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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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unter dem Altar ein Stück der Säule steht, an der man Jesu die Dornenkrone
aufsetzte. Ihr Material ist grauer schwarzgesprenkciter Marmor. Eine kleine
Strecke weiter führt, ebenfalls auf der rechten Seite des Ganges, eine Thür
auf eine Treppe von dreißig Stufen, aus denen man in eine ziemlich geräu¬
mige Felsengrotte hinabsteigt. Eine Kapelle bezeichnet hier die Stelle, auf
welcher die heilige Helena betete, als ihre Leute nach dem Kreuz Christi such-
ten. Rechts von dieser Kapelle, noch elf Stufen tiefer, steht ein Altar über dew
Ort, wo jenes Kleinod sammt den Kreuzen der beiden Schächer, der Dornen¬
krone, den Nägeln u. s. w. endlich gefunden wurde. Ein hier aufgehangenes
Kreuz hat die genaue Größe des wirtlichen, welches letztere von Helena nach
Konstantinopel gesandt wurde und dort verloren gegangen ist.

Die Treppe empor auf den Rundgang zurückgekehrt, trifft man, immer
zur Rechten, die kleinen Kapellen der Kleidertheilung und des Kriegsknechts
Longinus. der die Seite Christi mit dem Speer durchstach und, später bekehrt-
hier Jahre lang als Büßer lebte. Alle diese Kapellen und Kapellchen sind-
je nach der Wichtigkeit, die sie in der Legende einnehmen, mit einer größeren
oder geringeren Zahl Lampen, die meisten auch mit Bildern ausgestattet, von
denen indeß keines irgendwelchen künstlerischen Werth hat, wie denn die Maler-
kunst in dem ganzen Bau auffallend übel vertreten ist. Steigt man, um zuo
innern Hauptbau zu gelangen, in der Mitte des Hufeisens, welches der Rund¬
gang bildet, die halbzirkelförmigen Stufen empor, welche der Kapelle der
Kleidertheilung gegenüberliegen, so kommt man in das sogenannte Katholikon
oder Griechenchor, den prächtigsten Theil des ganzen Baues, und zwar in den
Raum, wo hinter der Jkonostafis der Altar steht. Zwei Thüren führen rechts
und links von der Wand der Jkonostafis in das Schiff, in dessen Mitte ein
Stern von farbiKn Steinen den Nabel der Erde bezeichnet. Die Zierrathen
der Wände sind ein Gemisch von byzantinischem Renaissancestil und saraze¬
nischen und altclassischcn Mustern. Gold und Silber, Bronze und Marmor sind
bis zur Ueberladung verwendet. Schnitzwerk und schöngemusterte Gitterthüre",
zahlreiche Ampeln, überreich verzierte Riesenleuchter mit Kerzen von Manns-
dicke, Rundbogen auf Pilastern mit korinthischen Kapitälen. Bündel gestreifter
Säulen, lange Galerien bunter Heiligenbilder mit strahlenden Glorien um die
dunkelbraunen Mumiengesichter. Reihen von Muscheln und Adlern, ein mächtig"
moderner Kronleuchter, rechts und links an den Wänden geschnitzte Stühle
für die Geistlichkeit. Evangelienpulte, zwei hochragende Throne für die ober¬
sten Würdenträger des Klerus, zierlich durchbrochen und neugothischm Aus¬
putz mit dem massivem Grundbau im italienischen Stil verbindend, lassen
das Ganze eher wie den, Thronsaal eines Königspalastes, als wie eine
Kirche erscheinen.
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Durch drei hohe Portale tritt man an der Westseite dieser Abtheilung in


unter dem Altar ein Stück der Säule steht, an der man Jesu die Dornenkrone
aufsetzte. Ihr Material ist grauer schwarzgesprenkciter Marmor. Eine kleine
Strecke weiter führt, ebenfalls auf der rechten Seite des Ganges, eine Thür
auf eine Treppe von dreißig Stufen, aus denen man in eine ziemlich geräu¬
mige Felsengrotte hinabsteigt. Eine Kapelle bezeichnet hier die Stelle, auf
welcher die heilige Helena betete, als ihre Leute nach dem Kreuz Christi such-
ten. Rechts von dieser Kapelle, noch elf Stufen tiefer, steht ein Altar über dew
Ort, wo jenes Kleinod sammt den Kreuzen der beiden Schächer, der Dornen¬
krone, den Nägeln u. s. w. endlich gefunden wurde. Ein hier aufgehangenes
Kreuz hat die genaue Größe des wirtlichen, welches letztere von Helena nach
Konstantinopel gesandt wurde und dort verloren gegangen ist.

Die Treppe empor auf den Rundgang zurückgekehrt, trifft man, immer
zur Rechten, die kleinen Kapellen der Kleidertheilung und des Kriegsknechts
Longinus. der die Seite Christi mit dem Speer durchstach und, später bekehrt-
hier Jahre lang als Büßer lebte. Alle diese Kapellen und Kapellchen sind-
je nach der Wichtigkeit, die sie in der Legende einnehmen, mit einer größeren
oder geringeren Zahl Lampen, die meisten auch mit Bildern ausgestattet, von
denen indeß keines irgendwelchen künstlerischen Werth hat, wie denn die Maler-
kunst in dem ganzen Bau auffallend übel vertreten ist. Steigt man, um zuo
innern Hauptbau zu gelangen, in der Mitte des Hufeisens, welches der Rund¬
gang bildet, die halbzirkelförmigen Stufen empor, welche der Kapelle der
Kleidertheilung gegenüberliegen, so kommt man in das sogenannte Katholikon
oder Griechenchor, den prächtigsten Theil des ganzen Baues, und zwar in den
Raum, wo hinter der Jkonostafis der Altar steht. Zwei Thüren führen rechts
und links von der Wand der Jkonostafis in das Schiff, in dessen Mitte ein
Stern von farbiKn Steinen den Nabel der Erde bezeichnet. Die Zierrathen
der Wände sind ein Gemisch von byzantinischem Renaissancestil und saraze¬
nischen und altclassischcn Mustern. Gold und Silber, Bronze und Marmor sind
bis zur Ueberladung verwendet. Schnitzwerk und schöngemusterte Gitterthüre",
zahlreiche Ampeln, überreich verzierte Riesenleuchter mit Kerzen von Manns-
dicke, Rundbogen auf Pilastern mit korinthischen Kapitälen. Bündel gestreifter
Säulen, lange Galerien bunter Heiligenbilder mit strahlenden Glorien um die
dunkelbraunen Mumiengesichter. Reihen von Muscheln und Adlern, ein mächtig"
moderner Kronleuchter, rechts und links an den Wänden geschnitzte Stühle
für die Geistlichkeit. Evangelienpulte, zwei hochragende Throne für die ober¬
sten Würdenträger des Klerus, zierlich durchbrochen und neugothischm Aus¬
putz mit dem massivem Grundbau im italienischen Stil verbindend, lassen
das Ganze eher wie den, Thronsaal eines Königspalastes, als wie eine
Kirche erscheinen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/306>, abgerufen am 29.12.2024.