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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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wandte sein Alles, Sold und Beute daran, sie zu schmücken und gut zu halten.
In solchen Fallen übte sie souveräne Herrschaft über ihn, und wenn' der Sold
ausblieb und Mangel im La^er ausbrach, stachelte sie ihn zur Meuterei.
Wenn aber der rohe Mann seine Dirne arger Vergehen beschuldigte, dann
konnte er sie nach scheußlichem Lagerbrauch den Reitern, Jungen und Tro߬
buben Preis geben; dann wurde die Elende von der wilden Meute der Men¬
schen und Lagerhunde in den nächsten Busch gehetzt.*) --

Mit den Weibern zogen die Kinder. Bei den Schweden waren durch
Gustav Adolph Feldschulen eingerichtet, in denen die Kleinen auch im Lager
unterrichtet wurden. In diesen Wanderschulen herrschte militärische Disciplin
und eine --schlecht verbürgte--Geschichte meldet, daß einst im Schwedenlager
°we Kanonenkugel durch die Schule gefahren sei und mehre Kinder getödtet
habe, die Ueberlebenden aber hätten fortgerechnet.

Der Kriegsmann, welcher nicht Ansehn genug hatte, sich ein Weib zu be-
wahren, hielt wenigstens auf einen oder mehre Buben, ein abgefeimtes hartes
Geschlecht von Tauchenichtsen, die ihrem Herrn aufwarteten, das Pferd strie¬
gelten, zuweilen die Armatur trugen und den zottigen Hund fütterten, be-
hende Spione, welche weit in der Nachbarschaft nach wohlhabenden Leuten
und verborgenem Gelde umherstreiften. Auch diese Buben in jeder Abstufung
von Ansprüchen und Nichtsnutzigkeit, vom Pagen, der hinter dem Feld-
Herrn herritt, bis zu dem kleinen Läufer des Subalternoffiziers, der in auffal¬
lender Kleidung, den kurzen Spieß mit Bändern verziert, vor seinem Herrn
herlief, vom Reiterbuben des Kürassiers, der im geordneten Haufen seiner
Genossen hinter dem Regiment seines Herrn ritt und sich in das Gewühl
stürzte, den Verwundeten herauszuziehen, oder ihm ein neues Pferd anzu¬
beten, bis zum Bettelbuben eines ausgewetterten alten Musketiers, eines
"Wolfs" und "Eisenbeißers". der die Hahnenfedern seines Hutes vielleicht vor
^'e>dig verschiedenen Fahnen geschwenkt hatte.

Bei Plünderung der Quartiere trieb es der Troß am ärgsten, auch in
Freundes Land. Wenn sie mit ihren Soldaten in einen Bauernhof drangen,
steten sie wie Geier über das Geflügel im Hofe, über Truhen und Kisten her,
Klugen die Thüren ein. schmähten, drohten und quälten, legten sich in die
betten, und was sie nicht verzehren und rauben konnten, zerschlugen sie; war
e'n Kupferkessel zu groß zum Mitnehmen, so traten sie ihn ein. Beim Aufbruch
langen sie den Wirth anzuspannen und sie ins nächste Quartier zu fahren.
Dann stopften sie den Wagen mit den Kleidern, Betten und dem Hausrath
Bauern voll und banden sich in den Rock und um den Leib, was nicht
^ Sack und Pack fortgebracht werden konnte. Dann -- so erzählt der zur-
^e^erichterstatter^WaUHausen, (vötensio MriÄö 1621 S. 172) -- wenn
"



) Grimmelshausen. Landstörzcnn Comage und im Simplicissimus.

wandte sein Alles, Sold und Beute daran, sie zu schmücken und gut zu halten.
In solchen Fallen übte sie souveräne Herrschaft über ihn, und wenn' der Sold
ausblieb und Mangel im La^er ausbrach, stachelte sie ihn zur Meuterei.
Wenn aber der rohe Mann seine Dirne arger Vergehen beschuldigte, dann
konnte er sie nach scheußlichem Lagerbrauch den Reitern, Jungen und Tro߬
buben Preis geben; dann wurde die Elende von der wilden Meute der Men¬
schen und Lagerhunde in den nächsten Busch gehetzt.*) —

Mit den Weibern zogen die Kinder. Bei den Schweden waren durch
Gustav Adolph Feldschulen eingerichtet, in denen die Kleinen auch im Lager
unterrichtet wurden. In diesen Wanderschulen herrschte militärische Disciplin
und eine —schlecht verbürgte—Geschichte meldet, daß einst im Schwedenlager
°we Kanonenkugel durch die Schule gefahren sei und mehre Kinder getödtet
habe, die Ueberlebenden aber hätten fortgerechnet.

