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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Kleinhändlers vermittelt, ein sehr gravirender Umstand. -- Dem Behag¬
en gegenüber dürfen wir wol darauf h'inweisen, daß möglichst freier Verkehr
une Lebensbedingung für gesunden Handel ist, und es wird sich wol ohne
Weiteres ergeben haben, warum der Handel der mecklenburgischen Seestädte
^artete und ihre Bedeutung für das Land jährlich sich mindert.

Diese Umstände werden dann weiter dadurch betrübend, daß sie auch die
k'rheinische Rhederei in hohem Grade betreffen. Rostocks frühere sehr wich¬
tige Handelsstellung gab die Veranlassung zum Wachsthum" der Rhederei
und es bildete sich dabei der Usus der sogenannten "Schisssparten", eine
^ctienunternehmung, nach welcher eine Anzahl Privatpersonen (32, 64, 128
U- s. w.) das Geld gab und jede dafür einen Antheil an Gewinn und Ver¬
lust erhielt. Dieser im Ganzen löbliche Gebrauch erleichterte, in Verbindung
u"t billigen Holzpreisen, den Schiffsbau sehr; günstige Conjuncturen kamen
^üher häufiger hinzu und so ist noch heute der Schiffsbau, trotz des sin¬
kenden Handels, ein bedeutender. Die natürliche Folge dieses verkehrten
Verhältnisses ist nun. daß die Schiffe Mecklenburgs in allen Häfen und
"us allen Meeren Fracht suchen und sich vom eigenen Lande entwöhnen. Die
Rhederei ist auf diese Weise einer Treibhauspflanze gleich geworden; für den
Augenblick noch am Leben, sogar blühend, liegt doch die Befürchtung nahe,
^ ein unerwarteter Luftzug ihr sehr gefährlich werden könne. Die Handels-
Bedeutung der mecklenburgischen Häfen liegt nämlich ohne Zweifel mehr nach
Skandinavien und Rußland, als nach der Nordsee hin, wenigstens ist in letz-
^'er Richtung eine Concurrenz 'mit Hamburg nur dann möglich, wenn jene
überlastet sind. Der Schiffsverkehr mit den nordischen Reichen ist be¬
hütend, das Bedürfniß eines Landes wie Mecklenburg an den Producten der¬
selben aber ist für die Zahl der Schiffe viel zu gering. Für die Hauptmasse
^ letzteren bleiben in Folge hiervon nur zwei Wege zur Beschäftigung:
^ daß sie für fremde Rechnung und 2) daß sie für die einheimischen Häfen
Zum Zwecke des Transithcmdcls durch Mecklenburg fahren.

Das Erstere geschieht, wie erwähnt wurde, in großem Umfange. Es ist
^Un aber leider nur ein kleiner Theil der hiesigen Schiffe von solcher Größe,
^" sie im Welthandel mit den Schiffen anderer Länder (Hamburg. Bremen
' ^ w.) concurriren können, und in Folge dessen wirft diese Art des Ver-
^s für ftemde Rheder nur geringe Vortheile ab, während sie die Gefahr
"ud die Assecuranzkosten (wegen der Kleinheit der Schiffe) vermehrt. Soweit
^end möglich, suchen deshalb die mecklenburgischen Schiffe für Rechnung der
^tseehäfen zu fahren und machen dabei auch ganz gute Geschäfte. Es ist
., ^ "icht zu verkennen, daß dies wieder auf die Rhederei der Ostseehäfen
^ besondere Stettins) nachtheilig drückt, und es bedarf nur einer unbedeuten-
^ Maßregel zu Gunsten dieser -- wie sie schon in Rede gestanden hat und die


Kleinhändlers vermittelt, ein sehr gravirender Umstand. — Dem Behag¬
en gegenüber dürfen wir wol darauf h'inweisen, daß möglichst freier Verkehr
une Lebensbedingung für gesunden Handel ist, und es wird sich wol ohne
Weiteres ergeben haben, warum der Handel der mecklenburgischen Seestädte
^artete und ihre Bedeutung für das Land jährlich sich mindert.

Diese Umstände werden dann weiter dadurch betrübend, daß sie auch die
k'rheinische Rhederei in hohem Grade betreffen. Rostocks frühere sehr wich¬
tige Handelsstellung gab die Veranlassung zum Wachsthum« der Rhederei
und es bildete sich dabei der Usus der sogenannten „Schisssparten", eine
^ctienunternehmung, nach welcher eine Anzahl Privatpersonen (32, 64, 128
U- s. w.) das Geld gab und jede dafür einen Antheil an Gewinn und Ver¬
lust erhielt. Dieser im Ganzen löbliche Gebrauch erleichterte, in Verbindung
u»t billigen Holzpreisen, den Schiffsbau sehr; günstige Conjuncturen kamen
^üher häufiger hinzu und so ist noch heute der Schiffsbau, trotz des sin¬
kenden Handels, ein bedeutender. Die natürliche Folge dieses verkehrten
Verhältnisses ist nun. daß die Schiffe Mecklenburgs in allen Häfen und
"us allen Meeren Fracht suchen und sich vom eigenen Lande entwöhnen. Die
Rhederei ist auf diese Weise einer Treibhauspflanze gleich geworden; für den
Augenblick noch am Leben, sogar blühend, liegt doch die Befürchtung nahe,
^ ein unerwarteter Luftzug ihr sehr gefährlich werden könne. Die Handels-
Bedeutung der mecklenburgischen Häfen liegt nämlich ohne Zweifel mehr nach
Skandinavien und Rußland, als nach der Nordsee hin, wenigstens ist in letz-
^'er Richtung eine Concurrenz 'mit Hamburg nur dann möglich, wenn jene
überlastet sind. Der Schiffsverkehr mit den nordischen Reichen ist be¬
hütend, das Bedürfniß eines Landes wie Mecklenburg an den Producten der¬
selben aber ist für die Zahl der Schiffe viel zu gering. Für die Hauptmasse
^ letzteren bleiben in Folge hiervon nur zwei Wege zur Beschäftigung:
^ daß sie für fremde Rechnung und 2) daß sie für die einheimischen Häfen
Zum Zwecke des Transithcmdcls durch Mecklenburg fahren.

