohne solche der gegentheiligen Ansicht kein weiteres



Möchte der bevorstehende Landtag den Bau dieser Verbindungsbahn definitiv beschiic-
Sie ist ein wahres Lebensbedürfniß für den Handel und die Industrie Mecklenburgs.
^ 'se allein geeignet beide einigermaßen zu schützen und zu fördern, falls sich eine Regelung
^ Abgabcuwesens, wie nur zu sehr zu befürchten steht, noch weiter hinausziehen sollte.
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[0305] den Sund und die Ostsee. Diese neue Richtung des englischen Handels, welche übrigens schon sehr bestimmt hervortritt, wird sich mehr und mehr be¬ festigen, weil sie die natürliche ist ; schon jetzt ist der Handel zwischen England und den mecklenburgischen Ostseehäfen gegen früher sehr vermindert und letz¬ tere werden eine starke Einbuße erleiden müssen, wenn sie nicht ihr Augen- Merk scharf auf die skandinavischen Länder richten. In diesem Falle werden sie. wenn die Zollschranken fallen und die projectirte Eisenbahn") von Güstrow nach Stettin zu Stande kommt, gewinnen, anstatt zu verlieren. Durch die Oeffnung der Zollvereinsgrenzen wird Mecklenburg einen großen Durchgangs- Verkehr mit Rußland und Schweden einerseits, mit Mitteldeutschland und bis nach Frankreich hinein andererseits anbahnen können, wie er beispielsweise von Stettin aus betrieben wird. Welch' große Ausfuhr allein nach Rußland bin wird Rostock zufallen, zu welchen Unternehmungen wird Gelegen¬ heit geboten! Und dazu wird ihm sein natürlicher Handeisrayon im eigenen Lande sich niemals entfremden, wenn der Handel in ihm steigt. Es werden im Lande Fabriken entstehen, nach England wird ferner Korn aller Art gehen, die Schiffe bringen dafür Steinkohlen als Rückfracht mit. deren Bedarf sich jährlich steigern wird. So bahnen sich neue Wege, während die alten nicht verlassen, wenn auch auf das Natürliche, und deshalb allein Nütz¬ liche und Wünschenswerthe, beschränkt werden. Kommen dann noch Verkchrs- erleichterungen im eigenen Lande hinzu, die gar nicht ausbleiben können, so¬ bald die Bahn erst gebrochen ist; wird der südöstliche Theil Mecklenburgs durch Kanalisirung der Flüsse (Warnow, Nebel. Havel), durch die Ostbahn und Chausseen dem Norden möglichst nahe gebracht, so wird auch die Pro- duction in ihm ihren natürlichen Absatz mehr und mehr in Rostock finden. Wismar ist in seinem Productionsrayon beschränkter, aber im überseeischen Handels- und dem Transitoverkehr wird es sich Rostock verhältnißmäßig gleich¬ stellen können. Man hört nun vielfach die Behauptung aussprechen, daß der Beitritt Mecklenburgs zum Zollvereine den Schiffsbau vertheuern und dadurch indirect den Handel mit belasten würde. Hinsichtlich des zum Schiffsbaue nöthigen Eisens ^weisen wir auf das schon oben Gesagte; es ist ein ersichtlicher Vortheil, wenn Modificationen des Eisenzolles gelingen, obwol es uns sehr wahrschein- ^es ist. daß auch ohne dieselben der Bau im Allgemeinen nicht eben sehr ver¬ teuert wird. Wir müssen diese Frage sachverständiger Beurtheilung anheim¬ geben, können aber auch ohne solche der gegentheiligen Ansicht kein weiteres Möchte der bevorstehende Landtag den Bau dieser Verbindungsbahn definitiv beschiic- Sie ist ein wahres Lebensbedürfniß für den Handel und die Industrie Mecklenburgs. ^ 'se allein geeignet beide einigermaßen zu schützen und zu fördern, falls sich eine Regelung ^ Abgabcuwesens, wie nur zu sehr zu befürchten steht, noch weiter hinausziehen sollte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/305>, abgerufen am 29.06.2024.