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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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seiner Basis demnächst eine Vereinbarung zu Stande kommt. Hat doch kürz¬
lich sogar ein hoher Steuerbeamtcr dasselbe vertheidigt, womit er freilich nur be¬
wies, daß er nicht über die Einnnhmcsummen auf dem Papier hinaus zu
sehen vermag, aber dennoch ein verführendes Beispiel gab. Wenn nun
weiter ein förmlicher Grenzzolltarif für Mecklenburg ausgearbeitet ist (aus
welchem wir einzelne Ansähe nach dem Ares. s. Landest. 18S9 S. 469 hier
geben: pro Zollcentn. von 100 Pfd. entrichten: Kaffee ZK öd.. Raffinade
24 öd., Rohzucker 8 öd., Syrup 4 öd., fabric. Rauchtabak 2 Thlr.. Blätter¬
tabak 1 Thlr., Cigarren und Schnupftabak 4 Thlr., Reis 4 öd., Stangcn-
eisen 2 öd., Talg 12 öd.. Salz 2 öd.. Bier 12 öd., Glaswaaren 2 Thlr..
Seiden- und Wollenwaaren 4 Thlr. u. s. w.), so ist in dieser Abgabe
in rein siscalischer Hinsicht -- abgesehen also von den Verfassungsver¬
hältnissen -- doch nichts anderes zu erkennen, als eine Modifikation des
Zollvereinstarifs, der, wenn man das Präcipuum und die jetzt wahrscheinlich
zu erreichenden Erleichterungen in der Einfuhr bestimmter Artikel mit veran¬
schlagt, annähernd das gleiche Resultat geben würde. Aber dies annähernd
gleiche Resultat würde Mecklenburg in diesem Fall nur durch eine theure Grcnz-
bewachnng, durch seine Jsolirung und deren Folgen erreichen, wofür man
dann freilich die Genugthuung hätte, die Verfassung für den Augenblick ge¬
rettet zu haben. -- Es ist uns gradezu unbegreiflich, wie der auf einer treff¬
lichen Basis, Capital und Nhcderei. ruhende Handel den Gedanken eines Grcnz-
abschlusses zu fassen vermag in einer Zeit, wo überall der Handel seine Netze
über die ganze Welt zu spinnen strebt. Er dürfte solches bald bitter bereuen. --

Die Reform der mecklenburgischen Abgabenverhältnisse dreht sich um die
Punkte, welche wir hier hervorgehoben haben. Gegenwärtig steht demnach
Dreierlei zur Frage, nämlich

1) Die Beibehaltung des Bestehenden, welches drückend und unzweck¬
mäßig ist,

2. die Modification desselben vermittelst eines fiscalischen Grenzzolles,
dessen Höhe noch unentschieden ist. und

3. Der Anschluß an den deutschen Zollverein.

Ein Viertes ist nicht wohl denkbar. Wir haben die ersten beiden Punkte
der Betrachtung unterzogen und werden jetzt auch die Eventualitäten des letz¬
tem berücksichtigen müssen. Dies soll im Nachstehenden geschehen, wobei wir
vorläufig das noch hervorheben, daß bei unsrer Untersuchung einzig die finan¬
ziellen Verhältnisse berücksichtigt werden sollen, um welche es sich hier allein
handeln kann.




seiner Basis demnächst eine Vereinbarung zu Stande kommt. Hat doch kürz¬
lich sogar ein hoher Steuerbeamtcr dasselbe vertheidigt, womit er freilich nur be¬
wies, daß er nicht über die Einnnhmcsummen auf dem Papier hinaus zu
sehen vermag, aber dennoch ein verführendes Beispiel gab. Wenn nun
weiter ein förmlicher Grenzzolltarif für Mecklenburg ausgearbeitet ist (aus
welchem wir einzelne Ansähe nach dem Ares. s. Landest. 18S9 S. 469 hier
geben: pro Zollcentn. von 100 Pfd. entrichten: Kaffee ZK öd.. Raffinade
24 öd., Rohzucker 8 öd., Syrup 4 öd., fabric. Rauchtabak 2 Thlr.. Blätter¬
tabak 1 Thlr., Cigarren und Schnupftabak 4 Thlr., Reis 4 öd., Stangcn-
eisen 2 öd., Talg 12 öd.. Salz 2 öd.. Bier 12 öd., Glaswaaren 2 Thlr..
Seiden- und Wollenwaaren 4 Thlr. u. s. w.), so ist in dieser Abgabe
in rein siscalischer Hinsicht — abgesehen also von den Verfassungsver¬
hältnissen — doch nichts anderes zu erkennen, als eine Modifikation des
Zollvereinstarifs, der, wenn man das Präcipuum und die jetzt wahrscheinlich
zu erreichenden Erleichterungen in der Einfuhr bestimmter Artikel mit veran¬
schlagt, annähernd das gleiche Resultat geben würde. Aber dies annähernd
gleiche Resultat würde Mecklenburg in diesem Fall nur durch eine theure Grcnz-
bewachnng, durch seine Jsolirung und deren Folgen erreichen, wofür man
dann freilich die Genugthuung hätte, die Verfassung für den Augenblick ge¬
rettet zu haben. — Es ist uns gradezu unbegreiflich, wie der auf einer treff¬
lichen Basis, Capital und Nhcderei. ruhende Handel den Gedanken eines Grcnz-
abschlusses zu fassen vermag in einer Zeit, wo überall der Handel seine Netze
über die ganze Welt zu spinnen strebt. Er dürfte solches bald bitter bereuen. —

