Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte geson¬ In dem Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe sind die Verhand¬ gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte geson¬ In dem Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe sind die Verhand¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107659"/> <p xml:id="ID_210" prev="#ID_209"> gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte geson¬<lb/> dert ist und was im Leben und Handeln ebenso wie im Denken sich flieht.<lb/> Das Eine, welchem eine allgemeine, von allen Menschen anerkannte OWctivi at<lb/> gegeben ist. ist die Kunst, durch welche die mit Bewußtsein productwe Natur<lb/> sich in sich selbst schließt und vollendet. Die Kunst ist die einzige und ewige<lb/> Offenbarung, die es gibt, und das Wunder, das. wenn es auch nur einmal<lb/> ezistirt hätte, uns von der absoluten Wirklichkeit jenes Höchsten überzeugen<lb/> müßte. Jener ursprüngliche Grund aller Harmonie des SuvMven und<lb/> Objectiven, welcher in seiner ursprünglichen Identität nur durch dre mteuec-<lb/> welle Anschauung dargestellt werden konnte, ist durch das Kunstwerk aus dem<lb/> Subjectiven völlig heraus gebracht und ganz objectiv geworden, und so haben<lb/> wir unsern Gegenstand, das Ich. allmälig auf den Punkt geführt, aus dem<lb/> wir selbst standen, da wir zu Philosophiren ansingen. Und wie nun in der<lb/> Kindheit der Wissenschaften die Philosophie von der Poesie geboren und ge¬<lb/> nährt worden ist so ist zu erwarten, daß sie und mit ihr alle andern Wissen¬<lb/> schaften nach ihrer Vollendung durch die Philosophie wiederum als ebenso<lb/> viel einzelne Ströme in den allgemeinen Ocean der Poesie zurückfließen von<lb/> welchem sie ausgegangen waren. Welches aber das Mittelglied der Rückkehr<lb/> der Wissenschaft zur Poesie sein werde, ist im Allgemeinen nicht schwer zu lagen,<lb/> da ein solches Mittelglied in der Mythologie existirt hat. ehe die gegenwär¬<lb/> tige Trennung geschehen ist Wie aber eine neue Mythologie, welche<lb/> nicht Erfindung des einzelnen Dichters, sondern eines neuen, gleichsam nur<lb/> einen Dichter vorstellenden Geschlechts sein kann, selbst entstehen könne, dies<lb/> ist ein Problem, dessen Auflösung allein von den künstigen Schicksalen der<lb/> Welt und dem weitern Verlauf der Geschichte zu erwarten ist."</p><lb/> <p xml:id="ID_211" next="#ID_212"> In dem Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe sind die Verhand¬<lb/> lungen mit Schelling über diesen Punkt erwähnt und wie in der AusfaMng<lb/> des Genies beide mit ihm völlig übereinkämen. Ebenso merklich ist der<lb/> Einfluß Fr. Schlegels, dessen Gespräch über die Poesie die Schlußwendung Mes<lb/> Werks motivirt. In der That projectirte damals Schelling mit den sämmt¬<lb/> lichen Romantikern die Herausgabe eines kritischen Journals, dessen eigent¬<lb/> liche Häupter Goethe und Fichte sein sollten, der letztere bereits mit eurem<lb/> geheimen Vorbehalt, denn die einseitig praktische Wendung seines letzten<lb/> Werks stimmte nicht in diese Verherrlichung der absoluten Kunst. Wenn aber<lb/> Schelling mit der romantischen Schule principiell ganz auf dem gleichen Bo¬<lb/> den stand, so war er den meisten unter ihnen persönlich unbequem: mit<lb/> Fr. Schlegel gab es stets kleine Reibungen, und August Wilhelm, der ihm be¬<lb/> reits damals auf seiner Reise nach Berlin seine Frau überließ, war dadurch<lb/> im Ganzen doch nicht freundlicher für ihn gestimmt. Am engsten schloß sich<lb/> Schelling an Goethe an. an den Dichter, welcher, wie er sich ber seiner</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte geson¬
dert ist und was im Leben und Handeln ebenso wie im Denken sich flieht.
Das Eine, welchem eine allgemeine, von allen Menschen anerkannte OWctivi at
gegeben ist. ist die Kunst, durch welche die mit Bewußtsein productwe Natur
sich in sich selbst schließt und vollendet. Die Kunst ist die einzige und ewige
Offenbarung, die es gibt, und das Wunder, das. wenn es auch nur einmal
ezistirt hätte, uns von der absoluten Wirklichkeit jenes Höchsten überzeugen
müßte. Jener ursprüngliche Grund aller Harmonie des SuvMven und
Objectiven, welcher in seiner ursprünglichen Identität nur durch dre mteuec-
welle Anschauung dargestellt werden konnte, ist durch das Kunstwerk aus dem
Subjectiven völlig heraus gebracht und ganz objectiv geworden, und so haben
wir unsern Gegenstand, das Ich. allmälig auf den Punkt geführt, aus dem
wir selbst standen, da wir zu Philosophiren ansingen. Und wie nun in der
Kindheit der Wissenschaften die Philosophie von der Poesie geboren und ge¬
nährt worden ist so ist zu erwarten, daß sie und mit ihr alle andern Wissen¬
schaften nach ihrer Vollendung durch die Philosophie wiederum als ebenso
viel einzelne Ströme in den allgemeinen Ocean der Poesie zurückfließen von
welchem sie ausgegangen waren. Welches aber das Mittelglied der Rückkehr
der Wissenschaft zur Poesie sein werde, ist im Allgemeinen nicht schwer zu lagen,
da ein solches Mittelglied in der Mythologie existirt hat. ehe die gegenwär¬
tige Trennung geschehen ist Wie aber eine neue Mythologie, welche
nicht Erfindung des einzelnen Dichters, sondern eines neuen, gleichsam nur
einen Dichter vorstellenden Geschlechts sein kann, selbst entstehen könne, dies
ist ein Problem, dessen Auflösung allein von den künstigen Schicksalen der
Welt und dem weitern Verlauf der Geschichte zu erwarten ist."
In dem Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe sind die Verhand¬
lungen mit Schelling über diesen Punkt erwähnt und wie in der AusfaMng
des Genies beide mit ihm völlig übereinkämen. Ebenso merklich ist der
Einfluß Fr. Schlegels, dessen Gespräch über die Poesie die Schlußwendung Mes
Werks motivirt. In der That projectirte damals Schelling mit den sämmt¬
lichen Romantikern die Herausgabe eines kritischen Journals, dessen eigent¬
liche Häupter Goethe und Fichte sein sollten, der letztere bereits mit eurem
geheimen Vorbehalt, denn die einseitig praktische Wendung seines letzten
Werks stimmte nicht in diese Verherrlichung der absoluten Kunst. Wenn aber
Schelling mit der romantischen Schule principiell ganz auf dem gleichen Bo¬
den stand, so war er den meisten unter ihnen persönlich unbequem: mit
Fr. Schlegel gab es stets kleine Reibungen, und August Wilhelm, der ihm be¬
reits damals auf seiner Reise nach Berlin seine Frau überließ, war dadurch
im Ganzen doch nicht freundlicher für ihn gestimmt. Am engsten schloß sich
Schelling an Goethe an. an den Dichter, welcher, wie er sich ber seiner
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