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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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duction des dynamischen Processes im Frühling 1300 ausdrückt, von den ersten
Wiedtrklängen der Natur an" die in seinen frühesten Dichterwerken gehört
werden" bis zu der hohen Beziehung auf die Kunst, die er in späteren Zeiten
den höchsten Naturphänomenen gegeben Hut. in der Natur nie etwas Anderes
als die unendliche Fülle seiner eigenen Productivität dargestellt hat. Für
ihn floß aus dieser Betrachtung der Natur der ewige Quell der Verjüngung,
und ihm allein unter allen Neuern Dichtern war es gegeben, zuerst wieder zu
den Urquellen der Poesie zurückzugehn Und einen neuen Strom zu öffnen, dessen
belebende Kraft das ganze Zeitalter erfrischt hat.

Während dieser Beschäftigung mit der Kunst feierten auch die naturphilo¬
sophischen Studien keineswegs. Im April 1800 erschien das erste Heft der
Zeitschrift für speculative Physik, wunderlicherweise eröffnet durch eine Recen¬
sion der Schellingschen Schriften von seinem Freund Steffens. Diese Recen¬
sion war ursprünglich für die LitcraturzettUNg bestimmt und daß diese 1799
die Aufnahme verweigerte, hatte Schlegel und Steffens zum Bruch mit
dem mächtigen Institut veranlaßt. Als Anhang zu jener Recension stiftete
Schelling der Literaturzeitung ein Denkmal voll persönlicher Grobheit, worauf
Schütz 30. April und 10. Mai in demselben Ton erwiderte. Im Mai 1800
reiste Schelling nach Bamberg, um dort mit Nöschlauv und MarcUs eine
Propaganda für die Naturphilosophie zu errichten. Die neue Zeitschrift
enthielt noch einige neue naturphilosophische Abhandlungen, in welchen
Schelling z. B. die Nothwendigkeit der drei Raumdimensionen zu erweisen
suchte und dabei auf Hypothesen kam, deren Unrichtigkeit am scharfsinnigsten
Herbart nachgewiesen hat.

Im Januar 1801 übersiedelte Hegel nach Jena und arbeitete nun gemein¬
schaftlich mit Schelling an dem Werk des absoluten Idealismus. Durch ihn
wurde Schelling auch auf die Abweichung seiner Ansicht von der Fichteschen
aufmerksam, doch hoffte er in den damaligen Briefen noch mit Bestimmtheit
auf eine Ausgleichung. Eine Masse Wu Naturphilosophen tauchten um diese
Zeit auf, mit denen Schelling aber selten ganz zufrieden war. Auch mit Ritter
entzweite er sich; am meisten war er mit Steffens einverstanden, dessen Bei¬
träge zur innern Geschichte der Erde. 1801 erschienen. In demselben Jahr
kamen Solger und Schubert als Schellings Schüler nach Jena, und Schelling
versuchte sich, aber unglücklich, in der praktischen Medicin: Auguste Böhmer. die
Tochter von Karoline Schlegel, starb im Sommer an diesem System. Der
Neue Jahrgang der Zeitschrift für sprrul-ative Physik enthielt einen Aufsatz von
EschenMayer. im Allgemeinen noch in Schellings Sinn, ferner im Juli vo"
Schelling selbst "im Darstellung feines ganzen Systems, das er jetzt Jden-
tMtsfystem taufte. Zum Theil hatten die tuend Bardilis Logik entstandenen
Streitigkeiten zwischen Fichte, R-einholt und Jacobi ihn in dieser Entwick-


duction des dynamischen Processes im Frühling 1300 ausdrückt, von den ersten
Wiedtrklängen der Natur an» die in seinen frühesten Dichterwerken gehört
werden» bis zu der hohen Beziehung auf die Kunst, die er in späteren Zeiten
den höchsten Naturphänomenen gegeben Hut. in der Natur nie etwas Anderes
als die unendliche Fülle seiner eigenen Productivität dargestellt hat. Für
ihn floß aus dieser Betrachtung der Natur der ewige Quell der Verjüngung,
und ihm allein unter allen Neuern Dichtern war es gegeben, zuerst wieder zu
den Urquellen der Poesie zurückzugehn Und einen neuen Strom zu öffnen, dessen
belebende Kraft das ganze Zeitalter erfrischt hat.

Während dieser Beschäftigung mit der Kunst feierten auch die naturphilo¬
sophischen Studien keineswegs. Im April 1800 erschien das erste Heft der
Zeitschrift für speculative Physik, wunderlicherweise eröffnet durch eine Recen¬
sion der Schellingschen Schriften von seinem Freund Steffens. Diese Recen¬
sion war ursprünglich für die LitcraturzettUNg bestimmt und daß diese 1799
die Aufnahme verweigerte, hatte Schlegel und Steffens zum Bruch mit
dem mächtigen Institut veranlaßt. Als Anhang zu jener Recension stiftete
Schelling der Literaturzeitung ein Denkmal voll persönlicher Grobheit, worauf
Schütz 30. April und 10. Mai in demselben Ton erwiderte. Im Mai 1800
reiste Schelling nach Bamberg, um dort mit Nöschlauv und MarcUs eine
Propaganda für die Naturphilosophie zu errichten. Die neue Zeitschrift
enthielt noch einige neue naturphilosophische Abhandlungen, in welchen
Schelling z. B. die Nothwendigkeit der drei Raumdimensionen zu erweisen
suchte und dabei auf Hypothesen kam, deren Unrichtigkeit am scharfsinnigsten
Herbart nachgewiesen hat.

