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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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oder Fußknecht fand es angenehm, zuweilen sein angetrautes Weib, häufiger eine
hübsche Dirne zu unterhalten. Weiber aus allen Ländern, gestäupte, gebrannte
Dirnen zogen dem Kriegshaufen zu. putzten sich nach Kräften auf, suchten Zutritt,
weil sie einen Mann, Freund oder Vetter im Lager hätten. Bei der Muste¬
rung und bei der Abdankung eines Regiments wurden ehrliche Mädchen unter
den grausamsten Vorspielungen, oft von ganzen Rotten entführt, und wenn
das Geld verzehrt war. zuweilen ohne Kleider verlassen. Oder sie wurden
von einem dem andern um eine Zeche Wein oder um ein paar Thaler ver¬
kauft. Mit seiner Beischläferin wohnte der Soldat unter dem engen Stroh¬
dach des Lagers und im Quartier, das Weib but, kochte und wusch für ihn,
pflegte den Erkrankten, schenkte dem Zechenden ein. duldete seine Schläge und
trug auf dem Marsche Kinder. Beutestücke oder Gerätschaften der flüchtigen
Wirthschaft, die nicht auf den Bagagewagen geschafft werden konnten. Es
ist bekannt, daß der Schwedenkönig bei seiner Ankunft in Deutschland keine
Dirnen im Lager duldete. Nach seiner Rückkehr aus Franken mag auch diese
strenge Zucht aufgehört haben. So wurde das Heer von einem Haufen Weiber
begleitet, in jeder Abstufung des Alters, und der Ansprüche. Bon der Frau
oder "Maitresse" des Obersten, einer großen Dame, die mit ihrem Hofstaat
unter besonderer Bedeckung reiste und als einflußreiche Person vom Regi¬
ment eifrig besprochen wurde, bis zur Dirne eines armen Pikeniers, die, ihr
Kind auf dem Rücken, mit wunden Füßen über das Blut der Schlachtfelder
laufen mußte und bis herab zu der Vettel, die aufgegeben hatte, begehrungs-
werth zu erscheinen, und durch die lange Gewöhnung an wilde Aufregungen
beim Heer festgehalten wurde, wo sie sich durch die schmuzigsten Dienste er¬
hielt. Wer die alten Kirchenacten der Pfarrdörfer durchblättert, der findet
zuweilen den Namen einer entführten Dirne, die nach Jahresfrist in ihr
Heimathsdorf zurückkehrte und sich strenger Kirchenbuße unterwarf, um unter
dem verdorbenen Landvolk ihres Geburtsortes zu sterben. Die meisten ver¬
schlang der Krieg in der Ferne. Auch die Weiber des Lagers standen unter
dem Kriegsrecht. Für grobe Vergehen wurden sie gestäupt und von den
Steckenknechten aus dem Lager gestoßen. Der Soldat, mit dem sie lebten,
war ihr harter Herr, für gutes Essen und Trinken wurden sie mächtig übel
geschlagen, ehe sie ihr Amt recht' gewöhnt wurden und wenig wurde ihnen
gehalten, was ihnen im Anfang versprochen war.*) In Quartieren, wo viele
Weiber zusammenlagen, war schwer Friede zu halten, da übertrug der Soldat
seine Gewalt auf das Weib dem Numormeister und einem Weibel, der einen
"Vergleicher" von Armlänge in der Hand führte, womit er sie strafte. Eine
hübsche Dirne zu haben, war vielen Soldaten der größte Stolz; und mancher



') Fronspcrger, Kriegsbuch I. Bl. 83.

oder Fußknecht fand es angenehm, zuweilen sein angetrautes Weib, häufiger eine
hübsche Dirne zu unterhalten. Weiber aus allen Ländern, gestäupte, gebrannte
Dirnen zogen dem Kriegshaufen zu. putzten sich nach Kräften auf, suchten Zutritt,
weil sie einen Mann, Freund oder Vetter im Lager hätten. Bei der Muste¬
rung und bei der Abdankung eines Regiments wurden ehrliche Mädchen unter
den grausamsten Vorspielungen, oft von ganzen Rotten entführt, und wenn
das Geld verzehrt war. zuweilen ohne Kleider verlassen. Oder sie wurden
von einem dem andern um eine Zeche Wein oder um ein paar Thaler ver¬
kauft. Mit seiner Beischläferin wohnte der Soldat unter dem engen Stroh¬
dach des Lagers und im Quartier, das Weib but, kochte und wusch für ihn,
pflegte den Erkrankten, schenkte dem Zechenden ein. duldete seine Schläge und
trug auf dem Marsche Kinder. Beutestücke oder Gerätschaften der flüchtigen
Wirthschaft, die nicht auf den Bagagewagen geschafft werden konnten. Es
ist bekannt, daß der Schwedenkönig bei seiner Ankunft in Deutschland keine
Dirnen im Lager duldete. Nach seiner Rückkehr aus Franken mag auch diese
strenge Zucht aufgehört haben. So wurde das Heer von einem Haufen Weiber
begleitet, in jeder Abstufung des Alters, und der Ansprüche. Bon der Frau
oder „Maitresse" des Obersten, einer großen Dame, die mit ihrem Hofstaat
unter besonderer Bedeckung reiste und als einflußreiche Person vom Regi¬
ment eifrig besprochen wurde, bis zur Dirne eines armen Pikeniers, die, ihr
Kind auf dem Rücken, mit wunden Füßen über das Blut der Schlachtfelder
laufen mußte und bis herab zu der Vettel, die aufgegeben hatte, begehrungs-
werth zu erscheinen, und durch die lange Gewöhnung an wilde Aufregungen
beim Heer festgehalten wurde, wo sie sich durch die schmuzigsten Dienste er¬
hielt. Wer die alten Kirchenacten der Pfarrdörfer durchblättert, der findet
zuweilen den Namen einer entführten Dirne, die nach Jahresfrist in ihr
Heimathsdorf zurückkehrte und sich strenger Kirchenbuße unterwarf, um unter
dem verdorbenen Landvolk ihres Geburtsortes zu sterben. Die meisten ver¬
schlang der Krieg in der Ferne. Auch die Weiber des Lagers standen unter
dem Kriegsrecht. Für grobe Vergehen wurden sie gestäupt und von den
Steckenknechten aus dem Lager gestoßen. Der Soldat, mit dem sie lebten,
war ihr harter Herr, für gutes Essen und Trinken wurden sie mächtig übel
geschlagen, ehe sie ihr Amt recht' gewöhnt wurden und wenig wurde ihnen
gehalten, was ihnen im Anfang versprochen war.*) In Quartieren, wo viele
Weiber zusammenlagen, war schwer Friede zu halten, da übertrug der Soldat
seine Gewalt auf das Weib dem Numormeister und einem Weibel, der einen
„Vergleicher" von Armlänge in der Hand führte, womit er sie strafte. Eine
hübsche Dirne zu haben, war vielen Soldaten der größte Stolz; und mancher



