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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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komische Wirkung beiwohnt. Er parodirte ihren feierlichen Ernst. Sie wandte
sich zum Schmollen und ließ ihn stehen. Klingsohr warf sich in seinen Sessel und
blickte geisterhaft vor sich hin . . . Dann setzte er sich ruhiger zu Lucindens Füßen
auf eine Fußbank." --

Dort faselt er "mit dumpfer Stimme" über die deutschen Racen und das
Wesen der Bastarde.

(S. 198.) "Ermüdet vor Aufregung, eingelullt durch den Wein und die ge¬
spenstische Weise des wie immer dergleichen im Prophetenton vor sich Hinsprechcndcn,
ließ Lucinde es geschehen, daß der düstere Träumer, in dessen Seele es gleichfalls
schon lange mehr zur Nacht als zum Lichte sich zu wenden schien (das heißt doch--?)
ihre Hände ergriff, diese küßte, näher und näher seine Wange an die ihrige schmiegte
und sie in ganzer Länge auf den schwellenden Divan ausstreckte. Eine
Weile betrachtete er sie mit gefallenen Händen . . . Dies sah sie noch . . . ihr
Auge blieb offen oder blinzelte doch .. Ihre Mienen waren in ein Lachen wie erstarrt . ..
Jetzt ein Epheukranz um dein Haupt, flüsterte Klingsohr. der Thyrsusstab mit Wein¬
laub in deiner Hand, ein Pardelsell unter dir, und die Bacchantin erwartet ihren
Praxiteles! Lucinde verstand nichts; sie hauchte nur: doch! doch! doch! Doch hat der
Kronsyndicus recht, war ihre Meinung. Seine Phantasie malte sich die Möglichkeit
aus >-- und wie bei solchen Naturen dann geschieht, sah er allmälig die Wirklich¬
keit. Jetzt als wenn ihn Furien peitschten, er müßte und sollte glauben, erhob er
sich und sprach unausgesetzt, wol ein halb Dutzend Mal vor sich hin: Wär' es denn
Möglich? -- Indem meldeten die Diener das Nachlassen des Regens . . . Spannt
ein! rief Klingsohr wild und erhob die Flasche. Und wieder schenkte er voll und
nicht mehr in die kleinen spitzen Gläser, sondern in Wassergläser.*) Er kredenzte
ebenso Lucinden, die trank, weil sie Wasser zu nehmen glaubte . . : Drei Späne
aus dem Thor der kleinen Buschmühle! lallte Klingsohr und zog den Ton wie
durch die Zähne, so daß es schneidend hämisch und bitter erklang."

Neue Faseleien, neue Citate aus Liedern.

(S. 201.) "Fiebernd, im Taumel der entfesselten Sinne hatte er sich über die
Halbschlummcrnde gebeugt . .. zurückgesunken und halb auf dem Divan ausgestreckt,
hielt sie den linken Arm rückwärts unter das Haupt gelehnt . . mit dem rechten
wehrte sie kraftlos stürmischere Zärtlichkeiten ab . . das Bewußtsein
verging ihr . . . die Augen schlössen sich, müde wie damals im Walde mit Oscar
Binder. Sie träumte schon ehe sie ganz entschlummert war. Selbst eine heftige
Erschütterung, die sie annehmen lassen mußte, daß Klingsohr Plötzlich aufsprang,
erweckte sie diesmal nicht."

Ihre Träume werden beschrieben.

(S. 201). Nun erwachte sie. Um sie her war es still. Die Lichter waren
ausgelöscht bis auf eines, das fast niedergebrannt war. Sie mußte so schlummernd



*) Das snchere Referat sagte: "Zuletzt trinken sie Champagner aus Viergläsern." Die
Berichtigung haben wir anfangs garnicht verstanden, da bei uns, wenn man zu Hause Vier
^">le, man sich derselben Gläser bedient, aus denen man Wasser trinkt; diese nennt man
^'ergläser im Gegensatz zu Weingläsern. In Dresden denkt man dabei wol gleich an ein
..Töpfchen?" --

komische Wirkung beiwohnt. Er parodirte ihren feierlichen Ernst. Sie wandte
sich zum Schmollen und ließ ihn stehen. Klingsohr warf sich in seinen Sessel und
blickte geisterhaft vor sich hin . . . Dann setzte er sich ruhiger zu Lucindens Füßen
auf eine Fußbank." —

Dort faselt er „mit dumpfer Stimme" über die deutschen Racen und das
Wesen der Bastarde.

