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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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ein Stück trocknes Gerstenbrod einträgt. Die mangelnde Sprache müssen
werden ersetzen. Werden sie ausgeplündert, so tragen sie es mit guter
Manier bis zum nächsten Consulat oder Kloster. Man spricht viel von den
^>ten Wanderungen der orientalischen Derwische, aber diese deutschen Bettel¬
nder sind be, weitem mehr zu bewundern, und wenn einmal die Nilquellen
entdeckt werden, so geschieht es gewiß eher durch einen Handwerksburschen.
^ durch einen Gelehrten.

Man könnte ihnen darum trotz ihrer obigen Untugenden gut werden,
^Mi sie nicht gar zu schmuzig. ungezicserlich und frech wären. Wird ihnen
k>ne Gabe gereicht, so ist sie in der Regel schon in der nächsten Stunde ver¬
hüten. Verweigert ihnen ihr Consulat die geforderte Unterstützung, so drohen
mit Uebertritt zum Katholicismus oder gar zum Islam. Die Casa nuova
lMvährt ihnen dreißig, das Hospiz fünfzehn, das Johanneskloster drei Tage
""g unentgeltlich Wohnung und Zehrung, und nicht häusig begibt sichs, daß
^er Jerusalem eher verläßt, als bis er sich durch alle diese Anstalten hindurch-
^Wen hat. Die Mönche machen nicht eher Versuche, die protestantischen
^"ste zu bekehren, als bis die ihnen gestattete Frist des Aufenthalts im Kloster
Estrichen ist. Dann muß das Gute, was der Ströhmer ferner zu genießen
duscht, mit der Erklärung, katholisch werden zu wollen, erkauft werden. Die
Leiste,, schnüren hierauf ihr Bündel. Andere zeigen dann Geschmack an der
^sse und drücken nur den billigen Wunsch aus, erst näher mit dem Glaubens-
^nntniß Roms bekannt gemacht zu werden, und die Klügern unter ihnen
^!sen den Mönch, der ihnen dann den Katechismus erläutert, durch ihre Ein-
^rfe noch Wochen hinzuhalten. Sind die Widerstandsmittel verbraucht, so
'""chen sie sich davon, und das Kloster ist der gefoppte Teufel. Gewissen-
vjtte treten ohne Zaudern über, lassen sich noch eine Weile verpflegen und
stieln, wenn sie endlich doch fort müssen, vor dem Thor den neuen Glauben
- bisweilen, um ihn im nächsten Kloster noch einmal anzunehmen und wieder
Abzuschütteln.

Viele mögen auf diese oder andere Art untergehen, und Glücksfälle, wie
^ vor Kurzem vorgekommene, durch den ein deutscher Schreinergesell zunächst
^ Grund seines Namens -- er hieß Kapitän -- zu Ehren und Würden und
^ ^r reichen Frau gelangte, sind im Morgenland so wenig an der Tages-
nung mie bei uns. Besagter Schreinergesell hatte sich nach mehrjährigem
^uwstreichen nach allen vier Winden in Konstantinopel ein Sümmchen zu-
Mengefochten. mit dem er nach Kairo ging, wo er sich als Photograph
^Sebae. Hj^ wollte das Geschüft anfangs nicht recht gehen. Da hörte der
f^ ^ Vicekönigs von dem phvtographirenden Kapitän, nahm den Namen
einen Titel, ließ ihn zu sich kommen und fand an dem aufgeweckten B ur-
" so viel Gefallen, daß er ihn -- wer fragte auch im Orient groß nach


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ein Stück trocknes Gerstenbrod einträgt. Die mangelnde Sprache müssen
werden ersetzen. Werden sie ausgeplündert, so tragen sie es mit guter
Manier bis zum nächsten Consulat oder Kloster. Man spricht viel von den
^>ten Wanderungen der orientalischen Derwische, aber diese deutschen Bettel¬
nder sind be, weitem mehr zu bewundern, und wenn einmal die Nilquellen
entdeckt werden, so geschieht es gewiß eher durch einen Handwerksburschen.
^ durch einen Gelehrten.

Man könnte ihnen darum trotz ihrer obigen Untugenden gut werden,
^Mi sie nicht gar zu schmuzig. ungezicserlich und frech wären. Wird ihnen
k>ne Gabe gereicht, so ist sie in der Regel schon in der nächsten Stunde ver¬
hüten. Verweigert ihnen ihr Consulat die geforderte Unterstützung, so drohen
mit Uebertritt zum Katholicismus oder gar zum Islam. Die Casa nuova
lMvährt ihnen dreißig, das Hospiz fünfzehn, das Johanneskloster drei Tage
""g unentgeltlich Wohnung und Zehrung, und nicht häusig begibt sichs, daß
^er Jerusalem eher verläßt, als bis er sich durch alle diese Anstalten hindurch-
^Wen hat. Die Mönche machen nicht eher Versuche, die protestantischen
^"ste zu bekehren, als bis die ihnen gestattete Frist des Aufenthalts im Kloster
Estrichen ist. Dann muß das Gute, was der Ströhmer ferner zu genießen
duscht, mit der Erklärung, katholisch werden zu wollen, erkauft werden. Die
Leiste,, schnüren hierauf ihr Bündel. Andere zeigen dann Geschmack an der
^sse und drücken nur den billigen Wunsch aus, erst näher mit dem Glaubens-
^nntniß Roms bekannt gemacht zu werden, und die Klügern unter ihnen
^!sen den Mönch, der ihnen dann den Katechismus erläutert, durch ihre Ein-
^rfe noch Wochen hinzuhalten. Sind die Widerstandsmittel verbraucht, so
'"»chen sie sich davon, und das Kloster ist der gefoppte Teufel. Gewissen-
vjtte treten ohne Zaudern über, lassen sich noch eine Weile verpflegen und
stieln, wenn sie endlich doch fort müssen, vor dem Thor den neuen Glauben
- bisweilen, um ihn im nächsten Kloster noch einmal anzunehmen und wieder
Abzuschütteln.

Viele mögen auf diese oder andere Art untergehen, und Glücksfälle, wie
^ vor Kurzem vorgekommene, durch den ein deutscher Schreinergesell zunächst
^ Grund seines Namens — er hieß Kapitän — zu Ehren und Würden und
^ ^r reichen Frau gelangte, sind im Morgenland so wenig an der Tages-
nung mie bei uns. Besagter Schreinergesell hatte sich nach mehrjährigem
^uwstreichen nach allen vier Winden in Konstantinopel ein Sümmchen zu-
Mengefochten. mit dem er nach Kairo ging, wo er sich als Photograph
^Sebae. Hj^ wollte das Geschüft anfangs nicht recht gehen. Da hörte der
f^ ^ Vicekönigs von dem phvtographirenden Kapitän, nahm den Namen
einen Titel, ließ ihn zu sich kommen und fand an dem aufgeweckten B ur-
" so viel Gefallen, daß er ihn — wer fragte auch im Orient groß nach


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/393>, abgerufen am 22.07.2024.