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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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behängen, waren wol weniger für ihn selbst, als für vornehmen russische
Besuch bestimmt.

Beinahe hätte ich bei der Schilderung der jerusalemer Franken ein
Element übersehen, welches nicht vergessen werden darf, wenn die Zug^
des Bildes das Original vollständig widergeben sollen. Ich meine die
deutschen Handwerksburschen, die in ziemlich starker Anzahl hier durchwan¬
dern. Man kann eben nicht sagen, daß sie der Nation, die sie vertrete'',
in allen Stücken Ehre machten. Die große Mehrzahl von ihnen besteh
in Strohmern, welche, um das in der Heimath von der Polizei beschränk
Wandern fortsetzen zu können, die Grenzen der Civilisation überschritten habe"-
Um zu arbeiten kommen wenige hierher. Dunkle Vorstellungen von einer
besondern Heiligkeit des Ortes, Neugier, der Wunsch, sich daheim rühmen
können, in Jerusalem gewesen zu sein, Eingelebtheit ins Herumtreiben mög^
mit der Aussicht auf freie Herberge und Verköstigung in den hiesigen latettU'
jeher Klöstern die Hauptbeweggründe sein, die sie hierher führen. Viele M
Trunkenbolde der ärgsten Art, und die Klöster und Konsulate wissen von ilM"
viel Schlimmes zu berichten.

Manche haben ungeheure Touren gemacht, und die Ausdauer und An
erschrockenheit. die sie dabei entwickeln. wäre eines bessern Zieles würdig,
gibt unter ihnen Leute, welche ohne anderes Motiv als ihren Bummeltn
in Armenien und Kurdistan, am Sinai und an den Katarakten des Nil
Wesen sind; ja eines Nachmittags kam im Hospiz ein Schuhmachergesell a
dem Preußischen an. der die unendlich lange Reise von Indien nach dem
fischen Meerbusen, von da nach Bagdad und von dort durch die große iyr>>
Wüste nach Damaskus und Beirut glücklich zurückgelegt haben wollte und e
Zeugniß vom Consul Weber in Beirut bei sich führte, worin gesagt war,
ihm zu glauben sei. Es war ein dunkelbraun gebrannter Gesell mit großU
Schnurrbart und glattrastrtem Kopfhaar. Seine Kleidung bestand in eure
rothen Feß, einem blauen Baumwollenhemd und dergleichen Beinkleides
Sein Bündel konnte nicht viel mehr als noch ein Hemd enthalten, und
glaubte ihm gern, daß die Beduinen ihn überall unangefochten gelassen. ^
spiele, daß ein solcher Bursch zu Lande von Konstantinopel bis Zerrisse
läuft und nachdem er sich hier wieder auffüttern lassen, sich, immer zu
nach Kairo arbeitet, sind so gewöhnlich, daß man sie als die Regel a
sehen kann. Nichts hindert sie durchzusetzen, was sie sich vornahmen, we^
Sonnenbrand, noch Hunger und Durst, noch die Unbekanntschaft mit
Landessprache, noch die Unsicherheit der Gegenden. Sie schlafen an
feuern, und wenn sie keines finden, in der Weise Jakobs, wie er die EM
leider sah. auf dem bloßen, kalten, thaufeuchten Erdboden, unter dem >'
als Kissen einen Stein. Sie leben vom Fechten, was hier freilich selten mep


behängen, waren wol weniger für ihn selbst, als für vornehmen russische
Besuch bestimmt.

Beinahe hätte ich bei der Schilderung der jerusalemer Franken ein
Element übersehen, welches nicht vergessen werden darf, wenn die Zug^
des Bildes das Original vollständig widergeben sollen. Ich meine die
deutschen Handwerksburschen, die in ziemlich starker Anzahl hier durchwan¬
dern. Man kann eben nicht sagen, daß sie der Nation, die sie vertrete'',
in allen Stücken Ehre machten. Die große Mehrzahl von ihnen besteh
in Strohmern, welche, um das in der Heimath von der Polizei beschränk
Wandern fortsetzen zu können, die Grenzen der Civilisation überschritten habe"-
Um zu arbeiten kommen wenige hierher. Dunkle Vorstellungen von einer
besondern Heiligkeit des Ortes, Neugier, der Wunsch, sich daheim rühmen
können, in Jerusalem gewesen zu sein, Eingelebtheit ins Herumtreiben mög^
mit der Aussicht auf freie Herberge und Verköstigung in den hiesigen latettU'
jeher Klöstern die Hauptbeweggründe sein, die sie hierher führen. Viele M
Trunkenbolde der ärgsten Art, und die Klöster und Konsulate wissen von ilM"
viel Schlimmes zu berichten.

Manche haben ungeheure Touren gemacht, und die Ausdauer und An
erschrockenheit. die sie dabei entwickeln. wäre eines bessern Zieles würdig,
gibt unter ihnen Leute, welche ohne anderes Motiv als ihren Bummeltn
in Armenien und Kurdistan, am Sinai und an den Katarakten des Nil
Wesen sind; ja eines Nachmittags kam im Hospiz ein Schuhmachergesell a
dem Preußischen an. der die unendlich lange Reise von Indien nach dem
fischen Meerbusen, von da nach Bagdad und von dort durch die große iyr>>
Wüste nach Damaskus und Beirut glücklich zurückgelegt haben wollte und e
Zeugniß vom Consul Weber in Beirut bei sich führte, worin gesagt war,
ihm zu glauben sei. Es war ein dunkelbraun gebrannter Gesell mit großU
Schnurrbart und glattrastrtem Kopfhaar. Seine Kleidung bestand in eure
rothen Feß, einem blauen Baumwollenhemd und dergleichen Beinkleides
Sein Bündel konnte nicht viel mehr als noch ein Hemd enthalten, und
glaubte ihm gern, daß die Beduinen ihn überall unangefochten gelassen. ^
spiele, daß ein solcher Bursch zu Lande von Konstantinopel bis Zerrisse
läuft und nachdem er sich hier wieder auffüttern lassen, sich, immer zu
nach Kairo arbeitet, sind so gewöhnlich, daß man sie als die Regel a
sehen kann. Nichts hindert sie durchzusetzen, was sie sich vornahmen, we^
Sonnenbrand, noch Hunger und Durst, noch die Unbekanntschaft mit
Landessprache, noch die Unsicherheit der Gegenden. Sie schlafen an
feuern, und wenn sie keines finden, in der Weise Jakobs, wie er die EM
leider sah. auf dem bloßen, kalten, thaufeuchten Erdboden, unter dem >'
als Kissen einen Stein. Sie leben vom Fechten, was hier freilich selten mep


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[0392] behängen, waren wol weniger für ihn selbst, als für vornehmen russische Besuch bestimmt. Beinahe hätte ich bei der Schilderung der jerusalemer Franken ein Element übersehen, welches nicht vergessen werden darf, wenn die Zug^ des Bildes das Original vollständig widergeben sollen. Ich meine die deutschen Handwerksburschen, die in ziemlich starker Anzahl hier durchwan¬ dern. Man kann eben nicht sagen, daß sie der Nation, die sie vertrete'', in allen Stücken Ehre machten. Die große Mehrzahl von ihnen besteh in Strohmern, welche, um das in der Heimath von der Polizei beschränk Wandern fortsetzen zu können, die Grenzen der Civilisation überschritten habe"- Um zu arbeiten kommen wenige hierher. Dunkle Vorstellungen von einer besondern Heiligkeit des Ortes, Neugier, der Wunsch, sich daheim rühmen können, in Jerusalem gewesen zu sein, Eingelebtheit ins Herumtreiben mög^ mit der Aussicht auf freie Herberge und Verköstigung in den hiesigen latettU' jeher Klöstern die Hauptbeweggründe sein, die sie hierher führen. Viele M Trunkenbolde der ärgsten Art, und die Klöster und Konsulate wissen von ilM" viel Schlimmes zu berichten. Manche haben ungeheure Touren gemacht, und die Ausdauer und An erschrockenheit. die sie dabei entwickeln. wäre eines bessern Zieles würdig, gibt unter ihnen Leute, welche ohne anderes Motiv als ihren Bummeltn in Armenien und Kurdistan, am Sinai und an den Katarakten des Nil Wesen sind; ja eines Nachmittags kam im Hospiz ein Schuhmachergesell a dem Preußischen an. der die unendlich lange Reise von Indien nach dem fischen Meerbusen, von da nach Bagdad und von dort durch die große iyr>> Wüste nach Damaskus und Beirut glücklich zurückgelegt haben wollte und e Zeugniß vom Consul Weber in Beirut bei sich führte, worin gesagt war, ihm zu glauben sei. Es war ein dunkelbraun gebrannter Gesell mit großU Schnurrbart und glattrastrtem Kopfhaar. Seine Kleidung bestand in eure rothen Feß, einem blauen Baumwollenhemd und dergleichen Beinkleides Sein Bündel konnte nicht viel mehr als noch ein Hemd enthalten, und glaubte ihm gern, daß die Beduinen ihn überall unangefochten gelassen. ^ spiele, daß ein solcher Bursch zu Lande von Konstantinopel bis Zerrisse läuft und nachdem er sich hier wieder auffüttern lassen, sich, immer zu nach Kairo arbeitet, sind so gewöhnlich, daß man sie als die Regel a sehen kann. Nichts hindert sie durchzusetzen, was sie sich vornahmen, we^ Sonnenbrand, noch Hunger und Durst, noch die Unbekanntschaft mit Landessprache, noch die Unsicherheit der Gegenden. Sie schlafen an feuern, und wenn sie keines finden, in der Weise Jakobs, wie er die EM leider sah. auf dem bloßen, kalten, thaufeuchten Erdboden, unter dem >' als Kissen einen Stein. Sie leben vom Fechten, was hier freilich selten mep

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/392>, abgerufen am 22.07.2024.