Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.zu sehen mich nicht so eigennützig beschäftigt, daß ich vergäße, wie schwer ihr In Mainz, wo Huber den 20. April 1788 ankam, fand er wenig für zu sehen mich nicht so eigennützig beschäftigt, daß ich vergäße, wie schwer ihr In Mainz, wo Huber den 20. April 1788 ankam, fand er wenig für <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107264"/> <p xml:id="ID_634" prev="#ID_633"> zu sehen mich nicht so eigennützig beschäftigt, daß ich vergäße, wie schwer ihr<lb/> euch von ihm trennen werdet. Dörcher ober, hoffe ich. wird auf diesen Schritt<lb/> gefaßt sein, und wenn ich sie recht kenne, so wird ein Opfer ihr nicht uner¬<lb/> träglich fallen, das ihn glücklich macht, so gewiß sie in manchen Augenblicken<lb/> der vergangenen Jahre durch die unsichern Aussichten seines Schicksals beun¬<lb/> ruhigt worden ist. Huber wünsche ich jetzt alle die Unbefangenheit und Leb¬<lb/> haftigkeit des Geistes, die ihn sür diese Situation geschickt macht — und<lb/> möchte er zwischen dem, was er war und ist, und dem, was andere sind, jetzt<lb/> eine glückliche Mittelstraße halten. Für sein Herz und die Harmonie unsrer<lb/> Empfindungen ist mir nicht bange, wenn ich gleich darauf gesaßt bin. daß<lb/> auf diesem Instrument noch mancherlei gespielt werden wird. Es ist deine<lb/> Sache, weil du doch von uns dreien mit dir selbst am meisten fertig geworden<lb/> bist, der Aufseher über uns zu sein und die zwei Uhren nach der deinigen zu<lb/> stellen, wenn sie variiren sollten." — Sie kamen am 9. und 10. April in<lb/> Weimar zusammen. „Ich habe ihn nur im Fluge gesehn, und so, daß wir<lb/> einander wenig haben genießen können ... Ich könnte dir allerlei über ihn<lb/> schreiben, aber mein Senkblei ist bei ihm nicht ganz auf den Grund gekommen.<lb/> Jetzt liegt und drückt die Neuheit der Lage noch auf ihn, Gegenwart und<lb/> Zukunft durchkreuzen sich bei ihm wunderbar und alle seine Kräfte sind dnrch-<lb/> einandergemengt. Du hast mir nicht geschrieben, daß er Mayon ist, wie auch<lb/> nichts von dem Eigentlichen seiner Versorgung, die mir sehr honorabel er¬<lb/> scheint. Man kann es nicht aiHcrs als ein Glück nennen, und ich nenne es<lb/> ein vollkommnes Glück, wenn sein Geist sich erst darein gefunden, oder besser,<lb/> damit abgefunden hat." — Aus Leipzig, 4. April, schreibt Huber an Körner:<lb/> »Ich weiß sehr gut, was ich dir bin, und es beschämt mich nicht, daß ich<lb/> auf gewisse Weise durch das Sinken eines andern bei dir gestiegen bin. Es<lb/> 'se nichts Neues geschehn, als daß du zuletzt die verschiedenen Theile meiner<lb/> geistigen Physiognomie zusammen in ein Ganzes gebracht hast, die vorher<lb/> nur vereinzelt vor dir lagen; mein vollständiges Bild in deutlicher Schönheit<lb/> lebt jetzt in dir. und ich werde dabei gewinnen, daß ich so.lange dazu ge¬<lb/> sessen habe, eh du es fertig kriegtest. Ich werde keine Freundschaft mehr<lb/> suchen, ich werde sie fliehn, selbst wo ich Talent dazu fände. Nicht daß ich<lb/> wein Herz arm fühlte, aber ich glaubte euch zu bestehlen, wenn ich andern<lb/> von seinem Reichthum gäbe, und diese Empfindung wird mich steif machen<lb/> und kalt, selbst wo ich werde warm sein wollen."</p><lb/> <p xml:id="ID_635" next="#ID_636"> In Mainz, wo Huber den 20. April 1788 ankam, fand er wenig für<lb/> sein Herz; Johannes v. Müller und Heinse befriedigten ihn in keiner Weise.<lb/> Vielfache Reisen den ganzen Rhein entlang brachten ihn in keine nähern Be¬<lb/> ziehungen; er fühlte sich fremd und einsam. Bisher, sagt Therese, war er<lb/> Me aus dem Cirkel herausgetreten, in dem er aufgewachsen war. Diese</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0217]
