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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Mac Masons zwei Colonnen griffen die Division Cordon an, diese zog
sich in der Richtung auf Magenta zurück; alsbald aber entwickelte Clam
Gallas den Nest seines Corps, zu welchem sich dann auch das Liechtensteinische
gesellte, zwischen Buffalora und Magenta. Mac Mahon, der auf diese Weise
seine Colonnen bedroht sah, zog dieselben gegen Magenta hin zusammen;
um dieses auszuführen, mußte er das Gefecht einstellen; sein Feuer hörte da¬
her auf und dies setzte Napoleon in nicht geringe Unruhe. Um sechs Uhr
aber schritt Mac Mahon mit vereinigter Macht zum Angriff auf Magenta.
Hier war der Kampf am hartnäckigsten und blutigsten.

Um sechs Uhr also hörte man auch wieder das Feuer von Magenta
her äußerst lebhaft bei dem Angriff am Naviglio grande. Dies belebte den
Muth der hier kämpfenden französischen Divisionen, sie gingen nun desto
kräftiger drauf, und da die Anstrengungen des dritten und des siebenten Corps
östreichischerseits nicht gehörig ineinandergriffen, so war es leicht, hier Ter¬
rain zu gewinnen und endlich die Vereinigung der Colonne von S. Martins
mit derjenigen von Turbigo zu bewerkstelligen.

Etwa um acht Uhr war Mac Mahon Herr von Magenta. Liechtenstein
und Clam Gallas traten von hier aus einen eiligen Rückzug in der Rich¬
tung auf Mailand an, obenein ohne ihren Oberfeldherrn von dieser Rück-
wärtsdeconcentrirung in Kenntniß zu setzen. Erst am 5. Juni Morgens er¬
hielt er Nachricht davon.

Auch die Truppen, welche noch vorwärts Magenta gegen Napoleon selbst
kämpften, mußten zurück, obgleich das fünfte Corps endlich auch, aber sehr
ermüdet, auf dem Schlachtfeld eingetroffen war und selbst noch eine Brigade
ins Treffen gebracht hatte. Die Divisionen des siebenten und des dritten
Corps wichen zum Theil längs dem Eisenbahndamm zurück und wurden
hier von einer französischen Vierzigkanonenbatterie, die der Artilleriecomman¬
dant Mac Masons daselbst aufgefahren hatte, niedergeschmettert.

Die Schlacht war für die Oestreicher verloren; gewonnen war sie für die
Franzosen, vorzugsweise aber durch den klugen und kühnen Entschluß Mac
Masons, alle seine Kraft auf die rechte Flanke der Oestreicher zu werfen, wie
einst Marengo für Napoleon den Erster! durch Desaix. Desaix blieb, Mac
Mahon ist Marschall und Herzog von Magenta geworden. Er hat es redlich
verdient.

Eine Verfolgung fand nicht statt. Giulay konnte sein Hauptquartier zu
Abbiategrasso behalten und an eine Erneuung des Angriffes am 5. Juni
denken. Es blieb aber bei einem schwachen Ansatz dazu; denn er erfuhr
endlich an diesem Morgen, daß Liechtenstein und Clam ihm durchgegangen
seien und glaubte von diesen nur dann Gebrauch machen zu können, wenn
er sie schon am Vormittag des 5. wieder habe, folglich sie einen anstrengenden


Mac Masons zwei Colonnen griffen die Division Cordon an, diese zog
sich in der Richtung auf Magenta zurück; alsbald aber entwickelte Clam
Gallas den Nest seines Corps, zu welchem sich dann auch das Liechtensteinische
gesellte, zwischen Buffalora und Magenta. Mac Mahon, der auf diese Weise
seine Colonnen bedroht sah, zog dieselben gegen Magenta hin zusammen;
um dieses auszuführen, mußte er das Gefecht einstellen; sein Feuer hörte da¬
her auf und dies setzte Napoleon in nicht geringe Unruhe. Um sechs Uhr
aber schritt Mac Mahon mit vereinigter Macht zum Angriff auf Magenta.
Hier war der Kampf am hartnäckigsten und blutigsten.

Um sechs Uhr also hörte man auch wieder das Feuer von Magenta
her äußerst lebhaft bei dem Angriff am Naviglio grande. Dies belebte den
Muth der hier kämpfenden französischen Divisionen, sie gingen nun desto
kräftiger drauf, und da die Anstrengungen des dritten und des siebenten Corps
östreichischerseits nicht gehörig ineinandergriffen, so war es leicht, hier Ter¬
rain zu gewinnen und endlich die Vereinigung der Colonne von S. Martins
mit derjenigen von Turbigo zu bewerkstelligen.

Etwa um acht Uhr war Mac Mahon Herr von Magenta. Liechtenstein
und Clam Gallas traten von hier aus einen eiligen Rückzug in der Rich¬
tung auf Mailand an, obenein ohne ihren Oberfeldherrn von dieser Rück-
wärtsdeconcentrirung in Kenntniß zu setzen. Erst am 5. Juni Morgens er¬
hielt er Nachricht davon.

Auch die Truppen, welche noch vorwärts Magenta gegen Napoleon selbst
kämpften, mußten zurück, obgleich das fünfte Corps endlich auch, aber sehr
ermüdet, auf dem Schlachtfeld eingetroffen war und selbst noch eine Brigade
ins Treffen gebracht hatte. Die Divisionen des siebenten und des dritten
Corps wichen zum Theil längs dem Eisenbahndamm zurück und wurden
hier von einer französischen Vierzigkanonenbatterie, die der Artilleriecomman¬
dant Mac Masons daselbst aufgefahren hatte, niedergeschmettert.

Die Schlacht war für die Oestreicher verloren; gewonnen war sie für die
Franzosen, vorzugsweise aber durch den klugen und kühnen Entschluß Mac
Masons, alle seine Kraft auf die rechte Flanke der Oestreicher zu werfen, wie
einst Marengo für Napoleon den Erster! durch Desaix. Desaix blieb, Mac
Mahon ist Marschall und Herzog von Magenta geworden. Er hat es redlich
verdient.

Eine Verfolgung fand nicht statt. Giulay konnte sein Hauptquartier zu
Abbiategrasso behalten und an eine Erneuung des Angriffes am 5. Juni
denken. Es blieb aber bei einem schwachen Ansatz dazu; denn er erfuhr
endlich an diesem Morgen, daß Liechtenstein und Clam ihm durchgegangen
seien und glaubte von diesen nur dann Gebrauch machen zu können, wenn
er sie schon am Vormittag des 5. wieder habe, folglich sie einen anstrengenden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/505>, abgerufen am 22.12.2024.