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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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lich auch auf einen bis auf die kleinsten Glieder lebendigen taktischen Orga¬
nismus hinzielen, welcher bekanntlich der russischen Armee den europäischen
Heeren neuester Zeit gegenüber wesentlich mangelte. Dabei kommt es jedoch
vorzugsweise darauf an, daß der Soldat die neuen verbesserten Waffen voll¬
ständig entsprechend verwerthen lerne. Dies lernt sich nicht durch bloßes Ab¬
richten und Dritten, dazu gehört eine individuelle Ausbildung und Erziehung
zum Dienst, welche nicht immer von neuem bei den Grundelementen anzu¬
fangen hat.

Wir wenden uns zunächst zu dem Bestände der russischen "activen Armee".
Unmittelbar nach dem Frieden bildete denselben (abgesehen von den schon er¬
wähnten abgesonderten Corps): 1) das Garde- und Grenadiercorps -- damals
in den Ostseeprovinzen aufgestellt, dann größtentheils zur Krönung nach Moskau
dirigirt und schließlich in seine gewohnten Garnisonen in Petersburg und der
Umgegend zurückgeführt, wo das Gardecorps vom Grenadiercorps getrennt
wurde; 2) die erste Armee, aus dem i.. 2. und 3. Corps bestehend, unter
dem Obcrcommcmdo des Fürststatthaiters von Polen, Gortschcckoff, über das
Königreich und die altpolnischen Provinzen vertheilt; 3) die zweite Armee,
vom 4., 5. und 6. Corps gebildet, unter dem Obercommcmdo des General
Lüders, über die süd- und neurussischen Gouvernements verbreitet, doch bereits
im Herbst 1856 nach Lüders Rücktritt aus dem engeren Verbände einer Armee
gelöst und in die drei dieselbe bildenden Corps zerfällt; 4) das zweite Ne-
servecavaleriecorps und das Dragonercorps sind bald nach dem Kriege auf¬
gelöst und theils unter die leichten Cavaleriedivifionen, theils unter das kau¬
kasische Corps vertheilt. Gegenwärtig sind also die formellen Hauptkörper der
activen Armee folgende: Gardecorps, Grenadiercorps, erste Armee (1., 2., 3-
Armeecorps), viertes, fünftes und sechstes Armeecorps.

Die Hauptveränderung in der Formation der Corps besteht übereinstim¬
mend darin, daß zwar jedes aus drei Divisionen (Z. zwei Brigaden zu je 2
Regimentern) zusammengestellt blieb, wogegen das Regiment nur in 2, statt
der früheren 3 Bataillone zerfällt und das Verhältniß der leichten Infanterie
(Schützen) zum Corps vervierfacht worden ist. Zugleich wurde die Stärke der
Bataillone für den Frieden auf 600 Mann (gegen die früheren 800) herabge¬
setzt. Auf solche Weise verminderte sich die Zahl der Bataillone beim Garde-
und dem Grenadiercorps fast um ein Drittel, bei den übrigen Corps um ein
Viertel; dagegen sind jetzt die numerischen Bestände der einzelnen Truppen¬
körper vollzähliger wirklich vorhanden, als früher. Eine genaue Zäh^
dafür anzugeben ist nicht möglich; wir müssen uns für die Berechnung
der Massen an die Kriegssollstände halten, welche ungefähr folgende Ta¬
belle ergeben.


lich auch auf einen bis auf die kleinsten Glieder lebendigen taktischen Orga¬
nismus hinzielen, welcher bekanntlich der russischen Armee den europäischen
Heeren neuester Zeit gegenüber wesentlich mangelte. Dabei kommt es jedoch
vorzugsweise darauf an, daß der Soldat die neuen verbesserten Waffen voll¬
ständig entsprechend verwerthen lerne. Dies lernt sich nicht durch bloßes Ab¬
richten und Dritten, dazu gehört eine individuelle Ausbildung und Erziehung
zum Dienst, welche nicht immer von neuem bei den Grundelementen anzu¬
fangen hat.

Wir wenden uns zunächst zu dem Bestände der russischen „activen Armee".
Unmittelbar nach dem Frieden bildete denselben (abgesehen von den schon er¬
wähnten abgesonderten Corps): 1) das Garde- und Grenadiercorps — damals
in den Ostseeprovinzen aufgestellt, dann größtentheils zur Krönung nach Moskau
dirigirt und schließlich in seine gewohnten Garnisonen in Petersburg und der
Umgegend zurückgeführt, wo das Gardecorps vom Grenadiercorps getrennt
wurde; 2) die erste Armee, aus dem i.. 2. und 3. Corps bestehend, unter
dem Obcrcommcmdo des Fürststatthaiters von Polen, Gortschcckoff, über das
Königreich und die altpolnischen Provinzen vertheilt; 3) die zweite Armee,
vom 4., 5. und 6. Corps gebildet, unter dem Obercommcmdo des General
Lüders, über die süd- und neurussischen Gouvernements verbreitet, doch bereits
im Herbst 1856 nach Lüders Rücktritt aus dem engeren Verbände einer Armee
gelöst und in die drei dieselbe bildenden Corps zerfällt; 4) das zweite Ne-
servecavaleriecorps und das Dragonercorps sind bald nach dem Kriege auf¬
gelöst und theils unter die leichten Cavaleriedivifionen, theils unter das kau¬
kasische Corps vertheilt. Gegenwärtig sind also die formellen Hauptkörper der
activen Armee folgende: Gardecorps, Grenadiercorps, erste Armee (1., 2., 3-
Armeecorps), viertes, fünftes und sechstes Armeecorps.

Die Hauptveränderung in der Formation der Corps besteht übereinstim¬
mend darin, daß zwar jedes aus drei Divisionen (Z. zwei Brigaden zu je 2
Regimentern) zusammengestellt blieb, wogegen das Regiment nur in 2, statt
der früheren 3 Bataillone zerfällt und das Verhältniß der leichten Infanterie
(Schützen) zum Corps vervierfacht worden ist. Zugleich wurde die Stärke der
Bataillone für den Frieden auf 600 Mann (gegen die früheren 800) herabge¬
setzt. Auf solche Weise verminderte sich die Zahl der Bataillone beim Garde-
und dem Grenadiercorps fast um ein Drittel, bei den übrigen Corps um ein
Viertel; dagegen sind jetzt die numerischen Bestände der einzelnen Truppen¬
körper vollzähliger wirklich vorhanden, als früher. Eine genaue Zäh^
dafür anzugeben ist nicht möglich; wir müssen uns für die Berechnung
der Massen an die Kriegssollstände halten, welche ungefähr folgende Ta¬
belle ergeben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/352>, abgerufen am 22.12.2024.