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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Anstalten schwierig. Die für die Hauptarmee gewählte Operationslinie, welche
blos geometrisch betrachtet höchst vortheilhaft erscheint, hatte übrigens bei
jeder Art der Verpflegung den großen und sehr zu beachtenden Nachtheil, daß
sie durch wenig fruchtbares und reiches Land führte. Der Herzog von Braun¬
schweig brach am 15. Juli 1792 von Coblenz auf, erreichte am 25 Juli die
französische Grenze, erließ hier sein berüchtigtes Manifest und, vertrieb am
19. August Luckner. der sich auf Metz zurückzog, aus dem Lager von Fontoy.
Von Coblenz bis Fontoy find in grader Linie zwanzig Meilen, vom 15. Juli
bis 19. August Z5 Tage -- die Franzosen hatten alle Aussicht Zeit zu gewinnen.
In der That machte der Herzog von Braunschweig nun erst Halt, um die
Festung Longwy auf seiner rechten Flanke wegzunehmen, welche am 24. August
cavit"tiree, darauf marschirte er auf Lerdun, das er am 2. September nahm.
Der Fürst Hohenlohe hatte am 8. August Landau eingeschlossen und ward
nun mit seinem Corps nach Thionville herangezogen, um diesen Platz zu be¬
lagern. Clerfayt, der mit dem Borrücken Braunschweigs gleichzeitig aus dem
Luxemburgischen vorgegangen war, schloß mit einem Theil seines Corps Mont-
mcdy ein, ging mit dem Nest nach Stenay vor und schob seine Avantgarde
ans linke Maasufer. Am 2. September waren also nicht blos Clerfayt,
sondern auch der Herzog von Braunschweig mit der Hauptarmee solide an
der Maas postirt. Doch vom 15. Juli bis zum 2. September sind schon
49 Tage. In der französischen Armee hatten die ersten Schritte der Alliirten
eine ziemliche Desorganisation hervorgebracht; doch der Zeitgewinn hatte Ge¬
legenheit gegeben, diese in ihren schädlichsten Wirkungen zu überwinden. Das
Manifest des Herzogs von Braunschweig hatte zu Paris am 10. August den
Sturm der Tuilerien und den Beschluß der Suspension des Königs zur Folge.
Der unbedeutende Lafayette, der immer nur daran dachte, eine Rolle zu spielen,
und den seine Eitelkeit trotz tausend Enttäuschungen immer wieder verführte,
zu glauben, daß er es auf jede ihm beliebige Weise könne, verließ darauf
seine Armee, um in Paris für Ludwig den Sechzehnten zu wirken, und floh,
da ihm dies nicht gelang, zu den Verbündeten. Vom 10. August ab waren
daher die Truppen bei Sedan und mit ihnen die andern Corps der Nord¬
armee ohne Oberbefehl. Als Clerfayt bei Stenay erschien verließ das Corps
von Sedan nach dem Rufe: wir sind umgangen! der allen jungen Truppen
geläufig und gefährlich ist, seine Stellung und war am 20. August nicht
blos in vollem Rückzug, sondern in wahrer Flucht auf den Straßen nach
Rheims und Chalons. als Dumouriez. an Lafayettes Stelle zum Oberbefehls¬
haber der Nordarmee und sämmtlicher Streitkräfte an der Nordostgrenze er¬
nannt, von Paris aus ihm begegnete, es sammelte und nach Sedan zurück¬
führte, wo er am 25. August eintraf. Hier kam bald die Nachricht von dem
Vorgehen des Herzogs von Braunschweig auf Verdun an und bestimmte Du-


Anstalten schwierig. Die für die Hauptarmee gewählte Operationslinie, welche
blos geometrisch betrachtet höchst vortheilhaft erscheint, hatte übrigens bei
jeder Art der Verpflegung den großen und sehr zu beachtenden Nachtheil, daß
sie durch wenig fruchtbares und reiches Land führte. Der Herzog von Braun¬
schweig brach am 15. Juli 1792 von Coblenz auf, erreichte am 25 Juli die
französische Grenze, erließ hier sein berüchtigtes Manifest und, vertrieb am
19. August Luckner. der sich auf Metz zurückzog, aus dem Lager von Fontoy.
Von Coblenz bis Fontoy find in grader Linie zwanzig Meilen, vom 15. Juli
bis 19. August Z5 Tage — die Franzosen hatten alle Aussicht Zeit zu gewinnen.
In der That machte der Herzog von Braunschweig nun erst Halt, um die
Festung Longwy auf seiner rechten Flanke wegzunehmen, welche am 24. August
cavit»tiree, darauf marschirte er auf Lerdun, das er am 2. September nahm.
Der Fürst Hohenlohe hatte am 8. August Landau eingeschlossen und ward
nun mit seinem Corps nach Thionville herangezogen, um diesen Platz zu be¬
lagern. Clerfayt, der mit dem Borrücken Braunschweigs gleichzeitig aus dem
Luxemburgischen vorgegangen war, schloß mit einem Theil seines Corps Mont-
mcdy ein, ging mit dem Nest nach Stenay vor und schob seine Avantgarde
ans linke Maasufer. Am 2. September waren also nicht blos Clerfayt,
sondern auch der Herzog von Braunschweig mit der Hauptarmee solide an
der Maas postirt. Doch vom 15. Juli bis zum 2. September sind schon
49 Tage. In der französischen Armee hatten die ersten Schritte der Alliirten
eine ziemliche Desorganisation hervorgebracht; doch der Zeitgewinn hatte Ge¬
legenheit gegeben, diese in ihren schädlichsten Wirkungen zu überwinden. Das
Manifest des Herzogs von Braunschweig hatte zu Paris am 10. August den
Sturm der Tuilerien und den Beschluß der Suspension des Königs zur Folge.
