Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Hauses ist kohlschwarz von Ruf, denn in der Küche brennt das Feuer un¬
mittelbar auf dem Erdboden, der Luxus eines Herdes ist hier noch unbekannt
und der Rauch zieht ab, wohinaus er will und kann. Um das Feuer herum
kochen die Bucheros eines der spanischen Nationalgerichte, bestehend aus
Saubohnen, Kohl, Speck und Erbsen, die zusammengekocht und dann mit
ranzigem Oel angemacht werden. Denn ranzig schmeckt alles Oel in Spanien;
es kommt das daher, daß man die Oliven erst faulen laßt, weil sie dann
mehr Ausbeute an Oel geben, und daher bekommt es jenen abscheulichen
widerlichen Geruch und Geschmack, die es für den Ausländer gradezu un¬
genießbar machen, die aber der Spanier grade überaus köstlich findet. --
Die reicheren Bauern, die etwas mel)r Feld besitzen, haben außer diesem
Häuschen noch ein zweites, das als Scheune dient, und darin schlafen sie
dann auch vom Vieh getrennt. Um diese Scheunen den Ratten und andern
Thieren unzugänglich zu machen, stehen sie nicht unmittelbar aus dem Erd¬
boden, sondern aus vier niedrigen steinernen Säulen, und zum Eingang füh¬
ren etliche kunstlose Stufen hinauf. An der Außenwand hängen rings herum,
geschützt durch das weit überhängende, nach allen vier Seiten abfallende
Breterdach, das mit Steinen beschwert ist, die schönen gelben Maiskolben,
die diesem schwebenden Häuschen ein, äußerst freundliches Ansehen geben.

Die Geräthschaften, deren sich der asturische Bauer bedient, können nicht
einfacher gedacht werden, so daß sie lebhaft an die patriarchalische Urzeit
des menschlichen Geschlechts erinnern. Jeder von ihnen besitzt' einen oder
zwei Ochsenkarren, welche das dürftigste Fuhrwerk repräsentiren. das es geben
kann. Man denke sich zwei eisenbeschlagne kreisrunde Holzscheiben, die an
einer Axe festsitzen und die Stelle der Ruder vertreten, auf der Axe liegen
zwei hölzerne Stangen, welche die doppelte Bestimmung haben, die Last zu
tragen und als Deichsel zu dienen, denn an sie werden die Ochsen, welche
den Karren ziehen, mit den Hörnern festgebunden. Das ist die ganze Ma¬
schine. Die Karrenräder und die Achse werden absichtlich nie geschmiert, da¬
mit sie so stark als möglich kreischen, denn der Asturier behauptet, daß die
Ochsen dann desto besser gehen. Daher ist es nicht zu verwundern, daß
diese Karren einen ohrenzerreißenden Lärm machen, den man. ohne Ueber¬
treibung, Viertelstunden weit hört. Dieses einfachste aller Fuhrwerke leistet den¬
noch dem Asturier aus seinen schlechten Wegen die besten Dienste.. Er kümmert
sich auch nicht viel darum, ob er Weg findet oder nicht, mit seinem Karren
kommt er überall durch, kein Berg ist ihm zu steil, kein Steinicht zu holperig. Zur
Führung seines Ochsengespanns hat er nichts weiter als eine lange Stange;
will er sie antreiben, so sticht oder schlägt er sie damit, um sie zu lenken,
hält er sie bald auf der einen bald auf der andern Seite, und sollen sie
stehen bleiben, so hält er sie ihnen quer vor den Kopf. Wo möglich noch
"


Hauses ist kohlschwarz von Ruf, denn in der Küche brennt das Feuer un¬
mittelbar auf dem Erdboden, der Luxus eines Herdes ist hier noch unbekannt
und der Rauch zieht ab, wohinaus er will und kann. Um das Feuer herum
kochen die Bucheros eines der spanischen Nationalgerichte, bestehend aus
Saubohnen, Kohl, Speck und Erbsen, die zusammengekocht und dann mit
ranzigem Oel angemacht werden. Denn ranzig schmeckt alles Oel in Spanien;
es kommt das daher, daß man die Oliven erst faulen laßt, weil sie dann
mehr Ausbeute an Oel geben, und daher bekommt es jenen abscheulichen
widerlichen Geruch und Geschmack, die es für den Ausländer gradezu un¬
genießbar machen, die aber der Spanier grade überaus köstlich findet. —
Die reicheren Bauern, die etwas mel)r Feld besitzen, haben außer diesem
Häuschen noch ein zweites, das als Scheune dient, und darin schlafen sie
dann auch vom Vieh getrennt. Um diese Scheunen den Ratten und andern
Thieren unzugänglich zu machen, stehen sie nicht unmittelbar aus dem Erd¬
boden, sondern aus vier niedrigen steinernen Säulen, und zum Eingang füh¬
ren etliche kunstlose Stufen hinauf. An der Außenwand hängen rings herum,
geschützt durch das weit überhängende, nach allen vier Seiten abfallende
Breterdach, das mit Steinen beschwert ist, die schönen gelben Maiskolben,
die diesem schwebenden Häuschen ein, äußerst freundliches Ansehen geben.

