Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.nehmen, daß sie vollständig fremd erscheinen. Und wie dies den deutschen Worten nehmen, daß sie vollständig fremd erscheinen. Und wie dies den deutschen Worten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0302" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107349"/> <p xml:id="ID_884" prev="#ID_883" next="#ID_885"> nehmen, daß sie vollständig fremd erscheinen. Und wie dies den deutschen Worten<lb/> ergeht, so noch vielmehr italienischen sür das deutsche Ohr, das vielleicht<lb/> schon lange in der Heimath durch gründliche Uebung an die fremde Sprache<lb/> sich gewohnt hat oder wenigstens sich gewöhnt zu haben vermeint, aber um<lb/> zu bald den Unterschied vermerkt zwischen italienisch redenden Deutschen, und<lb/> italienisch redenden Italienern. — Vom Querschiff der Kirche aus führt eine<lb/> Treppe zu einer großen unterirdischen Kapelle hinab, die gleichfalls in die<lb/> Felsen gebaut ist. An der Wand rechts von der Hauptthür ist ein Brustbild<lb/> Innocenz des Dritten; an der Decke umgeben Heilige und Engel den von<lb/> der Glorie umstrahlten Christus, alles sehr wohl erhalten, und charakteristische<lb/> byzantiner Malerei. Mit dieser Kapelle hängt die Felsgrotte zusammen, worin<lb/> Benedict gelebt und jene auf Giottos Bild wiedergegebene Anfechtung gehabt<lb/> haben soll. Zum Andenken daran hat man hier Benedict eine Statue er¬<lb/> richtet; der jugendliche Einsiedler kniet Hand und Blick nach oben erhoben,<lb/> wo der freie Himmel über den Felsen liegt; aus einem Vorsprung ist das<lb/> Körbchen Romanos angebracht. Das Werk ist von carrarischem Marmor;<lb/> der Bildhauer war Bernini; er machte aus dem Patriarchen des Occident<lb/> einen engelhaften Knaben von vierzehn Jahren, aber es gelang ihm hier<lb/> mehr als sonst, ohne Extase seiner Idee Ausdruck zu geben. Auf die erste<lb/> unterirdische Kapelle folgt tiefer eine zweite und noch tiefer eine dritte; die<lb/> erste und zweite verbindet die sogenannte heilige Treppe von zweiunddreißig<lb/> Stufen; Betende, meist Frauen der Umgegend rutschten aus den Knien auf<lb/> und ab, doch ist es nicht, wie bei der heiligen Treppe das Lateran, ver¬<lb/> boten, sie mit Füßen zu betreten. Die zweite Kapelle ist Gregor dem Großen<lb/> geweiht, das Altarbild stellt den bethlchemitischen Kindermord Al-Fresco dar;<lb/> es soll von Cimabue sein. Die dritte Kapelle, nach welcher sich die heilige<lb/> Treppe fortsetzt, enthält als Hanptreliquic die Neste einer auf den Fels ge¬<lb/> malten Madonna; es soll diejenige gewesen sein, vor welcher Benedict betete.<lb/> Bei strenger Strafe ist verboten, von den Wänden dieses heiligen Ortes<lb/> Steine sich abzubröckeln. Vor der Kapelle, aus der man ins Freie an den<lb/> Berg tritt, breitet sich ein mit dichten Rosenbüschen besetztes Gärtchen aus,<lb/> in dessen Dornen so sagt die Legende— sich Benedict nackt umherwälzte,<lb/> wenn seine Gedanken abschweiften zu einem weiblichen Wesen, das er in<lb/> seiner Jugendzeit zu Rom gesehen und von da an im Herzen behalten hatte.<lb/> Das strömende Blut bewirkte, daß Aederchen auf den Rosenblättern entstan¬<lb/> den, und diese haben sich durch die Jahrhunderte im Nachwüchse erhalten,<lb/> denn heutzutage noch finden sich Zweiglein, deren Grün freilich nicht von<lb/> rothen, aber doch von hellen gelblichen Fasern durchzogen wird. Ein Novize,<lb/> der uns begleitete, suchte eifrigst nach solchen heiligen Blättern, und machte<lb/> meinen beiden Begleitern zwei davon, zum Geschenk; ich mochte als Ketzer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0302]