(S. 198.) „Ermüdet vor Aufregung, eingelullt durch den Wein und die ge¬
spenstische Weise des wie immer dergleichen im Prophetenton vor sich Hinsprechcndcn,
ließ Lucinde es geschehen, daß der düstere Träumer, in dessen Seele es gleichfalls
schon lange mehr zur Nacht als zum Lichte sich zu wenden schien (das heißt doch—?)
ihre Hände ergriff, diese küßte, näher und näher seine Wange an die ihrige schmiegte
und sie in ganzer Länge auf den schwellenden Divan ausstreckte. Eine
Weile betrachtete er sie mit gefallenen Händen . . . Dies sah sie noch . . . ihr
Auge blieb offen oder blinzelte doch .. Ihre Mienen waren in ein Lachen wie erstarrt . ..
Jetzt ein Epheukranz um dein Haupt, flüsterte Klingsohr. der Thyrsusstab mit Wein¬
laub in deiner Hand, ein Pardelsell unter dir, und die Bacchantin erwartet ihren
Praxiteles! Lucinde verstand nichts; sie hauchte nur: doch! doch! doch! Doch hat der
Kronsyndicus recht, war ihre Meinung. Seine Phantasie malte sich die Möglichkeit
aus >— und wie bei solchen Naturen dann geschieht, sah er allmälig die Wirklich¬
keit. Jetzt als wenn ihn Furien peitschten, er müßte und sollte glauben, erhob er
sich und sprach unausgesetzt, wol ein halb Dutzend Mal vor sich hin: Wär' es denn
Möglich? — Indem meldeten die Diener das Nachlassen des Regens . . . Spannt
ein! rief Klingsohr wild und erhob die Flasche. Und wieder schenkte er voll und
nicht mehr in die kleinen spitzen Gläser, sondern in Wassergläser.*) Er kredenzte
ebenso Lucinden, die trank, weil sie Wasser zu nehmen glaubte . . : Drei Späne
aus dem Thor der kleinen Buschmühle! lallte Klingsohr und zog den Ton wie
durch die Zähne, so daß es schneidend hämisch und bitter erklang."

Neue Faseleien, neue Citate aus Liedern.

(S. 201.) „Fiebernd, im Taumel der entfesselten Sinne hatte er sich über die
Halbschlummcrnde gebeugt . .. zurückgesunken und halb auf dem Divan ausgestreckt,
hielt sie den linken Arm rückwärts unter das Haupt gelehnt . . mit dem rechten
wehrte sie kraftlos stürmischere Zärtlichkeiten ab . . das Bewußtsein
verging ihr . . . die Augen schlössen sich, müde wie damals im Walde mit Oscar
Binder. Sie träumte schon ehe sie ganz entschlummert war. Selbst eine heftige
Erschütterung, die sie annehmen lassen mußte, daß Klingsohr Plötzlich aufsprang,
erweckte sie diesmal nicht."

Ihre Träume werden beschrieben.

(S. 201). Nun erwachte sie. Um sie her war es still. Die Lichter waren
ausgelöscht bis auf eines, das fast niedergebrannt war. Sie mußte so schlummernd



*) Das snchere Referat sagte: „Zuletzt trinken sie Champagner aus Viergläsern." Die
Berichtigung haben wir anfangs garnicht verstanden, da bei uns, wenn man zu Hause Vier
^">le, man sich derselben Gläser bedient, aus denen man Wasser trinkt; diese nennt man
^'ergläser im Gegensatz zu Weingläsern. In Dresden denkt man dabei wol gleich an ein
..Töpfchen?" —
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/281>, abgerufen am 22.12.2024.