Im Januar 1801 übersiedelte Hegel nach Jena und arbeitete nun gemein¬
schaftlich mit Schelling an dem Werk des absoluten Idealismus. Durch ihn
wurde Schelling auch auf die Abweichung seiner Ansicht von der Fichteschen
aufmerksam, doch hoffte er in den damaligen Briefen noch mit Bestimmtheit
auf eine Ausgleichung. Eine Masse Wu Naturphilosophen tauchten um diese
Zeit auf, mit denen Schelling aber selten ganz zufrieden war. Auch mit Ritter
entzweite er sich; am meisten war er mit Steffens einverstanden, dessen Bei¬
träge zur innern Geschichte der Erde. 1801 erschienen. In demselben Jahr
kamen Solger und Schubert als Schellings Schüler nach Jena, und Schelling
versuchte sich, aber unglücklich, in der praktischen Medicin: Auguste Böhmer. die
Tochter von Karoline Schlegel, starb im Sommer an diesem System. Der
Neue Jahrgang der Zeitschrift für sprrul-ative Physik enthielt einen Aufsatz von
EschenMayer. im Allgemeinen noch in Schellings Sinn, ferner im Juli vo«
Schelling selbst «im Darstellung feines ganzen Systems, das er jetzt Jden-
tMtsfystem taufte. Zum Theil hatten die tuend Bardilis Logik entstandenen
Streitigkeiten zwischen Fichte, R-einholt und Jacobi ihn in dieser Entwick-


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[0074] duction des dynamischen Processes im Frühling 1300 ausdrückt, von den ersten Wiedtrklängen der Natur an» die in seinen frühesten Dichterwerken gehört werden» bis zu der hohen Beziehung auf die Kunst, die er in späteren Zeiten den höchsten Naturphänomenen gegeben Hut. in der Natur nie etwas Anderes als die unendliche Fülle seiner eigenen Productivität dargestellt hat. Für ihn floß aus dieser Betrachtung der Natur der ewige Quell der Verjüngung, und ihm allein unter allen Neuern Dichtern war es gegeben, zuerst wieder zu den Urquellen der Poesie zurückzugehn Und einen neuen Strom zu öffnen, dessen belebende Kraft das ganze Zeitalter erfrischt hat. Während dieser Beschäftigung mit der Kunst feierten auch die naturphilo¬ sophischen Studien keineswegs. Im April 1800 erschien das erste Heft der Zeitschrift für speculative Physik, wunderlicherweise eröffnet durch eine Recen¬ sion der Schellingschen Schriften von seinem Freund Steffens. Diese Recen¬ sion war ursprünglich für die LitcraturzettUNg bestimmt und daß diese 1799 die Aufnahme verweigerte, hatte Schlegel und Steffens zum Bruch mit dem mächtigen Institut veranlaßt. Als Anhang zu jener Recension stiftete Schelling der Literaturzeitung ein Denkmal voll persönlicher Grobheit, worauf Schütz 30. April und 10. Mai in demselben Ton erwiderte. Im Mai 1800 reiste Schelling nach Bamberg, um dort mit Nöschlauv und MarcUs eine Propaganda für die Naturphilosophie zu errichten. Die neue Zeitschrift enthielt noch einige neue naturphilosophische Abhandlungen, in welchen Schelling z. B. die Nothwendigkeit der drei Raumdimensionen zu erweisen suchte und dabei auf Hypothesen kam, deren Unrichtigkeit am scharfsinnigsten Herbart nachgewiesen hat. Im Januar 1801 übersiedelte Hegel nach Jena und arbeitete nun gemein¬ schaftlich mit Schelling an dem Werk des absoluten Idealismus. Durch ihn wurde Schelling auch auf die Abweichung seiner Ansicht von der Fichteschen aufmerksam, doch hoffte er in den damaligen Briefen noch mit Bestimmtheit auf eine Ausgleichung. Eine Masse Wu Naturphilosophen tauchten um diese Zeit auf, mit denen Schelling aber selten ganz zufrieden war. Auch mit Ritter entzweite er sich; am meisten war er mit Steffens einverstanden, dessen Bei¬ träge zur innern Geschichte der Erde. 1801 erschienen. In demselben Jahr kamen Solger und Schubert als Schellings Schüler nach Jena, und Schelling versuchte sich, aber unglücklich, in der praktischen Medicin: Auguste Böhmer. die Tochter von Karoline Schlegel, starb im Sommer an diesem System. Der Neue Jahrgang der Zeitschrift für sprrul-ative Physik enthielt einen Aufsatz von EschenMayer. im Allgemeinen noch in Schellings Sinn, ferner im Juli vo« Schelling selbst «im Darstellung feines ganzen Systems, das er jetzt Jden- tMtsfystem taufte. Zum Theil hatten die tuend Bardilis Logik entstandenen Streitigkeiten zwischen Fichte, R-einholt und Jacobi ihn in dieser Entwick-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/74>, abgerufen am 22.07.2024.