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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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sich von selbst, daß ihre Richtungen vielfach mit denjenigen der andern
Hauptstraßen zusammenfallen werden. Wo das nicht der Fall ist. bilden
die größeren Kunststraßen gute Verbindungen zwischen den einzelnen Eisen¬
bahnzweigen. Die große Bevölkerung des Landes hat zur Folge, daß auch
Kreis- und Gcmeindestraßen in großer Zahl vorhanden und gut unter¬
halten sind; in dem nördlichen niederen Theile laufen die Straßen meist auf
den Deichen entlang, welche die Kanäle begleiten, wie es auch in Holland
der Fall ist.

Keine natürliche Grenze scheidet Belgien von Frankreich; im Gegentheil
haben wir gesehen, daß tue Wasserscheide, welche Belgien ihre Flüsse zusendet.
M Frankreich selbst liegt, so daß das nördliche Frankreich und das südliche
Belgien auch in der natürlichen Beschaffenheit des Terrains und der Cultur
große Aehnlichkeit mit einander haben. Zahlreiche Festungen liegen dagegen
der französischen Grenze zu; in erster^Linie Nieuport. Tournay. Mons. Char-
leroi und Marienbourg. in zweiter Linie Ostende. Oudenaerden. Gent, Namur
und Lüttich; in dritter Linie Antwerpen und Hasselt. Nieuport und Ostende
sind zugleich Seeplätze. Die Mehrzahl dieser Festungen sind unbedeutend in
Kezug auf ihre Stärke. Bedenkt man. daß ihre Unterhaltung sehr bedeutende
Kosten erfordern, daß ihre Herstellung auf einen gehörigen Fuß noch mehr
Kosten machen, ihre Besetzung im Kriege sehr bedeutende Theile der mobilen
Streitkräfte Belgiens verschlingen würde, so scheint es. daß diese Menge von
Festungen der Vertheidigung des Landes eher Schaden als Nutzen bringen
'Nüsse. In der That hat man auch in neuerer Zeit allmälig manche Plätze
^ denn ihre ursprüngliche Zahl war noch weit größer, als die oben an¬
geführte -- gänzlich aufgegeben; aber erst seit kurzem ist man auf die Idee
gekommen, die ganze Vertheidigung des Landes aus einen Centralplatz zu
basiren. Man hat für diesen Antwerpen gewählt. Die reguläre belgische
Armee, welche in ihren wesentlichen Einrichtungen dem französischen Muster
"ansgebildet ist, soll auf dem Kriegsfuße 100,000 Mann zählen. Man rech¬
et, daß davon 40000 Mann verwendet werden müssen, um in Verbindung
Mit der Nationalgarde die festen Plätze des Landes zu besetzen. Es bleiben
dann noch 60000 Mann für die Verwendung im freien Felde übrig. 60000
Soldaten sind eine schöne Verstärkung für ein größeres Heer, welches Belgien
iur Hülfe gesendet würde; aber sie können sich unmöglich allein einer überlegenen
Annee gegenüber im freien Felde behaupten, wie sie z. B. Frankreich ohne
Mühe in kurzer Zeit gegen Belgien aussenden könnte, zumal, wie wir sahen,
^'n großes natürliches Hinderniß die belgische Grenze verstärkt, vielmehr im
Gegentheil Belgien nur als die natürliche Fortsetzung des nördlichen Frank-
^ichs erscheint. Die verfügbare Feldarmee würde daher das freie Feld bald
^"unen müssen. Sie könnte sich dann in die einzelnen Plätze der Grenze


Attnzbotm IV. 1659. 28

sich von selbst, daß ihre Richtungen vielfach mit denjenigen der andern
Hauptstraßen zusammenfallen werden. Wo das nicht der Fall ist. bilden
die größeren Kunststraßen gute Verbindungen zwischen den einzelnen Eisen¬
bahnzweigen. Die große Bevölkerung des Landes hat zur Folge, daß auch
Kreis- und Gcmeindestraßen in großer Zahl vorhanden und gut unter¬
halten sind; in dem nördlichen niederen Theile laufen die Straßen meist auf
den Deichen entlang, welche die Kanäle begleiten, wie es auch in Holland
der Fall ist.

