Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.kommt er in Dresden an, einige Zeit darauf scheint ihm Huber gefolgt zu Bis in sein achtzehntes Jahr scheint Huber an keinen bestimmten Beruf Sonderbarerweise, erzählt Therese. fügte es sich, daß er den Cirkel, in Zu Anfang des Jahres 1788 erhielt Huber die Stelle eines Legations- ") April und Mai 1786 brachte er in Leipzig zu; ob blos zum Besuch, ist nicht
sichtlich. kommt er in Dresden an, einige Zeit darauf scheint ihm Huber gefolgt zu Bis in sein achtzehntes Jahr scheint Huber an keinen bestimmten Beruf Sonderbarerweise, erzählt Therese. fügte es sich, daß er den Cirkel, in Zu Anfang des Jahres 1788 erhielt Huber die Stelle eines Legations- ") April und Mai 1786 brachte er in Leipzig zu; ob blos zum Besuch, ist nicht
sichtlich. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107263"/> <p xml:id="ID_630" prev="#ID_629"> kommt er in Dresden an, einige Zeit darauf scheint ihm Huber gefolgt zu<lb/> sein.*) — Therese berichtet darüber folgendes.</p><lb/> <p xml:id="ID_631"> Bis in sein achtzehntes Jahr scheint Huber an keinen bestimmten Beruf<lb/> gedacht zu haben; er kannte keinen Ehrgeiz und seine Gedanken gingen nicht<lb/> über deu folgenden Tag hinaus. Nun versprach Graf Nedcrn, damals Mi¬<lb/> nister der auswärtigen Angelegenheiten, für ihn zu sorgen; zu ihm wurde Huber<lb/> nach Dresden geschickt.</p><lb/> <p xml:id="ID_632"> Sonderbarerweise, erzählt Therese. fügte es sich, daß er den Cirkel, in<lb/> dem er in Leipzig gelebt, in Dresden wiederfand. Dies mußte für die Sitten<lb/> des jungen Mannes von wohlthätigen Folgen sein, aber für seine weltmän¬<lb/> nische Ausbildung war es ihm gewiß höchst schädlich. Er drehte sich ewig in<lb/> einem und demselben Kreis von braven Menschen, die aber der großen Welt<lb/> zu fremd waren, mit denen er schone Literatur trieb und fröhliche Abende<lb/> verlebte. Die Eltern betrieben die- Beförderung ihres Sohns mit der drollig¬<lb/> sten Protectionspolitik, sie ernährten ihn, bald diesem bald jenem Subalternen<lb/> die Co^ur zu machen; er machte nicht einmal die wirklich schicklichen Pflicht-<lb/> bcsuche. Indeß zog ihn der Minister immer mehr in sein Haus, dort sah er<lb/> uach und nach alle Personen vom Hof und alle Fremden von Stand, die<lb/> während dieser Jahre dahin kamen.—Die Übersetzungen aus dem Englischen<lb/> und Französischen setzte er fort; außerdem machte ihn Schillers Vorbild pro-<lb/> ductiv; er machte Entwürfe zu mannigfaltigen Trauerspielen: Mir Jafsier (nach<lb/> Se. R6al, den Schiller zum Don Carlos benutzt), das heimliche Gericht u. s. w.<lb/> Seine geringe Anlage zum Dramatischen erklärt Therese ganz fein: „Er ging<lb/> ohne äußere Anregung nie aus sich heraus, so daß er den Menschen und die<lb/> Dinge in sehr wenig Beziehungen beobachtete, sie immer nur getrennt von der<lb/> Vergangenheit und Zukunft in dem Augenblick, wo sie vor ihm standen, cr-<lb/> kciMte. Daher hatte er sehr viel Ansichten des Menschen, eine richtige Ab-<lb/> straction seines Wesens, aber wenn er sich ihn wollte in Handlungen ausdrücken<lb/> lassen, fehlten ihm die Uebergänge vom Denken zum Handeln." — Schiller<lb/> erwartete nicht viel von seinem Talent, überhaupt waren sie einander nicht näher<lb/> gekommen: „Ich bin Hudern nichts," schreibt er Den. 1786, „und er mir<lb/> wenig." — Den 2K. Juli 1787 verließ Schiller Dresden, um nach Weimar<lb/> zu gehn; Huber arbeitete mittlerweile den Anfang des „heimlichen Gerichts" aus,<lb/> und Schiller setzte ihn in die Thalia.</p><lb/> <p xml:id="ID_633" next="#ID_634"> Zu Anfang des Jahres 1788 erhielt Huber die Stelle eines Legations-<lb/> secretärs bei dem kursächsischen Gesandten in Mainz. Schiller schreibt, 23. Fbr.<lb/> an Körner: „Ich sehne mich nach ihm mit Ungeduld, obgleich die Freude ihn</p><lb/> <note xml:id="FID_14" place="foot"> ") April und Mai 1786 brachte er in Leipzig zu; ob blos zum Besuch, ist nicht<lb/> sichtlich.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
kommt er in Dresden an, einige Zeit darauf scheint ihm Huber gefolgt zu
sein.*) — Therese berichtet darüber folgendes.