nehmen, daß sie vollständig fremd erscheinen. Und wie dies den deutschen Worten
ergeht, so noch vielmehr italienischen sür das deutsche Ohr, das vielleicht
schon lange in der Heimath durch gründliche Uebung an die fremde Sprache
sich gewohnt hat oder wenigstens sich gewöhnt zu haben vermeint, aber um
zu bald den Unterschied vermerkt zwischen italienisch redenden Deutschen, und
italienisch redenden Italienern. — Vom Querschiff der Kirche aus führt eine
Treppe zu einer großen unterirdischen Kapelle hinab, die gleichfalls in die
Felsen gebaut ist. An der Wand rechts von der Hauptthür ist ein Brustbild
Innocenz des Dritten; an der Decke umgeben Heilige und Engel den von
der Glorie umstrahlten Christus, alles sehr wohl erhalten, und charakteristische
byzantiner Malerei. Mit dieser Kapelle hängt die Felsgrotte zusammen, worin
Benedict gelebt und jene auf Giottos Bild wiedergegebene Anfechtung gehabt
haben soll. Zum Andenken daran hat man hier Benedict eine Statue er¬
richtet; der jugendliche Einsiedler kniet Hand und Blick nach oben erhoben,
wo der freie Himmel über den Felsen liegt; aus einem Vorsprung ist das
Körbchen Romanos angebracht. Das Werk ist von carrarischem Marmor;
der Bildhauer war Bernini; er machte aus dem Patriarchen des Occident
einen engelhaften Knaben von vierzehn Jahren, aber es gelang ihm hier
mehr als sonst, ohne Extase seiner Idee Ausdruck zu geben. Auf die erste
unterirdische Kapelle folgt tiefer eine zweite und noch tiefer eine dritte; die
erste und zweite verbindet die sogenannte heilige Treppe von zweiunddreißig
Stufen; Betende, meist Frauen der Umgegend rutschten aus den Knien auf
und ab, doch ist es nicht, wie bei der heiligen Treppe das Lateran, ver¬
boten, sie mit Füßen zu betreten. Die zweite Kapelle ist Gregor dem Großen
geweiht, das Altarbild stellt den bethlchemitischen Kindermord Al-Fresco dar;
es soll von Cimabue sein. Die dritte Kapelle, nach welcher sich die heilige
Treppe fortsetzt, enthält als Hanptreliquic die Neste einer auf den Fels ge¬
malten Madonna; es soll diejenige gewesen sein, vor welcher Benedict betete.
Bei strenger Strafe ist verboten, von den Wänden dieses heiligen Ortes
Steine sich abzubröckeln. Vor der Kapelle, aus der man ins Freie an den
Berg tritt, breitet sich ein mit dichten Rosenbüschen besetztes Gärtchen aus,
in dessen Dornen so sagt die Legende— sich Benedict nackt umherwälzte,
wenn seine Gedanken abschweiften zu einem weiblichen Wesen, das er in
seiner Jugendzeit zu Rom gesehen und von da an im Herzen behalten hatte.
Das strömende Blut bewirkte, daß Aederchen auf den Rosenblättern entstan¬
den, und diese haben sich durch die Jahrhunderte im Nachwüchse erhalten,
denn heutzutage noch finden sich Zweiglein, deren Grün freilich nicht von
rothen, aber doch von hellen gelblichen Fasern durchzogen wird. Ein Novize,
der uns begleitete, suchte eifrigst nach solchen heiligen Blättern, und machte
meinen beiden Begleitern zwei davon, zum Geschenk; ich mochte als Ketzer
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |