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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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"und heute noch Schwierigkeiten existiren. Nun könnte man sich denken, daß
l'es zu Antwerpen eine combinirte Armee von Belgiern. Holländern und Eng¬
ländern versammelt, deren Ansammlung die Lage Antwerpens am meisten be¬
günstigen würde, während dabei auch die englische Flotte in eine unmittelbar
nützliche Thätigkeit treten könnte, da natürlich eine etwa von den Franzosen
beabsichtigte Einschließung Antwerpens nur unter Mitwirkung der französischen
Flotte zu bewerkstelligen wäre. Die gesammte combinirte Landarmee, welche
wie Wahrscheinlichkeit von England. Belgien und Holland in Antwerpen zu
concentriren wäre, darf man unter den obwaltenden Umständen schwerlich auf
wehr als 120000 M. anschlagen. Die Hauptaufgabe zu Lande bliebe dem¬
nach Preußen aufbehalten. Für jede preußische Armee, welche in Belgien zur
Unterstützung dieses Landes einrückt, führt der Weg über Lüttich und Namur.
Sobald die preußische Armee Lüttich gewonnen Hütte, würden die Franzosen
Wit zwei verbündeten Heeren zu thun haben: dem alliirten bei Antwerpen, dem
preußischen bei Lüttich; eines ist von dem andern vierzehn Meilen, also nur
drei bis vier Stunden Eisenbahnfahrt entfernt; eine gegenseitige Verstärkung
'se daher vollkommen möglich und kaun in ziemlich kurzer Zeit bewerkstelligt
werden. Es kommt hierbei nur eins in Betracht. Sobald es den Franzosen
gelingt, vor der Ankunft der Preußen bei Lüttich die Eisenbahn zwischen die¬
sem und Mecheln zu gewinnen, können sie diese unterbrechen und damit die
Verbindung zwischen den beiden Armeen wenigstens sehr erschweren. Daraus
folgt für die preußische Armee, daß sie Lüttich und mit der Avantgarde Namur
s° rasch als möglich gewinnen muß und daß die belgische Feldarmee nicht
von Anbeginn sich bei Antwerpen, sondern an der Südgrenze etwa bei Mons
in concentriren hat, um sich von dort erst allmälig auf Antwerpen zurückzu¬
gehen und dabei den Franzosen soviel Aufenthalt als möglich zu bereiten,
während die Holländer und Engländer Antwerpen, die Preußen Lüttich gewinnen.
beiden verbündeten Heere, das combinirte und das preußische, würden
^ließUch in dasselbe Verhältniß zu einander treten, wie 1815 die Armee
Wellingtons und Blüchers. Daß sie einem gemeinsamen Oberbefehl unterge¬
ordnet würden, wäre im höchsten Maße wünschenswert!). Dieser Oberbefehl
5e!e von Rechtswegen Preußen zu, als dem Staate, der die meiste Truppen-
kraft herbeibrachte. Da man aber weiß, wie schwer dergleichen Verhältnisse
^ im Augenblick reguliren lassen, so sieht man auch ein. daß eine Vorberei¬
tn", auf die Sache durch Abschlüsse von Bündnissen mit Belgien und Hol-
land sehr nützlich wäre. England würde in diesem Falle gezwungen sein, sich
das Unvermeidliche zu fügen und könnte dies um so mehr, da ihm der
Oberbefehl zur See unbestritten bliebe. Unter den wahrscheinlichen Verhält¬
nissen und bei vernünftiger Benutzung derselben ist daher Antwerpen sicher kein
^l gewählter Puukt für den Rückzug der belgischen Armee. Sehr zu our-


"und heute noch Schwierigkeiten existiren. Nun könnte man sich denken, daß
l'es zu Antwerpen eine combinirte Armee von Belgiern. Holländern und Eng¬
ländern versammelt, deren Ansammlung die Lage Antwerpens am meisten be¬
günstigen würde, während dabei auch die englische Flotte in eine unmittelbar
nützliche Thätigkeit treten könnte, da natürlich eine etwa von den Franzosen
beabsichtigte Einschließung Antwerpens nur unter Mitwirkung der französischen
Flotte zu bewerkstelligen wäre. Die gesammte combinirte Landarmee, welche
wie Wahrscheinlichkeit von England. Belgien und Holland in Antwerpen zu
concentriren wäre, darf man unter den obwaltenden Umständen schwerlich auf
wehr als 120000 M. anschlagen. Die Hauptaufgabe zu Lande bliebe dem¬
nach Preußen aufbehalten. Für jede preußische Armee, welche in Belgien zur
Unterstützung dieses Landes einrückt, führt der Weg über Lüttich und Namur.
