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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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rale, welche, wie gewöhnlich, alles festhalten wollten, um dann alles zu verlieren,
bewirkte, daß die Oestreichs bei Jemappes vor Mons am 6. November der
Armee von Dumouriez nicht mehr als 14000 M. entgegenstellen konnten.
Nach Verlust der Schlacht von Jemappes wichen die Oestreicher hinter die Noer
und Erst, gegen Cöln zurück, mit ihrem äußersten linken Flügel unter dem Fürsten
Hohenlohe von Thionville hinter die Saar. Dumouriez folgte der östreichischen
Hauptarmee bis an die Noer, auf dem rechten Flügel der Franzosen ging Beurnon-
ville, nunmehr Chef der Moselarmee, Hohenlohe folgend gegen die Saar vor.
Custine drang über Speier weiter nordwärts und besehe die Bischofsstadt
Mainz, welche ihm ohne Widerstand überliefert ward, am 22. Oktober; von
dort warf er ein Detachement nach Frankfurt. Dumouriez getraute sich, ins¬
besondere im Winter, nicht, seinen Sieg über die Noer hinaus gegen den
Rhein hin und vielleicht im Glücksfälle über diesen Fluß zu verfolgen, da
der Feind zumal noch immer die Linie des unteren Rheins -- Holland --
besaß, von wo er in die linke Flanke und den Rücken der französischen Armee
auf deren Verbindungen vordrechen konnte. Dagegen schien es nützlich, daß
sich die Franzosen selbst Hollands bemächtigten, um jene mögliche Operativns-
linie dem Gegner zu nehmen und ihre eigne Basis gegen Deutschland zu erwei¬
tern, -- und der Winter mit seinem Froste, welcher die Wasserhindernisse des
Landes aushob, schien gerade die rechte Zeit zu einem solchen Unternehmen.
Dumouriez ließ daher unter Valence an der Noer und unter Miranda
vor Mastricht zusammen 60000 M. stehn und brach mit 20000 M. in Hol¬
land ein, -- am 17. Februar 1739. Da sich die Holländer den Franzosen
uicht abgeneigt zeigten, drang er glücklich vor.

Nun aber hatte die am 21. Jnnunr 1793 stattgefundene Hinrichtung
Ludwig des Sechzehnten der bereits gelockerten Koalition neue Kraft gege¬
ben und die Regierungen des ganzen übrigen Europa gegen Frankreich zu
den Waffen gerufen. Die alliirte Armee an der Erst, jetzt unter Coburg,
Ward aus 70000 M. gebracht; die preußische Armee unter dein Herzog von
Vraunschmeig, welche bei Coblenz ans rechte Rheinufer zurückgegangen war und
schon am 2. Dez. 1792 die Franzosen wieder aus Frankfurt vertrieben hatte,
concentrirte sich bei Bacharach; eine dritte Armee unter Wurmser, 30000 M.
stark, ward auf dem oberrheinischen Kriegstheater bei Heidelberg znsammen-
LezogM. Holländer und Engländer schickten sich an, etwaige glückliche Ope¬
rationen der Armee Coburgs zu unterstützen und um der Seeküste entlang in
Frankreich einzufallen. Anfangs Mürz eröffnete Coburg seine Operationen
von der Erst her. Die Franzosen unter Vnlence räumten ihre Stellungen an
der Noer, ohne auch nur Widerstand zu versuchen, und flohen in einem Striche
bis nach Löwen; da mußte Dumouriez sein glücklich begonnenes Unternehmen
^"in Holland aufgeben. Er eilte zur Armee, sammelte von dieser wieder


Grenzboten IV. 1859. 34

rale, welche, wie gewöhnlich, alles festhalten wollten, um dann alles zu verlieren,
bewirkte, daß die Oestreichs bei Jemappes vor Mons am 6. November der
Armee von Dumouriez nicht mehr als 14000 M. entgegenstellen konnten.
Nach Verlust der Schlacht von Jemappes wichen die Oestreicher hinter die Noer
und Erst, gegen Cöln zurück, mit ihrem äußersten linken Flügel unter dem Fürsten
Hohenlohe von Thionville hinter die Saar. Dumouriez folgte der östreichischen
Hauptarmee bis an die Noer, auf dem rechten Flügel der Franzosen ging Beurnon-
ville, nunmehr Chef der Moselarmee, Hohenlohe folgend gegen die Saar vor.
Custine drang über Speier weiter nordwärts und besehe die Bischofsstadt
Mainz, welche ihm ohne Widerstand überliefert ward, am 22. Oktober; von
dort warf er ein Detachement nach Frankfurt. Dumouriez getraute sich, ins¬
besondere im Winter, nicht, seinen Sieg über die Noer hinaus gegen den
Rhein hin und vielleicht im Glücksfälle über diesen Fluß zu verfolgen, da
der Feind zumal noch immer die Linie des unteren Rheins — Holland —
besaß, von wo er in die linke Flanke und den Rücken der französischen Armee
auf deren Verbindungen vordrechen konnte. Dagegen schien es nützlich, daß
sich die Franzosen selbst Hollands bemächtigten, um jene mögliche Operativns-
linie dem Gegner zu nehmen und ihre eigne Basis gegen Deutschland zu erwei¬
tern, — und der Winter mit seinem Froste, welcher die Wasserhindernisse des
Landes aushob, schien gerade die rechte Zeit zu einem solchen Unternehmen.
Dumouriez ließ daher unter Valence an der Noer und unter Miranda
vor Mastricht zusammen 60000 M. stehn und brach mit 20000 M. in Hol¬
land ein, — am 17. Februar 1739. Da sich die Holländer den Franzosen
uicht abgeneigt zeigten, drang er glücklich vor.