Der unbedeutende Lafayette, der immer nur daran dachte, eine Rolle zu spielen,
und den seine Eitelkeit trotz tausend Enttäuschungen immer wieder verführte,
zu glauben, daß er es auf jede ihm beliebige Weise könne, verließ darauf
seine Armee, um in Paris für Ludwig den Sechzehnten zu wirken, und floh,
da ihm dies nicht gelang, zu den Verbündeten. Vom 10. August ab waren
daher die Truppen bei Sedan und mit ihnen die andern Corps der Nord¬
armee ohne Oberbefehl. Als Clerfayt bei Stenay erschien verließ das Corps
von Sedan nach dem Rufe: wir sind umgangen! der allen jungen Truppen
geläufig und gefährlich ist, seine Stellung und war am 20. August nicht
blos in vollem Rückzug, sondern in wahrer Flucht auf den Straßen nach
Rheims und Chalons. als Dumouriez. an Lafayettes Stelle zum Oberbefehls¬
haber der Nordarmee und sämmtlicher Streitkräfte an der Nordostgrenze er¬
nannt, von Paris aus ihm begegnete, es sammelte und nach Sedan zurück¬
führte, wo er am 25. August eintraf. Hier kam bald die Nachricht von dem
Vorgehen des Herzogs von Braunschweig auf Verdun an und bestimmte Du-


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[0274] Anstalten schwierig. Die für die Hauptarmee gewählte Operationslinie, welche blos geometrisch betrachtet höchst vortheilhaft erscheint, hatte übrigens bei jeder Art der Verpflegung den großen und sehr zu beachtenden Nachtheil, daß sie durch wenig fruchtbares und reiches Land führte. Der Herzog von Braun¬ schweig brach am 15. Juli 1792 von Coblenz auf, erreichte am 25 Juli die französische Grenze, erließ hier sein berüchtigtes Manifest und, vertrieb am 19. August Luckner. der sich auf Metz zurückzog, aus dem Lager von Fontoy. Von Coblenz bis Fontoy find in grader Linie zwanzig Meilen, vom 15. Juli bis 19. August Z5 Tage — die Franzosen hatten alle Aussicht Zeit zu gewinnen. In der That machte der Herzog von Braunschweig nun erst Halt, um die Festung Longwy auf seiner rechten Flanke wegzunehmen, welche am 24. August cavit»tiree, darauf marschirte er auf Lerdun, das er am 2. September nahm. Der Fürst Hohenlohe hatte am 8. August Landau eingeschlossen und ward nun mit seinem Corps nach Thionville herangezogen, um diesen Platz zu be¬ lagern. Clerfayt, der mit dem Borrücken Braunschweigs gleichzeitig aus dem Luxemburgischen vorgegangen war, schloß mit einem Theil seines Corps Mont- mcdy ein, ging mit dem Nest nach Stenay vor und schob seine Avantgarde ans linke Maasufer. Am 2. September waren also nicht blos Clerfayt, sondern auch der Herzog von Braunschweig mit der Hauptarmee solide an der Maas postirt. Doch vom 15. Juli bis zum 2. September sind schon 49 Tage. In der französischen Armee hatten die ersten Schritte der Alliirten eine ziemliche Desorganisation hervorgebracht; doch der Zeitgewinn hatte Ge¬ legenheit gegeben, diese in ihren schädlichsten Wirkungen zu überwinden. Das Manifest des Herzogs von Braunschweig hatte zu Paris am 10. August den Sturm der Tuilerien und den Beschluß der Suspension des Königs zur Folge. Der unbedeutende Lafayette, der immer nur daran dachte, eine Rolle zu spielen, und den seine Eitelkeit trotz tausend Enttäuschungen immer wieder verführte, zu glauben, daß er es auf jede ihm beliebige Weise könne, verließ darauf seine Armee, um in Paris für Ludwig den Sechzehnten zu wirken, und floh, da ihm dies nicht gelang, zu den Verbündeten. Vom 10. August ab waren daher die Truppen bei Sedan und mit ihnen die andern Corps der Nord¬ armee ohne Oberbefehl. Als Clerfayt bei Stenay erschien verließ das Corps von Sedan nach dem Rufe: wir sind umgangen! der allen jungen Truppen geläufig und gefährlich ist, seine Stellung und war am 20. August nicht blos in vollem Rückzug, sondern in wahrer Flucht auf den Straßen nach Rheims und Chalons. als Dumouriez. an Lafayettes Stelle zum Oberbefehls¬ haber der Nordarmee und sämmtlicher Streitkräfte an der Nordostgrenze er¬ nannt, von Paris aus ihm begegnete, es sammelte und nach Sedan zurück¬ führte, wo er am 25. August eintraf. Hier kam bald die Nachricht von dem Vorgehen des Herzogs von Braunschweig auf Verdun an und bestimmte Du-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/274>, abgerufen am 28.09.2024.