Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.erkannt sein und ging deshalb leer aus. Außer der Kirche und ihrem An¬ Das Mittagsmahl wurde wieder in S. Scolastica eingenommen; der erkannt sein und ging deshalb leer aus. Außer der Kirche und ihrem An¬ Das Mittagsmahl wurde wieder in S. Scolastica eingenommen; der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0303" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107350"/> <p xml:id="ID_885" prev="#ID_884"> erkannt sein und ging deshalb leer aus. Außer der Kirche und ihrem An¬<lb/> wesen wurde uns nur noch eine mit dem Kloster verbundene, der heiligen<lb/> Katharina geweihte Kapelle gezeigt; sie enthielt zwei Fresken, angeblich von<lb/> Giotto, eine Kreuztragung und Katharinens Martyr'thun; gegenüber hatte<lb/> Annibale Caracci eine Pietü, gemalt. Auf dem Wege von der Kirche zu<lb/> dieser Kapelle durchschreitet man einen offenen Hof mit der überlebensgroßen<lb/> Statue Benedicts; ihr zur Seite hüpfte der Rabe, welcher zum Andenken an<lb/> Benedicts oben erwähnten Vergiftungsversuch noch heutzutage üblicherweise<lb/> in allen Benedictinerklöstern gehalten wird. Die Statue schaut nach den<lb/> Bergwänden, die unmittelbar histtcr der Kirche sich erheben und sich drohend<lb/> über dieselbe lehnen, als wollten sie niederstürzen und das Kloster begraben;<lb/> überall sind sie gerissen und namentlich sieht man in der Höhe ein größeres<lb/> und ein kleineres Felsstück ringsum abgespalten, als wären sie nur durch ein<lb/> Wunder zurückgehalten, daß sie nicht zerschmetternd herabfielen. Aber die<lb/> Mönche vertrauen auf den Schutz ihres Heiligen, und wahrhaft rührend war<lb/> es zu sehen, mit welcher Zuversicht man auf die Hand der Statue hindeutete,<lb/> die schirmend gegen die Felsen sich ausstreckt, und aus die Unterschrift am<lb/> Piedestal: „terius,, » rupo, non Ä-mneLiiii'ö i lig'ij imoi (halte, Fels, und<lb/> schädige nicht meine Kinder)!" Als ich fragte, ob sich noch nie etwas vom<lb/> Felsen abgelöst habe, wurde mir ein ausdrucks- und vorwurfsvolles: „mai,<lb/> Mai, (niemals)!" zur Antwort. —</p><lb/> <p xml:id="ID_886" next="#ID_887"> Das Mittagsmahl wurde wieder in S. Scolastica eingenommen; der<lb/> Padre Presidente war von Subjaco zurückgekehrt, unterhielt uns erst noch<lb/> eine Zeitlang in der Forcstieria führte dann den Fremdenzug. der sich durch<lb/> drei englische Maler vermehrt hatte, ins Refectorium, und leitete den Gesang,<lb/> wie Tags zuvor der Prior. Nach Tisch begleitete er uns ebenso zurück, und<lb/> ließ für jeden einen der jungen Leute des Klosters herbeirufen, welcher in der<lb/> Sprache des Gastes zu Hause war; wir alle gruppirten uns um das Sopha<lb/> in dem Gastzimmer, es war ein Kreis von elf Personen; neben den Eng¬<lb/> ländern kamen Engländer zu sitzen, neben dem Abbü ein Franzose, neben<lb/> mir der junge Mailänder; es sollten im Kloster neun Sprachen vertreten<lb/> sein. Meinen Nachbar forschte ich aus wegen seiner täglichen Beschäftigungen;<lb/> er war Schüler der sogenannten lateinischen Schule des Klosters, die weit<lb/> und breit berühmt sei, und von aller Herren Ländern beschickt werde; weil so<lb/> verschiedene- Sprachelemente im Kloster seien, habe man die Gewohnheit, wäh¬<lb/> rend des Prcmzo außer im Italienischen auch im Französischen und Englischen<lb/> vorzulesen. Hier und in der Kirche empfingen die Schüler ihren Religions¬<lb/> unterricht, für welchen besondere Stunden nicht weiter bestimmt seien, in der<lb/> Schule werde nichts gelehrt als lateinisch und in Verbindung damit römische<lb/> Geschichte, indem nämlich täglich zwei und eine halbe Stunde lang ein latei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0303]