Bis in sein achtzehntes Jahr scheint Huber an keinen bestimmten Beruf
gedacht zu haben; er kannte keinen Ehrgeiz und seine Gedanken gingen nicht
über deu folgenden Tag hinaus. Nun versprach Graf Nedcrn, damals Mi¬
nister der auswärtigen Angelegenheiten, für ihn zu sorgen; zu ihm wurde Huber
nach Dresden geschickt.
Sonderbarerweise, erzählt Therese. fügte es sich, daß er den Cirkel, in
dem er in Leipzig gelebt, in Dresden wiederfand. Dies mußte für die Sitten
des jungen Mannes von wohlthätigen Folgen sein, aber für seine weltmän¬
nische Ausbildung war es ihm gewiß höchst schädlich. Er drehte sich ewig in
einem und demselben Kreis von braven Menschen, die aber der großen Welt
zu fremd waren, mit denen er schone Literatur trieb und fröhliche Abende
verlebte. Die Eltern betrieben die- Beförderung ihres Sohns mit der drollig¬
sten Protectionspolitik, sie ernährten ihn, bald diesem bald jenem Subalternen
die Co^ur zu machen; er machte nicht einmal die wirklich schicklichen Pflicht-
bcsuche. Indeß zog ihn der Minister immer mehr in sein Haus, dort sah er
uach und nach alle Personen vom Hof und alle Fremden von Stand, die
während dieser Jahre dahin kamen.—Die Übersetzungen aus dem Englischen
und Französischen setzte er fort; außerdem machte ihn Schillers Vorbild pro-
ductiv; er machte Entwürfe zu mannigfaltigen Trauerspielen: Mir Jafsier (nach
Se. R6al, den Schiller zum Don Carlos benutzt), das heimliche Gericht u. s. w.
Seine geringe Anlage zum Dramatischen erklärt Therese ganz fein: „Er ging
ohne äußere Anregung nie aus sich heraus, so daß er den Menschen und die
Dinge in sehr wenig Beziehungen beobachtete, sie immer nur getrennt von der
Vergangenheit und Zukunft in dem Augenblick, wo sie vor ihm standen, cr-
kciMte. Daher hatte er sehr viel Ansichten des Menschen, eine richtige Ab-
straction seines Wesens, aber wenn er sich ihn wollte in Handlungen ausdrücken
lassen, fehlten ihm die Uebergänge vom Denken zum Handeln." — Schiller
erwartete nicht viel von seinem Talent, überhaupt waren sie einander nicht näher
gekommen: „Ich bin Hudern nichts," schreibt er Den. 1786, „und er mir
wenig." — Den 2K. Juli 1787 verließ Schiller Dresden, um nach Weimar
zu gehn; Huber arbeitete mittlerweile den Anfang des „heimlichen Gerichts" aus,
und Schiller setzte ihn in die Thalia.
Zu Anfang des Jahres 1788 erhielt Huber die Stelle eines Legations-
secretärs bei dem kursächsischen Gesandten in Mainz. Schiller schreibt, 23. Fbr.
an Körner: „Ich sehne mich nach ihm mit Ungeduld, obgleich die Freude ihn
") April und Mai 1786 brachte er in Leipzig zu; ob blos zum Besuch, ist nicht
sichtlich.
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