Die Geräthschaften, deren sich der asturische Bauer bedient, können nicht
einfacher gedacht werden, so daß sie lebhaft an die patriarchalische Urzeit
des menschlichen Geschlechts erinnern. Jeder von ihnen besitzt' einen oder
zwei Ochsenkarren, welche das dürftigste Fuhrwerk repräsentiren. das es geben
kann. Man denke sich zwei eisenbeschlagne kreisrunde Holzscheiben, die an
einer Axe festsitzen und die Stelle der Ruder vertreten, auf der Axe liegen
zwei hölzerne Stangen, welche die doppelte Bestimmung haben, die Last zu
tragen und als Deichsel zu dienen, denn an sie werden die Ochsen, welche
den Karren ziehen, mit den Hörnern festgebunden. Das ist die ganze Ma¬
schine. Die Karrenräder und die Achse werden absichtlich nie geschmiert, da¬
mit sie so stark als möglich kreischen, denn der Asturier behauptet, daß die
Ochsen dann desto besser gehen. Daher ist es nicht zu verwundern, daß
diese Karren einen ohrenzerreißenden Lärm machen, den man. ohne Ueber¬
treibung, Viertelstunden weit hört. Dieses einfachste aller Fuhrwerke leistet den¬
noch dem Asturier aus seinen schlechten Wegen die besten Dienste.. Er kümmert
sich auch nicht viel darum, ob er Weg findet oder nicht, mit seinem Karren
kommt er überall durch, kein Berg ist ihm zu steil, kein Steinicht zu holperig. Zur
Führung seines Ochsengespanns hat er nichts weiter als eine lange Stange;
will er sie antreiben, so sticht oder schlägt er sie damit, um sie zu lenken,
hält er sie bald auf der einen bald auf der andern Seite, und sollen sie
stehen bleiben, so hält er sie ihnen quer vor den Kopf. Wo möglich noch
"


