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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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livrer conservirt wird, deren innere Haltbarkeit sehr bezweifelt werden darf.
Aber wie es auch um die Zukunft dieses Staates stehe, und wie seine Poli¬
tik auch gegen das preußische Wesen feindlich arbeite, wenn Preußen einst
gezwungen wird, mit ihm abzurechnen, so muß das geschehen nicht im Bünd¬
nis; mit Russen und Franzosen, sondern in deutscher Sache mit eigener Kraft.
Bis dahin soll die preußische Regierung die Intriguen Oestreichs mit Festig¬
keit abwehren, und den Dualismus, welcher Deutschland fortwährend in zwei
Lager trennt, als ein unvermeidliches aber nicht endloses Uebel mannhaft
bekämpfen. Und wir Preußen wollen nicht nur die Pflichten, welche wir durch
Verträge gegen Oestreich übernommen haben, redlich erfüllen, sondern wir
werden dem Nachbar überall, wo er in der That ein deutsches Interesse ver¬
sieht, aufrichtig die Hand reichen. Seinen italienischen Krieg vermögen wir in
seinem letzten Grunde nicht für einen deutschen zu halten. Ja, wir glauben,
daß eine nationale Gestaltung Italiens, selbst wenn italienische Dankbarkeit
ein Uebergewicht des französischen Einflusses auf längere Zeit ertragen sollte,
kein deutsches Unglück ist. Aber wir halten es für nothwendig, dem gegen¬
wärtigen Herrn Frankreichs zu zeigen, daß seine unruhige Begehrlichkeit wohl
thun wird, auch Unbequemes zu achten, was durch europäische Verträge sanc-
tionirt ist. Und weil wir uns als Deutsche suhlen, wollen wir dem Kaiser
von Frankreich mit ernstem Nachdruck betonen, daß wir dem Ausland gegen¬
über die Oestreicher als Bundesgenossen betrachten, die ein weit älteres und
näheres Anrecht auf unsere Hilfe haben, als jedes fremde Volk.

Noch ist nicht unmöglich, daß durch die Politik des berliner Cabinets
unserem Erdtheil ein für Deutschland ehrenvoller Friede wiedergegeben wird.
Wenn es einen Vermittler gibt, dessen Stimme jetzt gehört werden muß, so
ist es Preußen. Der Kaiser Napoleon weiß am besten, wie ehrenhaft und
besonnen die Politik des Prinzrcgenten operirt hat, er selbst hat erfahren,
daß Preußen in diesem Conflict nichts für sich begehrt, und daß es an sein
Schwert faßt nicht im auflodernden Haß gegen Frankreich und nicht aus
Liebe und Sympathie für die östreichische Politik in Italien, sondern nur in
der tiefen Ueberzeugung, daß es eine Pflicht zu erfüllen hat. Ja, einige An¬
zeichen deuten darauf hin, daß selbst die letzten Erfolge der französischen
Waffen, wie schwierig sie die Stellung Oestreichs gemacht haben, den Kaiser
von Frankreich nicht über das für ihn Erreichbare verblenden. Allerdings ist
der Gewinn des Friedens in der gegenwärtigen Situation unwahrschein¬
lich. Oestreich hat Verluste erlitten, aber es ist nicht so geschwächt, daß
es sich zu den Concessionen verstehen wird, welche die Verbündeten jetzt zu
fordern veranlaßt werden. Doch der unermüdlichen Diplomatie, welche ihre
Fäden auch um die Waffen spinnt, welche noch von Schlachtenblut geröthet
sind, ist doch schon jetzt Gelegenheit gegeben, Vorbereitungen zu treffen, und


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livrer conservirt wird, deren innere Haltbarkeit sehr bezweifelt werden darf.
Aber wie es auch um die Zukunft dieses Staates stehe, und wie seine Poli¬
tik auch gegen das preußische Wesen feindlich arbeite, wenn Preußen einst
gezwungen wird, mit ihm abzurechnen, so muß das geschehen nicht im Bünd¬
nis; mit Russen und Franzosen, sondern in deutscher Sache mit eigener Kraft.
Bis dahin soll die preußische Regierung die Intriguen Oestreichs mit Festig¬
keit abwehren, und den Dualismus, welcher Deutschland fortwährend in zwei
Lager trennt, als ein unvermeidliches aber nicht endloses Uebel mannhaft
bekämpfen. Und wir Preußen wollen nicht nur die Pflichten, welche wir durch
Verträge gegen Oestreich übernommen haben, redlich erfüllen, sondern wir
werden dem Nachbar überall, wo er in der That ein deutsches Interesse ver¬
sieht, aufrichtig die Hand reichen. Seinen italienischen Krieg vermögen wir in
seinem letzten Grunde nicht für einen deutschen zu halten. Ja, wir glauben,
daß eine nationale Gestaltung Italiens, selbst wenn italienische Dankbarkeit
ein Uebergewicht des französischen Einflusses auf längere Zeit ertragen sollte,
kein deutsches Unglück ist. Aber wir halten es für nothwendig, dem gegen¬
wärtigen Herrn Frankreichs zu zeigen, daß seine unruhige Begehrlichkeit wohl
thun wird, auch Unbequemes zu achten, was durch europäische Verträge sanc-
tionirt ist. Und weil wir uns als Deutsche suhlen, wollen wir dem Kaiser
von Frankreich mit ernstem Nachdruck betonen, daß wir dem Ausland gegen¬
über die Oestreicher als Bundesgenossen betrachten, die ein weit älteres und
näheres Anrecht auf unsere Hilfe haben, als jedes fremde Volk.

