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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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drei Monate nach dem Vertrag von Paris. Der erste Lord der Admiralität,
Sir James Graham, begann damit, daß er eine Uebersicht über die perma¬
nenten Hilfsquellen mittheilte, über die man verfügen konnte, um sofort be¬
deutende Seerüstungen vorzunehmen. Seine ersten Betrachtungen galten der
Bemannung der Schiffe. Bei den Engländern gilt das Sprichwort: "Wie die
Mannschaft, so das Schiff" und erstere hat deshalb stets größere Bedeutung
als das Material. Die englische Flotte bot zunächst ein Corps von 12,000
Mann Marinesoldaten sKoM marmo torees), die in ihrer Art einzig dastehen.
Der englische Marinesoldat ist nämlich auf einundzwanzig Jahr angeworben.
Zehn hiervon bringt er auf dem Meer zu und ist aus dem Deck eines Schiffs
ebenso heimisch und schreitet auf demselben ebenso sicher wie aus der Diele
seiner Kaserne. Er ist eine förmliche Amphibie, ein guter leichter Infanterist,
guter Kanonier, der beim Zielen die Hebel zu stellen hat, und übrigens auch
bei den gewöhnlichen Schiffsarbeiten mit Hand anlegt wie ein Matrose. In
diesen verschiedenen Rollen entwickelt der englische Mannesoldat in der Regel
bedeutende Körperkraft, unerschütterliche Ruhe und die Disciplin eines Vete¬
ranen. Er rechtfertigt mit einem Wort die Devise seines Corps: "lorrs
eng.riM6". Der erste Lord der Admiralität erkannte schon zu jener Zeit die
Näthlichkeit an, das Corps der Marinesoldaten bis auf 16,000 Mann zu ver¬
mehren, die in vier Divisionen auf die Häfen von Woolwich, Chatham, Ports-
mouth und Plymouth vertheilt werden sollten. Den fünften Theil der Normal¬
mannschaft eines jeden Kriegschiffes bildend, muß der Marinesoldat als ein
erstes Element der Seereserve betrachtet werden.

Als zweites Element dieser Reserve kamen dann die Invaliden oder
Pensionäre der Marine. Wir müssen hier in einige Details eingehen, denn
es besteht in Bezug auf die hier einschlagende Gesetzgebung ein wesentlicher
Unterschied zwischen den beiden Seestaaten Frankreich und England. In Frank¬
reich gewährt das Gesetz den dem Staate dienenden Seemann nicht eher Pen¬
sion, als bis er fünfzig Jahr alt ist und fünfundzwanzig Jahr gedient l)"t<
Für jeden aber, welcher weiß, wie sehr die Strapazen des Seedienstes den
Menschen vor der Zeit alt werden lassen, ist es einleuchtend, daß der franzö¬
sische pensionirte Seemann in der Regel ein abgenutzter Mensch ist, der viles
und mehr noch geleistet hat, als man von ihm erwarten kann. Ganz anders
ist es mit dem englischen Matrosen. Durch den Reiz hohen Soldes verlockt,
sich auf zehn Jahr für den königlichen Dienst anwerben zu lassen, und wenn
er sich meldet, gezwungen, es in der Eigenschaft als Schiffsju nge oder Novize
zu thun, wird ihm nach Verlauf von zehn Dienstjahren, von dem achtzehnten
Lebensjahre an gerechnet, eine Pension bewilligt. Diese erste Pension ste'^
im Verhältniß bei den Seeleuten, welche fünfzehn bis zwanzig Jahre dienen-
Das Alter der Marinepensionäre beträgt daher achtundzwanzig, dreiunddreißig


drei Monate nach dem Vertrag von Paris. Der erste Lord der Admiralität,
Sir James Graham, begann damit, daß er eine Uebersicht über die perma¬
nenten Hilfsquellen mittheilte, über die man verfügen konnte, um sofort be¬
deutende Seerüstungen vorzunehmen. Seine ersten Betrachtungen galten der
Bemannung der Schiffe. Bei den Engländern gilt das Sprichwort: „Wie die
Mannschaft, so das Schiff" und erstere hat deshalb stets größere Bedeutung
als das Material. Die englische Flotte bot zunächst ein Corps von 12,000
Mann Marinesoldaten sKoM marmo torees), die in ihrer Art einzig dastehen.
Der englische Marinesoldat ist nämlich auf einundzwanzig Jahr angeworben.
Zehn hiervon bringt er auf dem Meer zu und ist aus dem Deck eines Schiffs
ebenso heimisch und schreitet auf demselben ebenso sicher wie aus der Diele
seiner Kaserne. Er ist eine förmliche Amphibie, ein guter leichter Infanterist,
guter Kanonier, der beim Zielen die Hebel zu stellen hat, und übrigens auch
bei den gewöhnlichen Schiffsarbeiten mit Hand anlegt wie ein Matrose. In
diesen verschiedenen Rollen entwickelt der englische Mannesoldat in der Regel
bedeutende Körperkraft, unerschütterliche Ruhe und die Disciplin eines Vete¬
ranen. Er rechtfertigt mit einem Wort die Devise seines Corps: „lorrs
eng.riM6". Der erste Lord der Admiralität erkannte schon zu jener Zeit die
Näthlichkeit an, das Corps der Marinesoldaten bis auf 16,000 Mann zu ver¬
mehren, die in vier Divisionen auf die Häfen von Woolwich, Chatham, Ports-
mouth und Plymouth vertheilt werden sollten. Den fünften Theil der Normal¬
mannschaft eines jeden Kriegschiffes bildend, muß der Marinesoldat als ein
erstes Element der Seereserve betrachtet werden.