Das Erstere geschieht, wie erwähnt wurde, in großem Umfange. Es ist
^Un aber leider nur ein kleiner Theil der hiesigen Schiffe von solcher Größe,
^» sie im Welthandel mit den Schiffen anderer Länder (Hamburg. Bremen
' ^ w.) concurriren können, und in Folge dessen wirft diese Art des Ver-
^s für ftemde Rheder nur geringe Vortheile ab, während sie die Gefahr
"ud die Assecuranzkosten (wegen der Kleinheit der Schiffe) vermehrt. Soweit
^end möglich, suchen deshalb die mecklenburgischen Schiffe für Rechnung der
^tseehäfen zu fahren und machen dabei auch ganz gute Geschäfte. Es ist
., ^ "icht zu verkennen, daß dies wieder auf die Rhederei der Ostseehäfen
^ besondere Stettins) nachtheilig drückt, und es bedarf nur einer unbedeuten-
^ Maßregel zu Gunsten dieser — wie sie schon in Rede gestanden hat und die


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[0219] Kleinhändlers vermittelt, ein sehr gravirender Umstand. — Dem Behag¬ en gegenüber dürfen wir wol darauf h'inweisen, daß möglichst freier Verkehr une Lebensbedingung für gesunden Handel ist, und es wird sich wol ohne Weiteres ergeben haben, warum der Handel der mecklenburgischen Seestädte ^artete und ihre Bedeutung für das Land jährlich sich mindert. Diese Umstände werden dann weiter dadurch betrübend, daß sie auch die k'rheinische Rhederei in hohem Grade betreffen. Rostocks frühere sehr wich¬ tige Handelsstellung gab die Veranlassung zum Wachsthum« der Rhederei und es bildete sich dabei der Usus der sogenannten „Schisssparten", eine ^ctienunternehmung, nach welcher eine Anzahl Privatpersonen (32, 64, 128 U- s. w.) das Geld gab und jede dafür einen Antheil an Gewinn und Ver¬ lust erhielt. Dieser im Ganzen löbliche Gebrauch erleichterte, in Verbindung u»t billigen Holzpreisen, den Schiffsbau sehr; günstige Conjuncturen kamen ^üher häufiger hinzu und so ist noch heute der Schiffsbau, trotz des sin¬ kenden Handels, ein bedeutender. Die natürliche Folge dieses verkehrten Verhältnisses ist nun. daß die Schiffe Mecklenburgs in allen Häfen und "us allen Meeren Fracht suchen und sich vom eigenen Lande entwöhnen. Die Rhederei ist auf diese Weise einer Treibhauspflanze gleich geworden; für den Augenblick noch am Leben, sogar blühend, liegt doch die Befürchtung nahe, ^ ein unerwarteter Luftzug ihr sehr gefährlich werden könne. Die Handels- Bedeutung der mecklenburgischen Häfen liegt nämlich ohne Zweifel mehr nach Skandinavien und Rußland, als nach der Nordsee hin, wenigstens ist in letz- ^'er Richtung eine Concurrenz 'mit Hamburg nur dann möglich, wenn jene überlastet sind. Der Schiffsverkehr mit den nordischen Reichen ist be¬ hütend, das Bedürfniß eines Landes wie Mecklenburg an den Producten der¬ selben aber ist für die Zahl der Schiffe viel zu gering. Für die Hauptmasse ^ letzteren bleiben in Folge hiervon nur zwei Wege zur Beschäftigung: ^ daß sie für fremde Rechnung und 2) daß sie für die einheimischen Häfen Zum Zwecke des Transithcmdcls durch Mecklenburg fahren. Das Erstere geschieht, wie erwähnt wurde, in großem Umfange. Es ist ^Un aber leider nur ein kleiner Theil der hiesigen Schiffe von solcher Größe, ^» sie im Welthandel mit den Schiffen anderer Länder (Hamburg. Bremen ' ^ w.) concurriren können, und in Folge dessen wirft diese Art des Ver- ^s für ftemde Rheder nur geringe Vortheile ab, während sie die Gefahr "ud die Assecuranzkosten (wegen der Kleinheit der Schiffe) vermehrt. Soweit ^end möglich, suchen deshalb die mecklenburgischen Schiffe für Rechnung der ^tseehäfen zu fahren und machen dabei auch ganz gute Geschäfte. Es ist ., ^ "icht zu verkennen, daß dies wieder auf die Rhederei der Ostseehäfen ^ besondere Stettins) nachtheilig drückt, und es bedarf nur einer unbedeuten- ^ Maßregel zu Gunsten dieser — wie sie schon in Rede gestanden hat und die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/219>, abgerufen am 28.09.2024.