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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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N^s sM dann der Bund überhaupt noch, was kann er noch sollen? Kann
'"an also von dieser Ueberzeugung nicht zurückkommen, oder kann man sich
Nicht dazu verstehen, an die Stelle desjenigen, was man für faul erkannt
b< im Bunde etwas Besseres zu setzen, so möchte es wol das Klügste und
Nützlichste sein, den Bund auch offen für aufgelöst zu erklären.

Ein Entschluß muß jetzt gefaßt werden; das sanfte Hinschlummernlassen
und Abwarten ist nicht mehr am Platz. Entweder Preußen einigt sich ehrlich
""t Oestreich, indem es in frischer freier Sprache diesem grade heraus sagt,
was es will, oder es tritt aus dem deutschen Bunde, d. h. aus dem Gebun¬
densein an Oestreich heraus, und sucht sich neue Bundesgenossen in und außer
Deutschland unter neuen Bedingungen. Und dies muß bald, muß schnell ge¬
stehen. Die Schnelligkeit der Reichskammergerichtsprocesse, der Bundestags¬
nerhandlungen ist wahrhaftig nicht genügend.

Tritt Preußen aus dem Bunde aus, so muß es mit aller Kraft dahin
streben, sich innerhalb des Gebietes desselben neue Genossen zu schaffen. An-
hcUtspunkte dazu sind vorhanden. Einige/ der deutschen Staaten sind durch
'tre Lage auf das Bündniß mit Preußen angewiesen, andere fesselt das Zoll-
vereinsintercsse. Aber wir glauben trotz alledciu. Preußen würde mit seinen
Bestrebungen in dieser Richtung nicht weiter kommen als zu einer verkrüp¬
pelten Wiederholung des jetzigen deutschen Bundes, wenn es dabei mehr auf
d'e Fürsten oder Regierungen als auf die Völker rechnen wollte. Preußen
'"ub sich die deutschen Völker zu gewinnen suchen. Welche Mittel dazu au¬
fwenden wären, das wird doch in Berlin wohl bekannt sein. Wir bezeich¬
nn als Hauptmittel sociale Reformen, die nicht blos aus dem Papier stehn,
ändern wirklich zur Ausführung kommen. Wie weit dabei der Parlamenta-
Nsnws eine Rolle spielen soll, muß nach den Umständen ermessen werden.
2" unsern Augen ist er nicht das Wesentlichste; indessen wenn die Menschen
^>an hängen, so mag man auch ihm Spielraum geben. Er wird nicht zu
"'el nützen, aber auch kaum etwas schaden.

Es ist also möglich, daß. veranlaßt durch Napoleon den Dritten oder
"Ach ohne directe Veranlassung seinerseits die süddeutschen Staaten sich Preu-
s"" anschließen, falls dieses von Frankreich her angegriffen wird. Wir haben
°">'.n in unserer bisherigen Entwicklung vier verschiedene Kriegsfälle aufgefun-
^n. die verschiedene Kriegstheater constituiren: 1) Preußen mit Belgien
Holland stehn gegen Napoleon; der Kriegsschauplatz wird durch eure Li-
"'e von Saaraemünd bis Dünkirchen in seiner wesentlichen Ausdehnung be-
zeichnet. 2) Napoleon steht mit Belgien und Holland gegen Preußen; die
^"le des Kriegsschauplatzes ist Nimwegen-Saarlouis. 3) Preußen. Bel-
^n und Holland und die süddeutschen Staaten am Rhein, abgesehen von
ästigen Bundesgenossen stehn gegen Napoleon. Die Linie der Signatur ist


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N^s sM dann der Bund überhaupt noch, was kann er noch sollen? Kann
'"an also von dieser Ueberzeugung nicht zurückkommen, oder kann man sich
Nicht dazu verstehen, an die Stelle desjenigen, was man für faul erkannt
b< im Bunde etwas Besseres zu setzen, so möchte es wol das Klügste und
Nützlichste sein, den Bund auch offen für aufgelöst zu erklären.

Ein Entschluß muß jetzt gefaßt werden; das sanfte Hinschlummernlassen
und Abwarten ist nicht mehr am Platz. Entweder Preußen einigt sich ehrlich
""t Oestreich, indem es in frischer freier Sprache diesem grade heraus sagt,
was es will, oder es tritt aus dem deutschen Bunde, d. h. aus dem Gebun¬
densein an Oestreich heraus, und sucht sich neue Bundesgenossen in und außer
Deutschland unter neuen Bedingungen. Und dies muß bald, muß schnell ge¬
stehen. Die Schnelligkeit der Reichskammergerichtsprocesse, der Bundestags¬
nerhandlungen ist wahrhaftig nicht genügend.

Tritt Preußen aus dem Bunde aus, so muß es mit aller Kraft dahin
streben, sich innerhalb des Gebietes desselben neue Genossen zu schaffen. An-
hcUtspunkte dazu sind vorhanden. Einige/ der deutschen Staaten sind durch
'tre Lage auf das Bündniß mit Preußen angewiesen, andere fesselt das Zoll-
vereinsintercsse. Aber wir glauben trotz alledciu. Preußen würde mit seinen
Bestrebungen in dieser Richtung nicht weiter kommen als zu einer verkrüp¬
pelten Wiederholung des jetzigen deutschen Bundes, wenn es dabei mehr auf
d'e Fürsten oder Regierungen als auf die Völker rechnen wollte. Preußen
'"ub sich die deutschen Völker zu gewinnen suchen. Welche Mittel dazu au¬
fwenden wären, das wird doch in Berlin wohl bekannt sein. Wir bezeich¬
nn als Hauptmittel sociale Reformen, die nicht blos aus dem Papier stehn,
ändern wirklich zur Ausführung kommen. Wie weit dabei der Parlamenta-
Nsnws eine Rolle spielen soll, muß nach den Umständen ermessen werden.
2» unsern Augen ist er nicht das Wesentlichste; indessen wenn die Menschen
^>an hängen, so mag man auch ihm Spielraum geben. Er wird nicht zu
"'el nützen, aber auch kaum etwas schaden.

Es ist also möglich, daß. veranlaßt durch Napoleon den Dritten oder
"Ach ohne directe Veranlassung seinerseits die süddeutschen Staaten sich Preu-
s"" anschließen, falls dieses von Frankreich her angegriffen wird. Wir haben
°">'.n in unserer bisherigen Entwicklung vier verschiedene Kriegsfälle aufgefun-
^n. die verschiedene Kriegstheater constituiren: 1) Preußen mit Belgien
Holland stehn gegen Napoleon; der Kriegsschauplatz wird durch eure Li-
"'e von Saaraemünd bis Dünkirchen in seiner wesentlichen Ausdehnung be-
zeichnet. 2) Napoleon steht mit Belgien und Holland gegen Preußen; die
^"le des Kriegsschauplatzes ist Nimwegen-Saarlouis. 3) Preußen. Bel-
^n und Holland und die süddeutschen Staaten am Rhein, abgesehen von
ästigen Bundesgenossen stehn gegen Napoleon. Die Linie der Signatur ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/281>, abgerufen am 22.07.2024.