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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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des Briefes von dem englischen Gouverneur von Java beauftragt seien, die
Stellen der bisherigen Beamten der Factorei aus Decima einzunehmen. Die
letztern weigerten sich, darauf einzugehen. Sie sagten, wenn die Japanesen
erführen, daß England sich hier festsetzen wolle, so würden sie die Schiffe
verbrennen und alle Europäer in der Factorei niedermetzeln. Die neuen An¬
kömmlinge begnügten sich daher mit Besetzung einiger untergeordneter Stellen
durch Engländer, die den Japanesen, die man bei dem Glauben ließ, Holland
sei noch immer eine Macht für sich, als Eingeborne der Vereinigten Staaten
dargestellt wurden. 1814 kam wieder ein englisches Schiff von Batavia an.
Es brachte die Meldung, daß Europa sich gegen Frankreich erhoben habe, und
daß Java wahrscheinlich wieder an Holland fallen werde. Der holländische
Director der Factorei würde aufgefordert, sich für kurze Zeit bis zur Feststellung
der Verhältnisse den Befehlen des englischen Gouverneurs in Batavia zu unter¬
werfen. Er weigerte sich, und die Folge war, daß man englischerseits keine
Schiffe mehr schickte und die Holländer wieder drei Jahre hindurch ohne allen
Zusammenhang mit Europa waren. In dieser Zeit beschäftigte die japanesische
Negierung, welche die Holländer zu unterhalten hatte, ihre Gäste auf eine sehr
nützliche Weise. Sie mußten nämlich in Gemeinschaft mit zehn Dolmetschern
ein holländisch-japanesisches Wörterbuch für den Gebrauch der japanesischen Ge¬
lehrten und des Hofes in Jeddo zusammenstellen. Das Werk wurde vollendet
und eine Abschrift davon in der kaiserlichen Bibliothek zu Jeddo niedergelegt.
Ein Beamter der Factorei nahm später davon eine Copie, welche er bei seiner
Rückkehr im Jahr 1829 dem königlichen Museum zu Amsterdam übergab.

1811 fanden die Japanesen Gelegenheit, den Nüssen ihre Plünderungen auf
Sagalin heimzuzahlen. Die russische Kriegsschaluppe Diana war beauftragt, die
südlichen Kurilen zu untersuchen. Capitän Golownin, der Befehlshaber des
Schiffes, ankerte in einer Bucht des zwanzigsten dieser Eilande, wo die Ja¬
panesen eine Niederlassung und ein starkbesetztes Fort hatten. Als er ans
^ser ging, wurde er von den Japanesen in das Fort gelockt und sammt einem
Theil seiner Leute zum Gefangenen gemacht. Man schaffte sie von hier in
Fesseln nach Hakodadi. wo sie über zwei Jahr im Gefängniß saßen. Endlich
entließ man sie, wobei ihnen eine schriftliche Warnung mitgegeben wurde, des
Inhalts, daß künftig jedes russische Schiff, welches in einen japanesischen Hafen
einzulaufen wage, mit Kanonenkugeln empfangen werden würde.

1818 trafen in Nangasaki zwei Schiffe aus Batavia ein, welche die
Nachricht brachten, daß Java den Holländern zurückerstattet worden. An
Bord des einen befand sich auch eine Frau, und was in den Augen der Ja¬
paner noch schlimmer war, sie hatte ein Kind bei sich. Sie war die Gattin
eines Holländers, welcher den bisherigen Director der Factorei ablösen sollte.
Die japanesischen Behörden ließen sie, vermuthlich eine Vermehrung der hol-


Wrenzboten I. 1859. 7

des Briefes von dem englischen Gouverneur von Java beauftragt seien, die
Stellen der bisherigen Beamten der Factorei aus Decima einzunehmen. Die
letztern weigerten sich, darauf einzugehen. Sie sagten, wenn die Japanesen
erführen, daß England sich hier festsetzen wolle, so würden sie die Schiffe
verbrennen und alle Europäer in der Factorei niedermetzeln. Die neuen An¬
kömmlinge begnügten sich daher mit Besetzung einiger untergeordneter Stellen
durch Engländer, die den Japanesen, die man bei dem Glauben ließ, Holland
sei noch immer eine Macht für sich, als Eingeborne der Vereinigten Staaten
dargestellt wurden. 1814 kam wieder ein englisches Schiff von Batavia an.
Es brachte die Meldung, daß Europa sich gegen Frankreich erhoben habe, und
daß Java wahrscheinlich wieder an Holland fallen werde. Der holländische
Director der Factorei würde aufgefordert, sich für kurze Zeit bis zur Feststellung
der Verhältnisse den Befehlen des englischen Gouverneurs in Batavia zu unter¬
werfen. Er weigerte sich, und die Folge war, daß man englischerseits keine
Schiffe mehr schickte und die Holländer wieder drei Jahre hindurch ohne allen
Zusammenhang mit Europa waren. In dieser Zeit beschäftigte die japanesische
Negierung, welche die Holländer zu unterhalten hatte, ihre Gäste auf eine sehr
nützliche Weise. Sie mußten nämlich in Gemeinschaft mit zehn Dolmetschern
ein holländisch-japanesisches Wörterbuch für den Gebrauch der japanesischen Ge¬
lehrten und des Hofes in Jeddo zusammenstellen. Das Werk wurde vollendet
und eine Abschrift davon in der kaiserlichen Bibliothek zu Jeddo niedergelegt.
Ein Beamter der Factorei nahm später davon eine Copie, welche er bei seiner
Rückkehr im Jahr 1829 dem königlichen Museum zu Amsterdam übergab.

1811 fanden die Japanesen Gelegenheit, den Nüssen ihre Plünderungen auf
Sagalin heimzuzahlen. Die russische Kriegsschaluppe Diana war beauftragt, die
südlichen Kurilen zu untersuchen. Capitän Golownin, der Befehlshaber des
Schiffes, ankerte in einer Bucht des zwanzigsten dieser Eilande, wo die Ja¬
panesen eine Niederlassung und ein starkbesetztes Fort hatten. Als er ans
^ser ging, wurde er von den Japanesen in das Fort gelockt und sammt einem
Theil seiner Leute zum Gefangenen gemacht. Man schaffte sie von hier in
Fesseln nach Hakodadi. wo sie über zwei Jahr im Gefängniß saßen. Endlich
entließ man sie, wobei ihnen eine schriftliche Warnung mitgegeben wurde, des
Inhalts, daß künftig jedes russische Schiff, welches in einen japanesischen Hafen
einzulaufen wage, mit Kanonenkugeln empfangen werden würde.

1818 trafen in Nangasaki zwei Schiffe aus Batavia ein, welche die
Nachricht brachten, daß Java den Holländern zurückerstattet worden. An
Bord des einen befand sich auch eine Frau, und was in den Augen der Ja¬
paner noch schlimmer war, sie hatte ein Kind bei sich. Sie war die Gattin
eines Holländers, welcher den bisherigen Director der Factorei ablösen sollte.
Die japanesischen Behörden ließen sie, vermuthlich eine Vermehrung der hol-


Wrenzboten I. 1859. 7
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/59>, abgerufen am 22.12.2024.