Als zweites Element dieser Reserve kamen dann die Invaliden oder
Pensionäre der Marine. Wir müssen hier in einige Details eingehen, denn
es besteht in Bezug auf die hier einschlagende Gesetzgebung ein wesentlicher
Unterschied zwischen den beiden Seestaaten Frankreich und England. In Frank¬
reich gewährt das Gesetz den dem Staate dienenden Seemann nicht eher Pen¬
sion, als bis er fünfzig Jahr alt ist und fünfundzwanzig Jahr gedient l)"t<
Für jeden aber, welcher weiß, wie sehr die Strapazen des Seedienstes den
Menschen vor der Zeit alt werden lassen, ist es einleuchtend, daß der franzö¬
sische pensionirte Seemann in der Regel ein abgenutzter Mensch ist, der viles
und mehr noch geleistet hat, als man von ihm erwarten kann. Ganz anders
ist es mit dem englischen Matrosen. Durch den Reiz hohen Soldes verlockt,
sich auf zehn Jahr für den königlichen Dienst anwerben zu lassen, und wenn
er sich meldet, gezwungen, es in der Eigenschaft als Schiffsju nge oder Novize
zu thun, wird ihm nach Verlauf von zehn Dienstjahren, von dem achtzehnten
Lebensjahre an gerechnet, eine Pension bewilligt. Diese erste Pension ste'^
im Verhältniß bei den Seeleuten, welche fünfzehn bis zwanzig Jahre dienen-
Das Alter der Marinepensionäre beträgt daher achtundzwanzig, dreiunddreißig


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[0466] drei Monate nach dem Vertrag von Paris. Der erste Lord der Admiralität, Sir James Graham, begann damit, daß er eine Uebersicht über die perma¬ nenten Hilfsquellen mittheilte, über die man verfügen konnte, um sofort be¬ deutende Seerüstungen vorzunehmen. Seine ersten Betrachtungen galten der Bemannung der Schiffe. Bei den Engländern gilt das Sprichwort: „Wie die Mannschaft, so das Schiff" und erstere hat deshalb stets größere Bedeutung als das Material. Die englische Flotte bot zunächst ein Corps von 12,000 Mann Marinesoldaten sKoM marmo torees), die in ihrer Art einzig dastehen. Der englische Marinesoldat ist nämlich auf einundzwanzig Jahr angeworben. Zehn hiervon bringt er auf dem Meer zu und ist aus dem Deck eines Schiffs ebenso heimisch und schreitet auf demselben ebenso sicher wie aus der Diele seiner Kaserne. Er ist eine förmliche Amphibie, ein guter leichter Infanterist, guter Kanonier, der beim Zielen die Hebel zu stellen hat, und übrigens auch bei den gewöhnlichen Schiffsarbeiten mit Hand anlegt wie ein Matrose. In diesen verschiedenen Rollen entwickelt der englische Mannesoldat in der Regel bedeutende Körperkraft, unerschütterliche Ruhe und die Disciplin eines Vete¬ ranen. Er rechtfertigt mit einem Wort die Devise seines Corps: „lorrs eng.riM6". Der erste Lord der Admiralität erkannte schon zu jener Zeit die Näthlichkeit an, das Corps der Marinesoldaten bis auf 16,000 Mann zu ver¬ mehren, die in vier Divisionen auf die Häfen von Woolwich, Chatham, Ports- mouth und Plymouth vertheilt werden sollten. Den fünften Theil der Normal¬ mannschaft eines jeden Kriegschiffes bildend, muß der Marinesoldat als ein erstes Element der Seereserve betrachtet werden. Als zweites Element dieser Reserve kamen dann die Invaliden oder Pensionäre der Marine. Wir müssen hier in einige Details eingehen, denn es besteht in Bezug auf die hier einschlagende Gesetzgebung ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Seestaaten Frankreich und England. In Frank¬ reich gewährt das Gesetz den dem Staate dienenden Seemann nicht eher Pen¬ sion, als bis er fünfzig Jahr alt ist und fünfundzwanzig Jahr gedient l)"t< Für jeden aber, welcher weiß, wie sehr die Strapazen des Seedienstes den Menschen vor der Zeit alt werden lassen, ist es einleuchtend, daß der franzö¬ sische pensionirte Seemann in der Regel ein abgenutzter Mensch ist, der viles und mehr noch geleistet hat, als man von ihm erwarten kann. Ganz anders ist es mit dem englischen Matrosen. Durch den Reiz hohen Soldes verlockt, sich auf zehn Jahr für den königlichen Dienst anwerben zu lassen, und wenn er sich meldet, gezwungen, es in der Eigenschaft als Schiffsju nge oder Novize zu thun, wird ihm nach Verlauf von zehn Dienstjahren, von dem achtzehnten Lebensjahre an gerechnet, eine Pension bewilligt. Diese erste Pension ste'^ im Verhältniß bei den Seeleuten, welche fünfzehn bis zwanzig Jahre dienen- Das Alter der Marinepensionäre beträgt daher achtundzwanzig, dreiunddreißig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/466>, abgerufen am 23.07.2024.