Der Kriegsmann, welcher nicht Ansehn genug hatte, sich ein Weib zu be-
wahren, hielt wenigstens auf einen oder mehre Buben, ein abgefeimtes hartes
Geschlecht von Tauchenichtsen, die ihrem Herrn aufwarteten, das Pferd strie¬
gelten, zuweilen die Armatur trugen und den zottigen Hund fütterten, be-
hende Spione, welche weit in der Nachbarschaft nach wohlhabenden Leuten
und verborgenem Gelde umherstreiften. Auch diese Buben in jeder Abstufung
von Ansprüchen und Nichtsnutzigkeit, vom Pagen, der hinter dem Feld-
Herrn herritt, bis zu dem kleinen Läufer des Subalternoffiziers, der in auffal¬
lender Kleidung, den kurzen Spieß mit Bändern verziert, vor seinem Herrn
herlief, vom Reiterbuben des Kürassiers, der im geordneten Haufen seiner
Genossen hinter dem Regiment seines Herrn ritt und sich in das Gewühl
stürzte, den Verwundeten herauszuziehen, oder ihm ein neues Pferd anzu¬
beten, bis zum Bettelbuben eines ausgewetterten alten Musketiers, eines
"Wolfs" und „Eisenbeißers". der die Hahnenfedern seines Hutes vielleicht vor
^'e>dig verschiedenen Fahnen geschwenkt hatte.

Bei Plünderung der Quartiere trieb es der Troß am ärgsten, auch in
Freundes Land. Wenn sie mit ihren Soldaten in einen Bauernhof drangen,
steten sie wie Geier über das Geflügel im Hofe, über Truhen und Kisten her,
Klugen die Thüren ein. schmähten, drohten und quälten, legten sich in die
betten, und was sie nicht verzehren und rauben konnten, zerschlugen sie; war
e'n Kupferkessel zu groß zum Mitnehmen, so traten sie ihn ein. Beim Aufbruch
langen sie den Wirth anzuspannen und sie ins nächste Quartier zu fahren.
Dann stopften sie den Wagen mit den Kleidern, Betten und dem Hausrath
Bauern voll und banden sich in den Rock und um den Leib, was nicht
^ Sack und Pack fortgebracht werden konnte. Dann — so erzählt der zur-
^e^erichterstatter^WaUHausen, (vötensio MriÄö 1621 S. 172) — wenn
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) Grimmelshausen. Landstörzcnn Comage und im Simplicissimus.
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[0149] wandte sein Alles, Sold und Beute daran, sie zu schmücken und gut zu halten. In solchen Fallen übte sie souveräne Herrschaft über ihn, und wenn' der Sold ausblieb und Mangel im La^er ausbrach, stachelte sie ihn zur Meuterei. Wenn aber der rohe Mann seine Dirne arger Vergehen beschuldigte, dann konnte er sie nach scheußlichem Lagerbrauch den Reitern, Jungen und Tro߬ buben Preis geben; dann wurde die Elende von der wilden Meute der Men¬ schen und Lagerhunde in den nächsten Busch gehetzt.*) — Mit den Weibern zogen die Kinder. Bei den Schweden waren durch Gustav Adolph Feldschulen eingerichtet, in denen die Kleinen auch im Lager unterrichtet wurden. In diesen Wanderschulen herrschte militärische Disciplin und eine —schlecht verbürgte—Geschichte meldet, daß einst im Schwedenlager °we Kanonenkugel durch die Schule gefahren sei und mehre Kinder getödtet habe, die Ueberlebenden aber hätten fortgerechnet. Der Kriegsmann, welcher nicht Ansehn genug hatte, sich ein Weib zu be- wahren, hielt wenigstens auf einen oder mehre Buben, ein abgefeimtes hartes Geschlecht von Tauchenichtsen, die ihrem Herrn aufwarteten, das Pferd strie¬ gelten, zuweilen die Armatur trugen und den zottigen Hund fütterten, be- hende Spione, welche weit in der Nachbarschaft nach wohlhabenden Leuten und verborgenem Gelde umherstreiften. Auch diese Buben in jeder Abstufung von Ansprüchen und Nichtsnutzigkeit, vom Pagen, der hinter dem Feld- Herrn herritt, bis zu dem kleinen Läufer des Subalternoffiziers, der in auffal¬ lender Kleidung, den kurzen Spieß mit Bändern verziert, vor seinem Herrn herlief, vom Reiterbuben des Kürassiers, der im geordneten Haufen seiner Genossen hinter dem Regiment seines Herrn ritt und sich in das Gewühl stürzte, den Verwundeten herauszuziehen, oder ihm ein neues Pferd anzu¬ beten, bis zum Bettelbuben eines ausgewetterten alten Musketiers, eines "Wolfs" und „Eisenbeißers". der die Hahnenfedern seines Hutes vielleicht vor ^'e>dig verschiedenen Fahnen geschwenkt hatte. Bei Plünderung der Quartiere trieb es der Troß am ärgsten, auch in Freundes Land. Wenn sie mit ihren Soldaten in einen Bauernhof drangen, steten sie wie Geier über das Geflügel im Hofe, über Truhen und Kisten her, Klugen die Thüren ein. schmähten, drohten und quälten, legten sich in die betten, und was sie nicht verzehren und rauben konnten, zerschlugen sie; war e'n Kupferkessel zu groß zum Mitnehmen, so traten sie ihn ein. Beim Aufbruch langen sie den Wirth anzuspannen und sie ins nächste Quartier zu fahren. Dann stopften sie den Wagen mit den Kleidern, Betten und dem Hausrath Bauern voll und banden sich in den Rock und um den Leib, was nicht ^ Sack und Pack fortgebracht werden konnte. Dann — so erzählt der zur- ^e^erichterstatter^WaUHausen, (vötensio MriÄö 1621 S. 172) — wenn " ) Grimmelshausen. Landstörzcnn Comage und im Simplicissimus.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/149>, abgerufen am 28.12.2024.