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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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in dichten Schwärmen umkreisen. In Begleitung etlicher anderer jungen Leute
unternahmen wir neulich eine Spazierfahrt dahin. Wir hatten uns mit
Lebensmitteln, Decken und Kleidern versehen und schlugen damit, nachdem
wir die öde Insel durchstrichen, Eier gesammelt und ein paar Kaninchen ge¬
schossen hatten, unser Bivouac für die Nacht auf, doch dachte niemand von
uns an Schlaf: die Majestät des gestirnten Himmels, das Brausen des
brandenden Meeres hielten Auge, Ohr und Gemüth wach.

Obgleich das Land mit Ausnahme einzelner Striche, wo, wie in der
kleinen Halbinsel de Pe"as. der Boden aus nichts als dem nackten Felsen besteht,
eine große Fruchtbarkeit besitzt, so ist doch die Bevölkerung dünn und der Anbau
noch höchst mangelhaft. Oben im Gebirg ist es, wie schon erwähnt, so gut
wie gar nicht bebaut, höchstens das; hier und da ein ärmliches Häuschen von
einem kleinen Stück Maisfeld umgeben zu finden ist. das Uebrige, was nicht Wald
ist. dient nur zur Weide für etliche frei herumlaufende Pferde und Rinder. Die
Meas oder MM08, die kleinen Dörfer, in denen der astmische Bauer wohnt,
führen fast alle den Namen irgend eines Heiligen, wie San Juan, Santiago,
San Martin, San Cristobal, Santa Maria del mar. Sie bestehen nur aus
wenigen zerstreuten kleinen Häusern, aber selbst dem kleinsten fehlt gewiß nicht
eine Kirche oder Kapelle, die größeren haben deren gar zwei. Jede Besitzung
Pflegt mit einer niedrigen Mauer von losen Steinen umgeben zu sein, drin
steht das Häuschen tief in frischem grünen Buschwerk zwischen Tamarinden,
Feigen und Lorbeerbäumen. Die Maisfelder daneben erhöhen die Anmuth
eines solchen Bildes, besonders zur Zeit ihrer Blüte. Aber wie viel Land
liegt daneben unbenutzt, welches die schönsten Feldfrüchte tragen könnte! Bon
unsern Getreidearten wird nur wenig gebaut und dieses Wenige auf eine
ganz eigenthümliche Art eingeerntet. Man schneidet nämlich zuvörderst
mit einer Art hölzerner Scheere die Aehren einzeln ab und erst wenn
diese gesammelt sind, wird das Stroh für sich mit Sicheln abgemäht.
-- Außer dem Mais cultivirt der asturische Bauer noch eine Art Distel,
rosa genannt, die eine bedeutende Höhe erreicht und förmlich baumartig
wächst; er benutzt sie als Brennmaterial, da bei dem Mangel an Wegen es
schwierig ist, Holz aus dem Gebirge zu beziehen, denn sie fängt, selbst bevor
sie noch getrocknet ist, ungemein leicht Feuer, und erzeugt eine helle prasselnde
Flamme.

Jeder von diesen xaiskmos besitzt ein paar Kühe, Ochsen, Schweine und
Hühner, die vollständig zu seiner Familie gehören und mit denen er auf dem
vertrautesten Fuße lebt. Das Innere der Häuser besteht in der Regel nur
aus zwei Räumen, der eine davon dient als Küche, der andere zum übrigen
gemeinschaftlichen Gebrauch für Mensch und Vieh; übrigens haben beide
ohne Unterschied auch zur Küche freien Zutritt. Das ganze Innere des


Grenzboten II. 1859. 12

in dichten Schwärmen umkreisen. In Begleitung etlicher anderer jungen Leute
unternahmen wir neulich eine Spazierfahrt dahin. Wir hatten uns mit
Lebensmitteln, Decken und Kleidern versehen und schlugen damit, nachdem
wir die öde Insel durchstrichen, Eier gesammelt und ein paar Kaninchen ge¬
schossen hatten, unser Bivouac für die Nacht auf, doch dachte niemand von
uns an Schlaf: die Majestät des gestirnten Himmels, das Brausen des
brandenden Meeres hielten Auge, Ohr und Gemüth wach.

Obgleich das Land mit Ausnahme einzelner Striche, wo, wie in der
kleinen Halbinsel de Pe»as. der Boden aus nichts als dem nackten Felsen besteht,
eine große Fruchtbarkeit besitzt, so ist doch die Bevölkerung dünn und der Anbau
noch höchst mangelhaft. Oben im Gebirg ist es, wie schon erwähnt, so gut
wie gar nicht bebaut, höchstens das; hier und da ein ärmliches Häuschen von
einem kleinen Stück Maisfeld umgeben zu finden ist. das Uebrige, was nicht Wald
ist. dient nur zur Weide für etliche frei herumlaufende Pferde und Rinder. Die
Meas oder MM08, die kleinen Dörfer, in denen der astmische Bauer wohnt,
führen fast alle den Namen irgend eines Heiligen, wie San Juan, Santiago,
San Martin, San Cristobal, Santa Maria del mar. Sie bestehen nur aus
wenigen zerstreuten kleinen Häusern, aber selbst dem kleinsten fehlt gewiß nicht
eine Kirche oder Kapelle, die größeren haben deren gar zwei. Jede Besitzung
Pflegt mit einer niedrigen Mauer von losen Steinen umgeben zu sein, drin
steht das Häuschen tief in frischem grünen Buschwerk zwischen Tamarinden,
Feigen und Lorbeerbäumen. Die Maisfelder daneben erhöhen die Anmuth
eines solchen Bildes, besonders zur Zeit ihrer Blüte. Aber wie viel Land
liegt daneben unbenutzt, welches die schönsten Feldfrüchte tragen könnte! Bon
unsern Getreidearten wird nur wenig gebaut und dieses Wenige auf eine
ganz eigenthümliche Art eingeerntet. Man schneidet nämlich zuvörderst
mit einer Art hölzerner Scheere die Aehren einzeln ab und erst wenn
diese gesammelt sind, wird das Stroh für sich mit Sicheln abgemäht.
— Außer dem Mais cultivirt der asturische Bauer noch eine Art Distel,
rosa genannt, die eine bedeutende Höhe erreicht und förmlich baumartig
wächst; er benutzt sie als Brennmaterial, da bei dem Mangel an Wegen es
schwierig ist, Holz aus dem Gebirge zu beziehen, denn sie fängt, selbst bevor
sie noch getrocknet ist, ungemein leicht Feuer, und erzeugt eine helle prasselnde
Flamme.

Jeder von diesen xaiskmos besitzt ein paar Kühe, Ochsen, Schweine und
Hühner, die vollständig zu seiner Familie gehören und mit denen er auf dem
vertrautesten Fuße lebt. Das Innere der Häuser besteht in der Regel nur
aus zwei Räumen, der eine davon dient als Küche, der andere zum übrigen
gemeinschaftlichen Gebrauch für Mensch und Vieh; übrigens haben beide
ohne Unterschied auch zur Küche freien Zutritt. Das ganze Innere des


Grenzboten II. 1859. 12
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/99>, abgerufen am 22.12.2024.