zu sehen mich nicht so eigennützig beschäftigt, daß ich vergäße, wie schwer ihr
euch von ihm trennen werdet. Dörcher ober, hoffe ich. wird auf diesen Schritt
gefaßt sein, und wenn ich sie recht kenne, so wird ein Opfer ihr nicht uner¬
träglich fallen, das ihn glücklich macht, so gewiß sie in manchen Augenblicken
der vergangenen Jahre durch die unsichern Aussichten seines Schicksals beun¬
ruhigt worden ist. Huber wünsche ich jetzt alle die Unbefangenheit und Leb¬
haftigkeit des Geistes, die ihn sür diese Situation geschickt macht — und
möchte er zwischen dem, was er war und ist, und dem, was andere sind, jetzt
eine glückliche Mittelstraße halten. Für sein Herz und die Harmonie unsrer
Empfindungen ist mir nicht bange, wenn ich gleich darauf gesaßt bin. daß
auf diesem Instrument noch mancherlei gespielt werden wird. Es ist deine
Sache, weil du doch von uns dreien mit dir selbst am meisten fertig geworden
bist, der Aufseher über uns zu sein und die zwei Uhren nach der deinigen zu
stellen, wenn sie variiren sollten." — Sie kamen am 9. und 10. April in
Weimar zusammen. „Ich habe ihn nur im Fluge gesehn, und so, daß wir
einander wenig haben genießen können ... Ich könnte dir allerlei über ihn
schreiben, aber mein Senkblei ist bei ihm nicht ganz auf den Grund gekommen.
Jetzt liegt und drückt die Neuheit der Lage noch auf ihn, Gegenwart und
Zukunft durchkreuzen sich bei ihm wunderbar und alle seine Kräfte sind dnrch-
einandergemengt. Du hast mir nicht geschrieben, daß er Mayon ist, wie auch
nichts von dem Eigentlichen seiner Versorgung, die mir sehr honorabel er¬
scheint. Man kann es nicht aiHcrs als ein Glück nennen, und ich nenne es
ein vollkommnes Glück, wenn sein Geist sich erst darein gefunden, oder besser,
damit abgefunden hat." — Aus Leipzig, 4. April, schreibt Huber an Körner:
»Ich weiß sehr gut, was ich dir bin, und es beschämt mich nicht, daß ich
auf gewisse Weise durch das Sinken eines andern bei dir gestiegen bin. Es
'se nichts Neues geschehn, als daß du zuletzt die verschiedenen Theile meiner
geistigen Physiognomie zusammen in ein Ganzes gebracht hast, die vorher
nur vereinzelt vor dir lagen; mein vollständiges Bild in deutlicher Schönheit
lebt jetzt in dir. und ich werde dabei gewinnen, daß ich so.lange dazu ge¬
sessen habe, eh du es fertig kriegtest. Ich werde keine Freundschaft mehr
suchen, ich werde sie fliehn, selbst wo ich Talent dazu fände. Nicht daß ich
wein Herz arm fühlte, aber ich glaubte euch zu bestehlen, wenn ich andern
von seinem Reichthum gäbe, und diese Empfindung wird mich steif machen
und kalt, selbst wo ich werde warm sein wollen."
In Mainz, wo Huber den 20. April 1788 ankam, fand er wenig für
sein Herz; Johannes v. Müller und Heinse befriedigten ihn in keiner Weise.
Vielfache Reisen den ganzen Rhein entlang brachten ihn in keine nähern Be¬
ziehungen; er fühlte sich fremd und einsam. Bisher, sagt Therese, war er
Me aus dem Cirkel herausgetreten, in dem er aufgewachsen war. Diese
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