Nun aber hatte die am 21. Jnnunr 1793 stattgefundene Hinrichtung
Ludwig des Sechzehnten der bereits gelockerten Koalition neue Kraft gege¬
ben und die Regierungen des ganzen übrigen Europa gegen Frankreich zu
den Waffen gerufen. Die alliirte Armee an der Erst, jetzt unter Coburg,
Ward aus 70000 M. gebracht; die preußische Armee unter dein Herzog von
Vraunschmeig, welche bei Coblenz ans rechte Rheinufer zurückgegangen war und
schon am 2. Dez. 1792 die Franzosen wieder aus Frankfurt vertrieben hatte,
concentrirte sich bei Bacharach; eine dritte Armee unter Wurmser, 30000 M.
stark, ward auf dem oberrheinischen Kriegstheater bei Heidelberg znsammen-
LezogM. Holländer und Engländer schickten sich an, etwaige glückliche Ope¬
rationen der Armee Coburgs zu unterstützen und um der Seeküste entlang in
Frankreich einzufallen. Anfangs Mürz eröffnete Coburg seine Operationen
von der Erst her. Die Franzosen unter Vnlence räumten ihre Stellungen an
der Noer, ohne auch nur Widerstand zu versuchen, und flohen in einem Striche
bis nach Löwen; da mußte Dumouriez sein glücklich begonnenes Unternehmen
^»in Holland aufgeben. Er eilte zur Armee, sammelte von dieser wieder


Grenzboten IV. 1859. 34
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[0277] rale, welche, wie gewöhnlich, alles festhalten wollten, um dann alles zu verlieren, bewirkte, daß die Oestreichs bei Jemappes vor Mons am 6. November der Armee von Dumouriez nicht mehr als 14000 M. entgegenstellen konnten. Nach Verlust der Schlacht von Jemappes wichen die Oestreicher hinter die Noer und Erst, gegen Cöln zurück, mit ihrem äußersten linken Flügel unter dem Fürsten Hohenlohe von Thionville hinter die Saar. Dumouriez folgte der östreichischen Hauptarmee bis an die Noer, auf dem rechten Flügel der Franzosen ging Beurnon- ville, nunmehr Chef der Moselarmee, Hohenlohe folgend gegen die Saar vor. Custine drang über Speier weiter nordwärts und besehe die Bischofsstadt Mainz, welche ihm ohne Widerstand überliefert ward, am 22. Oktober; von dort warf er ein Detachement nach Frankfurt. Dumouriez getraute sich, ins¬ besondere im Winter, nicht, seinen Sieg über die Noer hinaus gegen den Rhein hin und vielleicht im Glücksfälle über diesen Fluß zu verfolgen, da der Feind zumal noch immer die Linie des unteren Rheins — Holland — besaß, von wo er in die linke Flanke und den Rücken der französischen Armee auf deren Verbindungen vordrechen konnte. Dagegen schien es nützlich, daß sich die Franzosen selbst Hollands bemächtigten, um jene mögliche Operativns- linie dem Gegner zu nehmen und ihre eigne Basis gegen Deutschland zu erwei¬ tern, — und der Winter mit seinem Froste, welcher die Wasserhindernisse des Landes aushob, schien gerade die rechte Zeit zu einem solchen Unternehmen. Dumouriez ließ daher unter Valence an der Noer und unter Miranda vor Mastricht zusammen 60000 M. stehn und brach mit 20000 M. in Hol¬ land ein, — am 17. Februar 1739. Da sich die Holländer den Franzosen uicht abgeneigt zeigten, drang er glücklich vor. Nun aber hatte die am 21. Jnnunr 1793 stattgefundene Hinrichtung Ludwig des Sechzehnten der bereits gelockerten Koalition neue Kraft gege¬ ben und die Regierungen des ganzen übrigen Europa gegen Frankreich zu den Waffen gerufen. Die alliirte Armee an der Erst, jetzt unter Coburg, Ward aus 70000 M. gebracht; die preußische Armee unter dein Herzog von Vraunschmeig, welche bei Coblenz ans rechte Rheinufer zurückgegangen war und schon am 2. Dez. 1792 die Franzosen wieder aus Frankfurt vertrieben hatte, concentrirte sich bei Bacharach; eine dritte Armee unter Wurmser, 30000 M. stark, ward auf dem oberrheinischen Kriegstheater bei Heidelberg znsammen- LezogM. Holländer und Engländer schickten sich an, etwaige glückliche Ope¬ rationen der Armee Coburgs zu unterstützen und um der Seeküste entlang in Frankreich einzufallen. Anfangs Mürz eröffnete Coburg seine Operationen von der Erst her. Die Franzosen unter Vnlence räumten ihre Stellungen an der Noer, ohne auch nur Widerstand zu versuchen, und flohen in einem Striche bis nach Löwen; da mußte Dumouriez sein glücklich begonnenes Unternehmen ^»in Holland aufgeben. Er eilte zur Armee, sammelte von dieser wieder Grenzboten IV. 1859. 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/277>, abgerufen am 29.06.2024.