Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.welchem ausgeschnittene oder mit Eisen gefütterte Kugeln gefunden wurden/) Der unheimlichste Mann des Regiments war der finstere Prosoß; es war So sah die Kriegsfurie aus, welche durch dreißig Jahre in Deutschland *) Zimmermann, Goth, Mön, Grimmclshausm a, a. O. Grenzboten III. 1LL9. 30
welchem ausgeschnittene oder mit Eisen gefütterte Kugeln gefunden wurden/) Der unheimlichste Mann des Regiments war der finstere Prosoß; es war So sah die Kriegsfurie aus, welche durch dreißig Jahre in Deutschland *) Zimmermann, Goth, Mön, Grimmclshausm a, a. O. Grenzboten III. 1LL9. 30
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welchem ausgeschnittene oder mit Eisen gefütterte Kugeln gefunden wurden/)
»welche um einer Seele willen geheiligt waren." Im dreißigjährigen Kriege'
bat ein Feigling seinen Kameraden um einen passaucr Zettel. Dieser schrieb
auf einen Streifen Papier dreimal: Wehr dich, Hundsfott!, wickelte das Pa-
^r zusammen und ließ es den Furchtsamen in seine Kleider nähen. Seit
Tage bildete sich jener ein, er sei fest, und ging bei allen Occasionen
Nile ein hörnerncr Siegfried unter die Waffen, ist auch stets unverwundet da¬
von gekommen.**)
Der unheimlichste Mann des Regiments war der finstere Prosoß; es war
Natürlich, daß er vorzugsweise für einen Wissenden galt. Schon 1618 wußte
Henker von Pilsen mit einem Gehilfen alle Tage drei treffende Kugeln
k^gen das Mansfeldische Lager zu schießen; er wurde nach Eroberung der Stadt
an einem besondern Galgen gehenkt. Noch größere Zauberkünste verstand
der Profvß der Hatzfcldischen Armee von 1636, er wurde, weil er gefroren
^ar, von den Schweden mit einer Axt erschlagen. Es lag sehr im Inter¬
ne dieser Gewaltigen, den Glauben an ihre Unverwundbarkeit bei den räche-
lustigen Soldaten zu erhalten. —
So sah die Kriegsfurie aus, welche durch dreißig Jahre in Deutschland
lobte. Es war ein ungeheurer Zerstörungsproceß, ein Menschenalter voll Blut.
Mord und Brand, radicale Vernichtung der beweglichen Habe, Zerstörung der
unbeweglichen, geistiges und materielles Verderben der Nation. In der letz¬
en Hälfte des Krieges machte es wenig Unterschied, ob ein Heer in Freun¬
ds oder Feindes Land hauste. Die Feldherrn schrieben unerschwingliche
Kontributionen aus, und bargen einen Theil davon in ihrer Tasche, der
Oberst und Hauptmann brandschatzte die Städte und Dörfer, in denen seine
kuppen lagerten, erbarmungslos ward das Unerschwingliche zugemuthet,
dann begann ein Handeln und Feilschen, auf der einen Seite wilde Dro¬
hungen, auf der andern demüthige Bitten, im besten Fall ward zuletzt ein
Abkommen getroffen und durch große Geschenke an die Oberofsiziere besiegelt;
und selten ward das Abkommen gehalten, oft in der rohesten Weise gebro-
Die Fürsten schickten ihr Silbergeschirr und die Pferde ihres Marstalls
Geschenke an die Generale, die Städte Geldsummen und Weinfässer
"n die Hauptleute, die Dörfer Reitpferde und goldene Tressen an Cornet und
Wachtmeister, so lange von solchen Bestechungsmitteln noch etwas vorhanden
^r. Lagerte das Heer in einer Landschaft, so suchten sich angesehene
Gutsbesitzer, Stifter und Dörfer durch eine s^lva guarclia zu schützen. Sie
^urbe theuer bezahlt, mühte gut behandelt und ernährt werden, und übte
^> arge Ungebühr. Lag ein Ort zwischen zwei Heeren, dann mußte er von
*) Zimmermann, Goth, Mön,
Grimmclshausm a, a. O.
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