Keine natürliche Grenze scheidet Belgien von Frankreich; im Gegentheil
haben wir gesehen, daß tue Wasserscheide, welche Belgien ihre Flüsse zusendet.
M Frankreich selbst liegt, so daß das nördliche Frankreich und das südliche
Belgien auch in der natürlichen Beschaffenheit des Terrains und der Cultur
große Aehnlichkeit mit einander haben. Zahlreiche Festungen liegen dagegen
der französischen Grenze zu; in erster^Linie Nieuport. Tournay. Mons. Char-
leroi und Marienbourg. in zweiter Linie Ostende. Oudenaerden. Gent, Namur
und Lüttich; in dritter Linie Antwerpen und Hasselt. Nieuport und Ostende
sind zugleich Seeplätze. Die Mehrzahl dieser Festungen sind unbedeutend in
Kezug auf ihre Stärke. Bedenkt man. daß ihre Unterhaltung sehr bedeutende
Kosten erfordern, daß ihre Herstellung auf einen gehörigen Fuß noch mehr
Kosten machen, ihre Besetzung im Kriege sehr bedeutende Theile der mobilen
Streitkräfte Belgiens verschlingen würde, so scheint es. daß diese Menge von
Festungen der Vertheidigung des Landes eher Schaden als Nutzen bringen
'Nüsse. In der That hat man auch in neuerer Zeit allmälig manche Plätze
^ denn ihre ursprüngliche Zahl war noch weit größer, als die oben an¬
geführte — gänzlich aufgegeben; aber erst seit kurzem ist man auf die Idee
gekommen, die ganze Vertheidigung des Landes aus einen Centralplatz zu
basiren. Man hat für diesen Antwerpen gewählt. Die reguläre belgische
Armee, welche in ihren wesentlichen Einrichtungen dem französischen Muster
"ansgebildet ist, soll auf dem Kriegsfuße 100,000 Mann zählen. Man rech¬
et, daß davon 40000 Mann verwendet werden müssen, um in Verbindung
Mit der Nationalgarde die festen Plätze des Landes zu besetzen. Es bleiben
dann noch 60000 Mann für die Verwendung im freien Felde übrig. 60000
Soldaten sind eine schöne Verstärkung für ein größeres Heer, welches Belgien
iur Hülfe gesendet würde; aber sie können sich unmöglich allein einer überlegenen
Annee gegenüber im freien Felde behaupten, wie sie z. B. Frankreich ohne
Mühe in kurzer Zeit gegen Belgien aussenden könnte, zumal, wie wir sahen,
^'n großes natürliches Hinderniß die belgische Grenze verstärkt, vielmehr im
Gegentheil Belgien nur als die natürliche Fortsetzung des nördlichen Frank-
^ichs erscheint. Die verfügbare Feldarmee würde daher das freie Feld bald
^"unen müssen. Sie könnte sich dann in die einzelnen Plätze der Grenze


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[0229] sich von selbst, daß ihre Richtungen vielfach mit denjenigen der andern Hauptstraßen zusammenfallen werden. Wo das nicht der Fall ist. bilden die größeren Kunststraßen gute Verbindungen zwischen den einzelnen Eisen¬ bahnzweigen. Die große Bevölkerung des Landes hat zur Folge, daß auch Kreis- und Gcmeindestraßen in großer Zahl vorhanden und gut unter¬ halten sind; in dem nördlichen niederen Theile laufen die Straßen meist auf den Deichen entlang, welche die Kanäle begleiten, wie es auch in Holland der Fall ist. Keine natürliche Grenze scheidet Belgien von Frankreich; im Gegentheil haben wir gesehen, daß tue Wasserscheide, welche Belgien ihre Flüsse zusendet. M Frankreich selbst liegt, so daß das nördliche Frankreich und das südliche Belgien auch in der natürlichen Beschaffenheit des Terrains und der Cultur große Aehnlichkeit mit einander haben. Zahlreiche Festungen liegen dagegen der französischen Grenze zu; in erster^Linie Nieuport. Tournay. Mons. Char- leroi und Marienbourg. in zweiter Linie Ostende. Oudenaerden. Gent, Namur und Lüttich; in dritter Linie Antwerpen und Hasselt. Nieuport und Ostende sind zugleich Seeplätze. Die Mehrzahl dieser Festungen sind unbedeutend in Kezug auf ihre Stärke. Bedenkt man. daß ihre Unterhaltung sehr bedeutende Kosten erfordern, daß ihre Herstellung auf einen gehörigen Fuß noch mehr Kosten machen, ihre Besetzung im Kriege sehr bedeutende Theile der mobilen Streitkräfte Belgiens verschlingen würde, so scheint es. daß diese Menge von Festungen der Vertheidigung des Landes eher Schaden als Nutzen bringen 'Nüsse. In der That hat man auch in neuerer Zeit allmälig manche Plätze ^ denn ihre ursprüngliche Zahl war noch weit größer, als die oben an¬ geführte — gänzlich aufgegeben; aber erst seit kurzem ist man auf die Idee gekommen, die ganze Vertheidigung des Landes aus einen Centralplatz zu basiren. Man hat für diesen Antwerpen gewählt. Die reguläre belgische Armee, welche in ihren wesentlichen Einrichtungen dem französischen Muster "ansgebildet ist, soll auf dem Kriegsfuße 100,000 Mann zählen. Man rech¬ et, daß davon 40000 Mann verwendet werden müssen, um in Verbindung Mit der Nationalgarde die festen Plätze des Landes zu besetzen. Es bleiben dann noch 60000 Mann für die Verwendung im freien Felde übrig. 60000 Soldaten sind eine schöne Verstärkung für ein größeres Heer, welches Belgien iur Hülfe gesendet würde; aber sie können sich unmöglich allein einer überlegenen Annee gegenüber im freien Felde behaupten, wie sie z. B. Frankreich ohne Mühe in kurzer Zeit gegen Belgien aussenden könnte, zumal, wie wir sahen, ^'n großes natürliches Hinderniß die belgische Grenze verstärkt, vielmehr im Gegentheil Belgien nur als die natürliche Fortsetzung des nördlichen Frank- ^ichs erscheint. Die verfügbare Feldarmee würde daher das freie Feld bald ^"unen müssen. Sie könnte sich dann in die einzelnen Plätze der Grenze Attnzbotm IV. 1659. 28

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/229>, abgerufen am 29.06.2024.