Die Reform der mecklenburgischen Abgabenverhältnisse dreht sich um die
Punkte, welche wir hier hervorgehoben haben. Gegenwärtig steht demnach
Dreierlei zur Frage, nämlich

1) Die Beibehaltung des Bestehenden, welches drückend und unzweck¬
mäßig ist,

2. die Modification desselben vermittelst eines fiscalischen Grenzzolles,
dessen Höhe noch unentschieden ist. und

3. Der Anschluß an den deutschen Zollverein.

Ein Viertes ist nicht wohl denkbar. Wir haben die ersten beiden Punkte
der Betrachtung unterzogen und werden jetzt auch die Eventualitäten des letz¬
tem berücksichtigen müssen. Dies soll im Nachstehenden geschehen, wobei wir
vorläufig das noch hervorheben, daß bei unsrer Untersuchung einzig die finan¬
ziellen Verhältnisse berücksichtigt werden sollen, um welche es sich hier allein
handeln kann.




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[0272] seiner Basis demnächst eine Vereinbarung zu Stande kommt. Hat doch kürz¬ lich sogar ein hoher Steuerbeamtcr dasselbe vertheidigt, womit er freilich nur be¬ wies, daß er nicht über die Einnnhmcsummen auf dem Papier hinaus zu sehen vermag, aber dennoch ein verführendes Beispiel gab. Wenn nun weiter ein förmlicher Grenzzolltarif für Mecklenburg ausgearbeitet ist (aus welchem wir einzelne Ansähe nach dem Ares. s. Landest. 18S9 S. 469 hier geben: pro Zollcentn. von 100 Pfd. entrichten: Kaffee ZK öd.. Raffinade 24 öd., Rohzucker 8 öd., Syrup 4 öd., fabric. Rauchtabak 2 Thlr.. Blätter¬ tabak 1 Thlr., Cigarren und Schnupftabak 4 Thlr., Reis 4 öd., Stangcn- eisen 2 öd., Talg 12 öd.. Salz 2 öd.. Bier 12 öd., Glaswaaren 2 Thlr.. Seiden- und Wollenwaaren 4 Thlr. u. s. w.), so ist in dieser Abgabe in rein siscalischer Hinsicht — abgesehen also von den Verfassungsver¬ hältnissen — doch nichts anderes zu erkennen, als eine Modifikation des Zollvereinstarifs, der, wenn man das Präcipuum und die jetzt wahrscheinlich zu erreichenden Erleichterungen in der Einfuhr bestimmter Artikel mit veran¬ schlagt, annähernd das gleiche Resultat geben würde. Aber dies annähernd gleiche Resultat würde Mecklenburg in diesem Fall nur durch eine theure Grcnz- bewachnng, durch seine Jsolirung und deren Folgen erreichen, wofür man dann freilich die Genugthuung hätte, die Verfassung für den Augenblick ge¬ rettet zu haben. — Es ist uns gradezu unbegreiflich, wie der auf einer treff¬ lichen Basis, Capital und Nhcderei. ruhende Handel den Gedanken eines Grcnz- abschlusses zu fassen vermag in einer Zeit, wo überall der Handel seine Netze über die ganze Welt zu spinnen strebt. Er dürfte solches bald bitter bereuen. — Die Reform der mecklenburgischen Abgabenverhältnisse dreht sich um die Punkte, welche wir hier hervorgehoben haben. Gegenwärtig steht demnach Dreierlei zur Frage, nämlich 1) Die Beibehaltung des Bestehenden, welches drückend und unzweck¬ mäßig ist, 2. die Modification desselben vermittelst eines fiscalischen Grenzzolles, dessen Höhe noch unentschieden ist. und 3. Der Anschluß an den deutschen Zollverein. Ein Viertes ist nicht wohl denkbar. Wir haben die ersten beiden Punkte der Betrachtung unterzogen und werden jetzt auch die Eventualitäten des letz¬ tem berücksichtigen müssen. Dies soll im Nachstehenden geschehen, wobei wir vorläufig das noch hervorheben, daß bei unsrer Untersuchung einzig die finan¬ ziellen Verhältnisse berücksichtigt werden sollen, um welche es sich hier allein handeln kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/272>, abgerufen am 29.06.2024.