erkannt sein und ging deshalb leer aus. Außer der Kirche und ihrem An¬
wesen wurde uns nur noch eine mit dem Kloster verbundene, der heiligen
Katharina geweihte Kapelle gezeigt; sie enthielt zwei Fresken, angeblich von
Giotto, eine Kreuztragung und Katharinens Martyr'thun; gegenüber hatte
Annibale Caracci eine Pietü, gemalt. Auf dem Wege von der Kirche zu
dieser Kapelle durchschreitet man einen offenen Hof mit der überlebensgroßen
Statue Benedicts; ihr zur Seite hüpfte der Rabe, welcher zum Andenken an
Benedicts oben erwähnten Vergiftungsversuch noch heutzutage üblicherweise
in allen Benedictinerklöstern gehalten wird. Die Statue schaut nach den
Bergwänden, die unmittelbar histtcr der Kirche sich erheben und sich drohend
über dieselbe lehnen, als wollten sie niederstürzen und das Kloster begraben;
überall sind sie gerissen und namentlich sieht man in der Höhe ein größeres
und ein kleineres Felsstück ringsum abgespalten, als wären sie nur durch ein
Wunder zurückgehalten, daß sie nicht zerschmetternd herabfielen. Aber die
Mönche vertrauen auf den Schutz ihres Heiligen, und wahrhaft rührend war
es zu sehen, mit welcher Zuversicht man auf die Hand der Statue hindeutete,
die schirmend gegen die Felsen sich ausstreckt, und aus die Unterschrift am
Piedestal: „terius,, » rupo, non Ä-mneLiiii'ö i lig'ij imoi (halte, Fels, und
schädige nicht meine Kinder)!" Als ich fragte, ob sich noch nie etwas vom
Felsen abgelöst habe, wurde mir ein ausdrucks- und vorwurfsvolles: „mai,
Mai, (niemals)!" zur Antwort. —
Das Mittagsmahl wurde wieder in S. Scolastica eingenommen; der
Padre Presidente war von Subjaco zurückgekehrt, unterhielt uns erst noch
eine Zeitlang in der Forcstieria führte dann den Fremdenzug. der sich durch
drei englische Maler vermehrt hatte, ins Refectorium, und leitete den Gesang,
wie Tags zuvor der Prior. Nach Tisch begleitete er uns ebenso zurück, und
ließ für jeden einen der jungen Leute des Klosters herbeirufen, welcher in der
Sprache des Gastes zu Hause war; wir alle gruppirten uns um das Sopha
in dem Gastzimmer, es war ein Kreis von elf Personen; neben den Eng¬
ländern kamen Engländer zu sitzen, neben dem Abbü ein Franzose, neben
mir der junge Mailänder; es sollten im Kloster neun Sprachen vertreten
sein. Meinen Nachbar forschte ich aus wegen seiner täglichen Beschäftigungen;
er war Schüler der sogenannten lateinischen Schule des Klosters, die weit
und breit berühmt sei, und von aller Herren Ländern beschickt werde; weil so
verschiedene- Sprachelemente im Kloster seien, habe man die Gewohnheit, wäh¬
rend des Prcmzo außer im Italienischen auch im Französischen und Englischen
vorzulesen. Hier und in der Kirche empfingen die Schüler ihren Religions¬
unterricht, für welchen besondere Stunden nicht weiter bestimmt seien, in der
Schule werde nichts gelehrt als lateinisch und in Verbindung damit römische
Geschichte, indem nämlich täglich zwei und eine halbe Stunde lang ein latei-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |