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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Gerichtshof bis zum Erlaß jenes Gesetzes außer Wirksamkeit trete und bis
dahin noch das alte Recht gelte?

Wie äußert sich hier der Ausschuß? Die Einsetzung des Gerichtshofes stellt
sich ihm "aus dem Gesichtspunkt der Einheit der obersten Staatsgewalt als
eine Nothwendigkeit dar"; gäbe man den Gerichten die Beurtheilung ihrer Zu¬
ständigkeit schlechthin, ohne alle Schranken anheim, so würden sie "eine die geseh-
gebende Gewalt und vollziehende des Staatsoberhauptes beherrschende Stellung
und eine Omnipotenz erlangen, welche mit dem Art. 57 der wiener Schluß'
ante schwer zu vereinigen sein dürfte." Die gesetzgebende und vollziehende
Gewalt! Als ob dem Landesherrn verwehrt werden sollte, Gesetze zu geben
und zu vollziehen! Nur nicht über das Gesetz soll die Verwaltung hinausgch"!
Und das soll ja auch der Competenzgerichtshof verhindern! Und wie schreck¬
haft klingt das Wort von der Omnipotenz der Gerichte! Aber das Recht soll im
Staat allmächtig sein, es ist seine Basis! Und soll das Recht gelten, so muß es
der Vertreter des Rechts zur Geltung bringen können und durch nichts beschränkt
sein, als eben das Recht selbst! -- Aber der Ausschuß fährt fort: die Stände hätte"
zwar eventuell zu Errichtung eines Competenzgerichtshofes. dessen Verhältnisse
dnrch ein Gesetz alsbald geregelt werden sollen, ihre Zustimmung ertheilt, zugleich
aber beantragt, daß bis dahin die Beurtheilung, ob sich eine Sache zum
Gerichtsverfahren eigne, dem ordentlichen Richter gebühre; dies sei, wenn man
die Sache selbst als nothwendig erkenne, augenfällig unzulässig und es bleibe
daher nichts übrig, als bis dahin nach der Anordnung der Regierung
zu verfahren. Uns bedünkt vielmehr, daß dieser Antrag augenfällig die Bedin-
dung und Voraussetzung der Stände für ihre eventuelle Zustimmung ist, daß
sie überhaupt den Competenzgerichtshof nicht für nothwendig erkenne", wenn
aber doch ein solcher errichtet werden soll, wenigstens den Hassenpflugsche"
bis dahin beseitigt wissen wollen. Uns bedünkt, daß, was bis 1852 Rechtens
war, auch noch jetzt gelten konnte und daß durchaus nichts dafür spricht, den
Hassenpflugschen Gerichtshof, wenn er, wie ja durch den Vorschlag der Re¬
gierung selbst geschieht, als unhaltbar anerkannt wird, jetzt noch länger auf¬
recht erhalten werden müßte!

In dem Abschnitt vom Staatshaushalt in der Verfassung von 1831 lauten
die §§. 139, 140 und 141 :

139. Zum Staatsvermögen gehören vornehmlich die bisher bei den
Finanz- und andern Staatsbehörden verwalteten oder, nach erfolgter Fest'
Stellung dieses Vermögens, zur Staatsverwaltung übergehenden Gebäude,
Domanial- (Kammer-) Güter und Gefälle, Forste, Jagden, Fischereien, Berg-'
Hütten- und Salzwerke, auch Fabriken, nutzbare Regalien und Rechte, Capi¬
talien und sonstige Werthgegenstände, welche ihrer Natur nach als Staats-


Gerichtshof bis zum Erlaß jenes Gesetzes außer Wirksamkeit trete und bis
dahin noch das alte Recht gelte?

Wie äußert sich hier der Ausschuß? Die Einsetzung des Gerichtshofes stellt
sich ihm „aus dem Gesichtspunkt der Einheit der obersten Staatsgewalt als
eine Nothwendigkeit dar"; gäbe man den Gerichten die Beurtheilung ihrer Zu¬
ständigkeit schlechthin, ohne alle Schranken anheim, so würden sie „eine die geseh-
gebende Gewalt und vollziehende des Staatsoberhauptes beherrschende Stellung
und eine Omnipotenz erlangen, welche mit dem Art. 57 der wiener Schluß'
ante schwer zu vereinigen sein dürfte." Die gesetzgebende und vollziehende
Gewalt! Als ob dem Landesherrn verwehrt werden sollte, Gesetze zu geben
und zu vollziehen! Nur nicht über das Gesetz soll die Verwaltung hinausgch»!
Und das soll ja auch der Competenzgerichtshof verhindern! Und wie schreck¬
haft klingt das Wort von der Omnipotenz der Gerichte! Aber das Recht soll im
Staat allmächtig sein, es ist seine Basis! Und soll das Recht gelten, so muß es
der Vertreter des Rechts zur Geltung bringen können und durch nichts beschränkt
sein, als eben das Recht selbst! — Aber der Ausschuß fährt fort: die Stände hätte"
zwar eventuell zu Errichtung eines Competenzgerichtshofes. dessen Verhältnisse
dnrch ein Gesetz alsbald geregelt werden sollen, ihre Zustimmung ertheilt, zugleich
aber beantragt, daß bis dahin die Beurtheilung, ob sich eine Sache zum
Gerichtsverfahren eigne, dem ordentlichen Richter gebühre; dies sei, wenn man
die Sache selbst als nothwendig erkenne, augenfällig unzulässig und es bleibe
daher nichts übrig, als bis dahin nach der Anordnung der Regierung
zu verfahren. Uns bedünkt vielmehr, daß dieser Antrag augenfällig die Bedin-
dung und Voraussetzung der Stände für ihre eventuelle Zustimmung ist, daß
sie überhaupt den Competenzgerichtshof nicht für nothwendig erkenne», wenn
aber doch ein solcher errichtet werden soll, wenigstens den Hassenpflugsche"
bis dahin beseitigt wissen wollen. Uns bedünkt, daß, was bis 1852 Rechtens
war, auch noch jetzt gelten konnte und daß durchaus nichts dafür spricht, den
Hassenpflugschen Gerichtshof, wenn er, wie ja durch den Vorschlag der Re¬
gierung selbst geschieht, als unhaltbar anerkannt wird, jetzt noch länger auf¬
recht erhalten werden müßte!

