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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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500,000 Pfund in Abzug, so bleibt immer noch ein solches Quantum Gold
übrig, um auf den Markt einen Druck auszuüben, wie solcher noch nie da¬
gewesen ist. Dieses Gold, welches sonst keine Verwendung finden kann, wird
sich selbstverständlich zu den Münzstätten derjenigen Staaten drängen, in denen
Gold als gesetzliches Zahlungsmittel gilt, die Goldmünzen werden dort mehr
und mehr in größerer Menge in Umlauf kommen, als der Verkehr nach den
bisherigen Preisverhältnissen erforderte, und die unausbleibliche natürliche
Folge muß eine Werthverringerung des Goldes, oder, was dasselbe, ein all¬
gemeines Steigen der Preise sein.

Um die praktischen Folgen einer wesentlichen Werthvcrringcrung des Gol¬
des anschaulicher zu machen, erscheint es gewiß als das Passendste, hierfür ein
bestimmtes concretes Verhältniß beispielsweise vorauszusetzen. Wie rasch und
bis zu welchem Grade die fragliche Werthvcrringcrung vor sich gehen wird,
darüber ist es natürlich ganz unthunlich, irgend eine bestimmte Ansicht zu äu¬
ßern, da hierauf so viele und so verschiedenartige Momente mit einwirken;
allein es ist einleuchtend, daß, was an dem angenommenen Falle nachgewiesen
wird, mehr oder weniger, je nachdem die Wcrthverringerung nicht so weit
oder noch weiter geht, für den wirklichen Verlauf gilt. Es möge also an¬
genommen werden, das; der Werth des Goldes, im Verhältniß zum Silber
und zu allen sonstigen Gegenständen überhaupt, innerhalb der nächsten zehn
Jahr auf die Hälfte sänke, d. h. daß man für das nämliche Quantum Gold
alsdann nur noch die Hälfte der jetzt dafür zu erlangenden Aequivalente an
Sachen oder Diensten erlangen könnte. Welche Folgen würden sich hieran
knüpfen?

Der Nachtheil einer solchen Werthverringerung des Goldes und somit des
Geldes überhaupt in den Ländern, wo die Goldvaluta besteht, wird bedeu¬
tend durch die Uebergangsperiode mit ihren unzähligen Belästigungen und
Schwierigkeiten vermehrt. Während des Ueberganges, der in ungeregelten
plötzlichen Sprüngen vor sich gehen wird, muß alles Eigenthum einer leidigen
Ungewißheit und störenden Schwankungen unterworfen sein. Es ist dies insbeson¬
dere für solche Personen schlimm, deren Einkommen in einer im voraus be¬
stimmten festen Geldsumme besteht. Sie werden stufenweise von ihrem frühern
Wohlstand hinabgedrängt werden. bis sie schließlich in Wirklichkeit nur die
Hälfte ihres ehemaligen Einkommens haben. Die Kategorie der dahin ge¬
hörenden Personen ist aber sehr beträchtlich. Zuerst kommen hier die Staats-
gläubigcr in Betracht. Das Capital der britischen Nationalschuld ist ungefähr
800 Millionen Pfund Sterling und in Frankreich ist das Capital der einge¬
schriebenen Schuld, nach Abzug des der Amortisationskasse zugeschriebenen Be¬
hufs, nahezu 7.250 Millionen Franken, deren Zinsen von mehr als einer Million
Parteien erhoben werden. Hierzu kommen nun noch die Gläubiger der Gemeinden,


Grenzboten II. 1859. 22

500,000 Pfund in Abzug, so bleibt immer noch ein solches Quantum Gold
übrig, um auf den Markt einen Druck auszuüben, wie solcher noch nie da¬
gewesen ist. Dieses Gold, welches sonst keine Verwendung finden kann, wird
sich selbstverständlich zu den Münzstätten derjenigen Staaten drängen, in denen
Gold als gesetzliches Zahlungsmittel gilt, die Goldmünzen werden dort mehr
und mehr in größerer Menge in Umlauf kommen, als der Verkehr nach den
bisherigen Preisverhältnissen erforderte, und die unausbleibliche natürliche
Folge muß eine Werthverringerung des Goldes, oder, was dasselbe, ein all¬
gemeines Steigen der Preise sein.

Um die praktischen Folgen einer wesentlichen Werthvcrringcrung des Gol¬
des anschaulicher zu machen, erscheint es gewiß als das Passendste, hierfür ein
bestimmtes concretes Verhältniß beispielsweise vorauszusetzen. Wie rasch und
bis zu welchem Grade die fragliche Werthvcrringcrung vor sich gehen wird,
darüber ist es natürlich ganz unthunlich, irgend eine bestimmte Ansicht zu äu¬
ßern, da hierauf so viele und so verschiedenartige Momente mit einwirken;
allein es ist einleuchtend, daß, was an dem angenommenen Falle nachgewiesen
wird, mehr oder weniger, je nachdem die Wcrthverringerung nicht so weit
oder noch weiter geht, für den wirklichen Verlauf gilt. Es möge also an¬
genommen werden, das; der Werth des Goldes, im Verhältniß zum Silber
und zu allen sonstigen Gegenständen überhaupt, innerhalb der nächsten zehn
Jahr auf die Hälfte sänke, d. h. daß man für das nämliche Quantum Gold
alsdann nur noch die Hälfte der jetzt dafür zu erlangenden Aequivalente an
Sachen oder Diensten erlangen könnte. Welche Folgen würden sich hieran
knüpfen?

Der Nachtheil einer solchen Werthverringerung des Goldes und somit des
Geldes überhaupt in den Ländern, wo die Goldvaluta besteht, wird bedeu¬
tend durch die Uebergangsperiode mit ihren unzähligen Belästigungen und
Schwierigkeiten vermehrt. Während des Ueberganges, der in ungeregelten
plötzlichen Sprüngen vor sich gehen wird, muß alles Eigenthum einer leidigen
Ungewißheit und störenden Schwankungen unterworfen sein. Es ist dies insbeson¬
dere für solche Personen schlimm, deren Einkommen in einer im voraus be¬
stimmten festen Geldsumme besteht. Sie werden stufenweise von ihrem frühern
Wohlstand hinabgedrängt werden. bis sie schließlich in Wirklichkeit nur die
Hälfte ihres ehemaligen Einkommens haben. Die Kategorie der dahin ge¬
hörenden Personen ist aber sehr beträchtlich. Zuerst kommen hier die Staats-
gläubigcr in Betracht. Das Capital der britischen Nationalschuld ist ungefähr
800 Millionen Pfund Sterling und in Frankreich ist das Capital der einge¬
schriebenen Schuld, nach Abzug des der Amortisationskasse zugeschriebenen Be¬
hufs, nahezu 7.250 Millionen Franken, deren Zinsen von mehr als einer Million
Parteien erhoben werden. Hierzu kommen nun noch die Gläubiger der Gemeinden,


Grenzboten II. 1859. 22
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/179>, abgerufen am 22.12.2024.