') Fronspcrger, Kriegsbuch I. Bl. 83.
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[0148] oder Fußknecht fand es angenehm, zuweilen sein angetrautes Weib, häufiger eine hübsche Dirne zu unterhalten. Weiber aus allen Ländern, gestäupte, gebrannte Dirnen zogen dem Kriegshaufen zu. putzten sich nach Kräften auf, suchten Zutritt, weil sie einen Mann, Freund oder Vetter im Lager hätten. Bei der Muste¬ rung und bei der Abdankung eines Regiments wurden ehrliche Mädchen unter den grausamsten Vorspielungen, oft von ganzen Rotten entführt, und wenn das Geld verzehrt war. zuweilen ohne Kleider verlassen. Oder sie wurden von einem dem andern um eine Zeche Wein oder um ein paar Thaler ver¬ kauft. Mit seiner Beischläferin wohnte der Soldat unter dem engen Stroh¬ dach des Lagers und im Quartier, das Weib but, kochte und wusch für ihn, pflegte den Erkrankten, schenkte dem Zechenden ein. duldete seine Schläge und trug auf dem Marsche Kinder. Beutestücke oder Gerätschaften der flüchtigen Wirthschaft, die nicht auf den Bagagewagen geschafft werden konnten. Es ist bekannt, daß der Schwedenkönig bei seiner Ankunft in Deutschland keine Dirnen im Lager duldete. Nach seiner Rückkehr aus Franken mag auch diese strenge Zucht aufgehört haben. So wurde das Heer von einem Haufen Weiber begleitet, in jeder Abstufung des Alters, und der Ansprüche. Bon der Frau oder „Maitresse" des Obersten, einer großen Dame, die mit ihrem Hofstaat unter besonderer Bedeckung reiste und als einflußreiche Person vom Regi¬ ment eifrig besprochen wurde, bis zur Dirne eines armen Pikeniers, die, ihr Kind auf dem Rücken, mit wunden Füßen über das Blut der Schlachtfelder laufen mußte und bis herab zu der Vettel, die aufgegeben hatte, begehrungs- werth zu erscheinen, und durch die lange Gewöhnung an wilde Aufregungen beim Heer festgehalten wurde, wo sie sich durch die schmuzigsten Dienste er¬ hielt. Wer die alten Kirchenacten der Pfarrdörfer durchblättert, der findet zuweilen den Namen einer entführten Dirne, die nach Jahresfrist in ihr Heimathsdorf zurückkehrte und sich strenger Kirchenbuße unterwarf, um unter dem verdorbenen Landvolk ihres Geburtsortes zu sterben. Die meisten ver¬ schlang der Krieg in der Ferne. Auch die Weiber des Lagers standen unter dem Kriegsrecht. Für grobe Vergehen wurden sie gestäupt und von den Steckenknechten aus dem Lager gestoßen. Der Soldat, mit dem sie lebten, war ihr harter Herr, für gutes Essen und Trinken wurden sie mächtig übel geschlagen, ehe sie ihr Amt recht' gewöhnt wurden und wenig wurde ihnen gehalten, was ihnen im Anfang versprochen war.*) In Quartieren, wo viele Weiber zusammenlagen, war schwer Friede zu halten, da übertrug der Soldat seine Gewalt auf das Weib dem Numormeister und einem Weibel, der einen „Vergleicher" von Armlänge in der Hand führte, womit er sie strafte. Eine hübsche Dirne zu haben, war vielen Soldaten der größte Stolz; und mancher ') Fronspcrger, Kriegsbuch I. Bl. 83.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/148>, abgerufen am 28.12.2024.