In dem Abschnitt vom Staatshaushalt in der Verfassung von 1831 lauten
die §§. 139, 140 und 141 :

139. Zum Staatsvermögen gehören vornehmlich die bisher bei den
Finanz- und andern Staatsbehörden verwalteten oder, nach erfolgter Fest'
Stellung dieses Vermögens, zur Staatsverwaltung übergehenden Gebäude,
Domanial- (Kammer-) Güter und Gefälle, Forste, Jagden, Fischereien, Berg-'
Hütten- und Salzwerke, auch Fabriken, nutzbare Regalien und Rechte, Capi¬
talien und sonstige Werthgegenstände, welche ihrer Natur nach als Staats-


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[0430] Gerichtshof bis zum Erlaß jenes Gesetzes außer Wirksamkeit trete und bis dahin noch das alte Recht gelte? Wie äußert sich hier der Ausschuß? Die Einsetzung des Gerichtshofes stellt sich ihm „aus dem Gesichtspunkt der Einheit der obersten Staatsgewalt als eine Nothwendigkeit dar"; gäbe man den Gerichten die Beurtheilung ihrer Zu¬ ständigkeit schlechthin, ohne alle Schranken anheim, so würden sie „eine die geseh- gebende Gewalt und vollziehende des Staatsoberhauptes beherrschende Stellung und eine Omnipotenz erlangen, welche mit dem Art. 57 der wiener Schluß' ante schwer zu vereinigen sein dürfte." Die gesetzgebende und vollziehende Gewalt! Als ob dem Landesherrn verwehrt werden sollte, Gesetze zu geben und zu vollziehen! Nur nicht über das Gesetz soll die Verwaltung hinausgch»! Und das soll ja auch der Competenzgerichtshof verhindern! Und wie schreck¬ haft klingt das Wort von der Omnipotenz der Gerichte! Aber das Recht soll im Staat allmächtig sein, es ist seine Basis! Und soll das Recht gelten, so muß es der Vertreter des Rechts zur Geltung bringen können und durch nichts beschränkt sein, als eben das Recht selbst! — Aber der Ausschuß fährt fort: die Stände hätte" zwar eventuell zu Errichtung eines Competenzgerichtshofes. dessen Verhältnisse dnrch ein Gesetz alsbald geregelt werden sollen, ihre Zustimmung ertheilt, zugleich aber beantragt, daß bis dahin die Beurtheilung, ob sich eine Sache zum Gerichtsverfahren eigne, dem ordentlichen Richter gebühre; dies sei, wenn man die Sache selbst als nothwendig erkenne, augenfällig unzulässig und es bleibe daher nichts übrig, als bis dahin nach der Anordnung der Regierung zu verfahren. Uns bedünkt vielmehr, daß dieser Antrag augenfällig die Bedin- dung und Voraussetzung der Stände für ihre eventuelle Zustimmung ist, daß sie überhaupt den Competenzgerichtshof nicht für nothwendig erkenne», wenn aber doch ein solcher errichtet werden soll, wenigstens den Hassenpflugsche" bis dahin beseitigt wissen wollen. Uns bedünkt, daß, was bis 1852 Rechtens war, auch noch jetzt gelten konnte und daß durchaus nichts dafür spricht, den Hassenpflugschen Gerichtshof, wenn er, wie ja durch den Vorschlag der Re¬ gierung selbst geschieht, als unhaltbar anerkannt wird, jetzt noch länger auf¬ recht erhalten werden müßte! In dem Abschnitt vom Staatshaushalt in der Verfassung von 1831 lauten die §§. 139, 140 und 141 : 139. Zum Staatsvermögen gehören vornehmlich die bisher bei den Finanz- und andern Staatsbehörden verwalteten oder, nach erfolgter Fest' Stellung dieses Vermögens, zur Staatsverwaltung übergehenden Gebäude, Domanial- (Kammer-) Güter und Gefälle, Forste, Jagden, Fischereien, Berg-' Hütten- und Salzwerke, auch Fabriken, nutzbare Regalien und Rechte, Capi¬ talien und sonstige Werthgegenstände, welche ihrer Natur nach als Staats-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/430>, abgerufen am 29.12.2024.