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107147"/>
          <p xml:id="ID_269" prev="#ID_268"> Hauses ist kohlschwarz von Ruf, denn in der Küche brennt das Feuer un¬<lb/>
mittelbar auf dem Erdboden, der Luxus eines Herdes ist hier noch unbekannt<lb/>
und der Rauch zieht ab, wohinaus er will und kann. Um das Feuer herum<lb/>
kochen die Bucheros eines der spanischen Nationalgerichte, bestehend aus<lb/>
Saubohnen, Kohl, Speck und Erbsen, die zusammengekocht und dann mit<lb/>
ranzigem Oel angemacht werden. Denn ranzig schmeckt alles Oel in Spanien;<lb/>
es kommt das daher, daß man die Oliven erst faulen laßt, weil sie dann<lb/>
mehr Ausbeute an Oel geben, und daher bekommt es jenen abscheulichen<lb/>
widerlichen Geruch und Geschmack, die es für den Ausländer gradezu un¬<lb/>
genießbar machen, die aber der Spanier grade überaus köstlich findet. &#x2014;<lb/>
Die reicheren Bauern, die etwas mel)r Feld besitzen, haben außer diesem<lb/>
Häuschen noch ein zweites, das als Scheune dient, und darin schlafen sie<lb/>
dann auch vom Vieh getrennt. Um diese Scheunen den Ratten und andern<lb/>
Thieren unzugänglich zu machen, stehen sie nicht unmittelbar aus dem Erd¬<lb/>
boden, sondern aus vier niedrigen steinernen Säulen, und zum Eingang füh¬<lb/>
ren etliche kunstlose Stufen hinauf. An der Außenwand hängen rings herum,<lb/>
geschützt durch das weit überhängende, nach allen vier Seiten abfallende<lb/>
Breterdach, das mit Steinen beschwert ist, die schönen gelben Maiskolben,<lb/>
die diesem schwebenden Häuschen ein, äußerst freundliches Ansehen geben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_270" next="#ID_271"> Die Geräthschaften, deren sich der asturische Bauer bedient, können nicht<lb/>
einfacher gedacht werden, so daß sie lebhaft an die patriarchalische Urzeit<lb/>
des menschlichen Geschlechts erinnern. Jeder von ihnen besitzt' einen oder<lb/>
zwei Ochsenkarren, welche das dürftigste Fuhrwerk repräsentiren. das es geben<lb/>
kann. Man denke sich zwei eisenbeschlagne kreisrunde Holzscheiben, die an<lb/>
einer Axe festsitzen und die Stelle der Ruder vertreten, auf der Axe liegen<lb/>
zwei hölzerne Stangen, welche die doppelte Bestimmung haben, die Last zu<lb/>
tragen und als Deichsel zu dienen, denn an sie werden die Ochsen, welche<lb/>
den Karren ziehen, mit den Hörnern festgebunden. Das ist die ganze Ma¬<lb/>
schine. Die Karrenräder und die Achse werden absichtlich nie geschmiert, da¬<lb/>
mit sie so stark als möglich kreischen, denn der Asturier behauptet, daß die<lb/>
Ochsen dann desto besser gehen. Daher ist es nicht zu verwundern, daß<lb/>
diese Karren einen ohrenzerreißenden Lärm machen, den man. ohne Ueber¬<lb/>
treibung, Viertelstunden weit hört. Dieses einfachste aller Fuhrwerke leistet den¬<lb/>
noch dem Asturier aus seinen schlechten Wegen die besten Dienste.. Er kümmert<lb/>
sich auch nicht viel darum, ob er Weg findet oder nicht, mit seinem Karren<lb/>
kommt er überall durch, kein Berg ist ihm zu steil, kein Steinicht zu holperig. Zur<lb/>
Führung seines Ochsengespanns hat er nichts weiter als eine lange Stange;<lb/>
will er sie antreiben, so sticht oder schlägt er sie damit, um sie zu lenken,<lb/>
hält er sie bald auf der einen bald auf der andern Seite, und sollen sie<lb/>
stehen bleiben, so hält er sie ihnen quer vor den Kopf. Wo möglich noch<lb/>
"</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0100] Hauses ist kohlschwarz von Ruf, denn in der Küche brennt das Feuer un¬ mittelbar auf dem Erdboden, der Luxus eines Herdes ist hier noch unbekannt und der Rauch zieht ab, wohinaus er will und kann. Um das Feuer herum kochen die Bucheros eines der spanischen Nationalgerichte, bestehend aus Saubohnen, Kohl, Speck und Erbsen, die zusammengekocht und dann mit ranzigem Oel angemacht werden. Denn ranzig schmeckt alles Oel in Spanien; es kommt das daher, daß man die Oliven erst faulen laßt, weil sie dann mehr Ausbeute an Oel geben, und daher bekommt es jenen abscheulichen widerlichen Geruch und Geschmack, die es für den Ausländer gradezu un¬ genießbar machen, die aber der Spanier grade überaus köstlich findet. — Die reicheren Bauern, die etwas mel)r Feld besitzen, haben außer diesem Häuschen noch ein zweites, das als Scheune dient, und darin schlafen sie dann auch vom Vieh getrennt. Um diese Scheunen den Ratten und andern Thieren unzugänglich zu machen, stehen sie nicht unmittelbar aus dem Erd¬ boden, sondern aus vier niedrigen steinernen Säulen, und zum Eingang füh¬ ren etliche kunstlose Stufen hinauf. An der Außenwand hängen rings herum, geschützt durch das weit überhängende, nach allen vier Seiten abfallende Breterdach, das mit Steinen beschwert ist, die schönen gelben Maiskolben, die diesem schwebenden Häuschen ein, äußerst freundliches Ansehen geben. Die Geräthschaften, deren sich der asturische Bauer bedient, können nicht einfacher gedacht werden, so daß sie lebhaft an die patriarchalische Urzeit des menschlichen Geschlechts erinnern. Jeder von ihnen besitzt' einen oder zwei Ochsenkarren, welche das dürftigste Fuhrwerk repräsentiren. das es geben kann. Man denke sich zwei eisenbeschlagne kreisrunde Holzscheiben, die an einer Axe festsitzen und die Stelle der Ruder vertreten, auf der Axe liegen zwei hölzerne Stangen, welche die doppelte Bestimmung haben, die Last zu tragen und als Deichsel zu dienen, denn an sie werden die Ochsen, welche den Karren ziehen, mit den Hörnern festgebunden. Das ist die ganze Ma¬ schine. Die Karrenräder und die Achse werden absichtlich nie geschmiert, da¬ mit sie so stark als möglich kreischen, denn der Asturier behauptet, daß die Ochsen dann desto besser gehen. Daher ist es nicht zu verwundern, daß diese Karren einen ohrenzerreißenden Lärm machen, den man. ohne Ueber¬ treibung, Viertelstunden weit hört. Dieses einfachste aller Fuhrwerke leistet den¬ noch dem Asturier aus seinen schlechten Wegen die besten Dienste.. Er kümmert sich auch nicht viel darum, ob er Weg findet oder nicht, mit seinem Karren kommt er überall durch, kein Berg ist ihm zu steil, kein Steinicht zu holperig. Zur Führung seines Ochsengespanns hat er nichts weiter als eine lange Stange; will er sie antreiben, so sticht oder schlägt er sie damit, um sie zu lenken, hält er sie bald auf der einen bald auf der andern Seite, und sollen sie stehen bleiben, so hält er sie ihnen quer vor den Kopf. Wo möglich noch "

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/100
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/100>, abgerufen am 22.12.2024.