Noch ist nicht unmöglich, daß durch die Politik des berliner Cabinets
unserem Erdtheil ein für Deutschland ehrenvoller Friede wiedergegeben wird.
Wenn es einen Vermittler gibt, dessen Stimme jetzt gehört werden muß, so
ist es Preußen. Der Kaiser Napoleon weiß am besten, wie ehrenhaft und
besonnen die Politik des Prinzrcgenten operirt hat, er selbst hat erfahren,
daß Preußen in diesem Conflict nichts für sich begehrt, und daß es an sein
Schwert faßt nicht im auflodernden Haß gegen Frankreich und nicht aus
Liebe und Sympathie für die östreichische Politik in Italien, sondern nur in
der tiefen Ueberzeugung, daß es eine Pflicht zu erfüllen hat. Ja, einige An¬
zeichen deuten darauf hin, daß selbst die letzten Erfolge der französischen
Waffen, wie schwierig sie die Stellung Oestreichs gemacht haben, den Kaiser
von Frankreich nicht über das für ihn Erreichbare verblenden. Allerdings ist
der Gewinn des Friedens in der gegenwärtigen Situation unwahrschein¬
lich. Oestreich hat Verluste erlitten, aber es ist nicht so geschwächt, daß
es sich zu den Concessionen verstehen wird, welche die Verbündeten jetzt zu
fordern veranlaßt werden. Doch der unermüdlichen Diplomatie, welche ihre
Fäden auch um die Waffen spinnt, welche noch von Schlachtenblut geröthet
sind, ist doch schon jetzt Gelegenheit gegeben, Vorbereitungen zu treffen, und


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[0477] livrer conservirt wird, deren innere Haltbarkeit sehr bezweifelt werden darf. Aber wie es auch um die Zukunft dieses Staates stehe, und wie seine Poli¬ tik auch gegen das preußische Wesen feindlich arbeite, wenn Preußen einst gezwungen wird, mit ihm abzurechnen, so muß das geschehen nicht im Bünd¬ nis; mit Russen und Franzosen, sondern in deutscher Sache mit eigener Kraft. Bis dahin soll die preußische Regierung die Intriguen Oestreichs mit Festig¬ keit abwehren, und den Dualismus, welcher Deutschland fortwährend in zwei Lager trennt, als ein unvermeidliches aber nicht endloses Uebel mannhaft bekämpfen. Und wir Preußen wollen nicht nur die Pflichten, welche wir durch Verträge gegen Oestreich übernommen haben, redlich erfüllen, sondern wir werden dem Nachbar überall, wo er in der That ein deutsches Interesse ver¬ sieht, aufrichtig die Hand reichen. Seinen italienischen Krieg vermögen wir in seinem letzten Grunde nicht für einen deutschen zu halten. Ja, wir glauben, daß eine nationale Gestaltung Italiens, selbst wenn italienische Dankbarkeit ein Uebergewicht des französischen Einflusses auf längere Zeit ertragen sollte, kein deutsches Unglück ist. Aber wir halten es für nothwendig, dem gegen¬ wärtigen Herrn Frankreichs zu zeigen, daß seine unruhige Begehrlichkeit wohl thun wird, auch Unbequemes zu achten, was durch europäische Verträge sanc- tionirt ist. Und weil wir uns als Deutsche suhlen, wollen wir dem Kaiser von Frankreich mit ernstem Nachdruck betonen, daß wir dem Ausland gegen¬ über die Oestreicher als Bundesgenossen betrachten, die ein weit älteres und näheres Anrecht auf unsere Hilfe haben, als jedes fremde Volk. Noch ist nicht unmöglich, daß durch die Politik des berliner Cabinets unserem Erdtheil ein für Deutschland ehrenvoller Friede wiedergegeben wird. Wenn es einen Vermittler gibt, dessen Stimme jetzt gehört werden muß, so ist es Preußen. Der Kaiser Napoleon weiß am besten, wie ehrenhaft und besonnen die Politik des Prinzrcgenten operirt hat, er selbst hat erfahren, daß Preußen in diesem Conflict nichts für sich begehrt, und daß es an sein Schwert faßt nicht im auflodernden Haß gegen Frankreich und nicht aus Liebe und Sympathie für die östreichische Politik in Italien, sondern nur in der tiefen Ueberzeugung, daß es eine Pflicht zu erfüllen hat. Ja, einige An¬ zeichen deuten darauf hin, daß selbst die letzten Erfolge der französischen Waffen, wie schwierig sie die Stellung Oestreichs gemacht haben, den Kaiser von Frankreich nicht über das für ihn Erreichbare verblenden. Allerdings ist der Gewinn des Friedens in der gegenwärtigen Situation unwahrschein¬ lich. Oestreich hat Verluste erlitten, aber es ist nicht so geschwächt, daß es sich zu den Concessionen verstehen wird, welche die Verbündeten jetzt zu fordern veranlaßt werden. Doch der unermüdlichen Diplomatie, welche ihre Fäden auch um die Waffen spinnt, welche noch von Schlachtenblut geröthet sind, ist doch schon jetzt Gelegenheit gegeben, Vorbereitungen zu treffen, und 59*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/477>, abgerufen am 22.12.2024.