Sobald die preußische Armee Lüttich gewonnen Hütte, würden die Franzosen
Wit zwei verbündeten Heeren zu thun haben: dem alliirten bei Antwerpen, dem
preußischen bei Lüttich; eines ist von dem andern vierzehn Meilen, also nur
drei bis vier Stunden Eisenbahnfahrt entfernt; eine gegenseitige Verstärkung
'se daher vollkommen möglich und kaun in ziemlich kurzer Zeit bewerkstelligt
werden. Es kommt hierbei nur eins in Betracht. Sobald es den Franzosen
gelingt, vor der Ankunft der Preußen bei Lüttich die Eisenbahn zwischen die¬
sem und Mecheln zu gewinnen, können sie diese unterbrechen und damit die
Verbindung zwischen den beiden Armeen wenigstens sehr erschweren. Daraus
folgt für die preußische Armee, daß sie Lüttich und mit der Avantgarde Namur
s° rasch als möglich gewinnen muß und daß die belgische Feldarmee nicht
von Anbeginn sich bei Antwerpen, sondern an der Südgrenze etwa bei Mons
in concentriren hat, um sich von dort erst allmälig auf Antwerpen zurückzu¬
gehen und dabei den Franzosen soviel Aufenthalt als möglich zu bereiten,
während die Holländer und Engländer Antwerpen, die Preußen Lüttich gewinnen.
beiden verbündeten Heere, das combinirte und das preußische, würden
^ließUch in dasselbe Verhältniß zu einander treten, wie 1815 die Armee
Wellingtons und Blüchers. Daß sie einem gemeinsamen Oberbefehl unterge¬
ordnet würden, wäre im höchsten Maße wünschenswert!). Dieser Oberbefehl
5e!e von Rechtswegen Preußen zu, als dem Staate, der die meiste Truppen-
kraft herbeibrachte. Da man aber weiß, wie schwer dergleichen Verhältnisse
^ im Augenblick reguliren lassen, so sieht man auch ein. daß eine Vorberei¬
tn», auf die Sache durch Abschlüsse von Bündnissen mit Belgien und Hol-
land sehr nützlich wäre. England würde in diesem Falle gezwungen sein, sich
das Unvermeidliche zu fügen und könnte dies um so mehr, da ihm der
Oberbefehl zur See unbestritten bliebe. Unter den wahrscheinlichen Verhält¬
nissen und bei vernünftiger Benutzung derselben ist daher Antwerpen sicher kein
^l gewählter Puukt für den Rückzug der belgischen Armee. Sehr zu our-


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[0233] "und heute noch Schwierigkeiten existiren. Nun könnte man sich denken, daß l'es zu Antwerpen eine combinirte Armee von Belgiern. Holländern und Eng¬ ländern versammelt, deren Ansammlung die Lage Antwerpens am meisten be¬ günstigen würde, während dabei auch die englische Flotte in eine unmittelbar nützliche Thätigkeit treten könnte, da natürlich eine etwa von den Franzosen beabsichtigte Einschließung Antwerpens nur unter Mitwirkung der französischen Flotte zu bewerkstelligen wäre. Die gesammte combinirte Landarmee, welche wie Wahrscheinlichkeit von England. Belgien und Holland in Antwerpen zu concentriren wäre, darf man unter den obwaltenden Umständen schwerlich auf wehr als 120000 M. anschlagen. Die Hauptaufgabe zu Lande bliebe dem¬ nach Preußen aufbehalten. Für jede preußische Armee, welche in Belgien zur Unterstützung dieses Landes einrückt, führt der Weg über Lüttich und Namur. Sobald die preußische Armee Lüttich gewonnen Hütte, würden die Franzosen Wit zwei verbündeten Heeren zu thun haben: dem alliirten bei Antwerpen, dem preußischen bei Lüttich; eines ist von dem andern vierzehn Meilen, also nur drei bis vier Stunden Eisenbahnfahrt entfernt; eine gegenseitige Verstärkung 'se daher vollkommen möglich und kaun in ziemlich kurzer Zeit bewerkstelligt werden. Es kommt hierbei nur eins in Betracht. Sobald es den Franzosen gelingt, vor der Ankunft der Preußen bei Lüttich die Eisenbahn zwischen die¬ sem und Mecheln zu gewinnen, können sie diese unterbrechen und damit die Verbindung zwischen den beiden Armeen wenigstens sehr erschweren. Daraus folgt für die preußische Armee, daß sie Lüttich und mit der Avantgarde Namur s° rasch als möglich gewinnen muß und daß die belgische Feldarmee nicht von Anbeginn sich bei Antwerpen, sondern an der Südgrenze etwa bei Mons in concentriren hat, um sich von dort erst allmälig auf Antwerpen zurückzu¬ gehen und dabei den Franzosen soviel Aufenthalt als möglich zu bereiten, während die Holländer und Engländer Antwerpen, die Preußen Lüttich gewinnen. beiden verbündeten Heere, das combinirte und das preußische, würden ^ließUch in dasselbe Verhältniß zu einander treten, wie 1815 die Armee Wellingtons und Blüchers. Daß sie einem gemeinsamen Oberbefehl unterge¬ ordnet würden, wäre im höchsten Maße wünschenswert!). Dieser Oberbefehl 5e!e von Rechtswegen Preußen zu, als dem Staate, der die meiste Truppen- kraft herbeibrachte. Da man aber weiß, wie schwer dergleichen Verhältnisse ^ im Augenblick reguliren lassen, so sieht man auch ein. daß eine Vorberei¬ tn», auf die Sache durch Abschlüsse von Bündnissen mit Belgien und Hol- land sehr nützlich wäre. England würde in diesem Falle gezwungen sein, sich das Unvermeidliche zu fügen und könnte dies um so mehr, da ihm der Oberbefehl zur See unbestritten bliebe. Unter den wahrscheinlichen Verhält¬ nissen und bei vernünftiger Benutzung derselben ist daher Antwerpen sicher kein ^l gewählter Puukt für den Rückzug der belgischen Armee. Sehr zu our-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/233>, abgerufen am 28.09.2024.