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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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selbst zum Vortheil seiner Zollclassen nicht beschränken und belästigen zu
wollen.

Dies nun waren die Verhältnisse, wie sie thatsächlich 1850 schon bestan¬
den und heute noch bestehen. Indem wir gern anerkennen, daß die gedach¬
ten Flußzolle mit den auf möglichste Befreiung der Verkehrswege gerichteten
Bestrebungen der Gegenwart im Widerspruch stehen, wiederholen wir, daß
wir jene keineswegs haben an und für sich vertheidigen, sondern nur darstel¬
len wollen. Zugleich war es allerdings unser Wunsch, die Rücksichtnahme
hervorzuheben, welche diese Staaten auf de"n Verkehr insofern nehmen, als sie
durch denselben eine Erhöhung ihrer Einnahmen offenbar nicht beabsichtigen.
Es ist nicht zu leugnen, daß eine solche Rücksichtnahme an und für sich auf
Anerkennung Anspruch machen darf. Und je mehr man die Beseitigung der
in Rede stehenden Beschränkungen, wie der particulären Interessen unserer
deutscheu Staaten überhaupt, lebhaft wünschen muß, desto nothwendiger ist
die klare und vorurtheilslose Erkenntniß derselben, gleichwie die moorige An¬
erkennung der Interessen selbst nach dem vollen Werthe, welchen sie für die
einzelnen Staaten haben.

Diese Erkenntniß schien die im vorigen Jahre nach Hamburg hinbern-
fcne Nevisionscommission nicht in genügender Weise zu besitzen. Es han¬
delte sich offenbar darum, daß ein Weg aufgefunden werde, welcher die nie-
derclbischen Staaten zur Herabsetzung des Elbzolltarifs führen könne, d. h:
daß für den verhältnißmüßig bedeutenden Verlust, welchen sie erleiden wür¬
den und aus ihren eigenen Mitteln nicht ersetzen können, eine Ausgleichung
gefunden und beschlossen werde. Hamburg hatte dies erkannt und brachte im
Juni v. I., kurz nach dem Zusammentritt der Cönunission, einen Antrag
zur gänzlichen Ablösung der Elbzölle, nach Analogie der Sundzollablösung
el". Alle anderen Regierungen waren geneigt, über dies Project zu verhan¬
deln, doch scheiterte es an. dem von Anfang an beigebrachten entschiedenen
Widerspruch Preußens und Oestreichs. Diese beiden Staaten brachten an
seiner Statt nur Zollermäßigungsanträge vor, und obgleich der fiscaiische
Nachtheil der niederclbischen Staaten aus der Annahme solcher klar vor Augen
lag, erklärten sich dennoch Hannover und Mecklenburg bereit, für eine Reihe
von Jahren versuchsweise den Zollsatz im Allgemeinen um denjenigen für
den Verkehr nach Böhmen hin (seiner großen Belastung wegen) um den¬
jenigen aller niedrigeren Verzollungsclassen überhaupt aber nur um V2 der
normalen Höhe abmindern zu wollen. Gerechterweise kann man hierin nur
ein bereitwilliges Entgegenkommen erblicken und hätte dessen Anerkennung
erwarte" dürfen. Dies geschah nicht, im Gegentheil wurden jene Ermäßi¬
gungen für völlig ungenügend erklärt und statt die Verhandlungen, welchen
noch andere Gegenstände, z. B. die sehr dringende Correction des Flusses.


selbst zum Vortheil seiner Zollclassen nicht beschränken und belästigen zu
wollen.

Dies nun waren die Verhältnisse, wie sie thatsächlich 1850 schon bestan¬
den und heute noch bestehen. Indem wir gern anerkennen, daß die gedach¬
ten Flußzolle mit den auf möglichste Befreiung der Verkehrswege gerichteten
Bestrebungen der Gegenwart im Widerspruch stehen, wiederholen wir, daß
wir jene keineswegs haben an und für sich vertheidigen, sondern nur darstel¬
len wollen. Zugleich war es allerdings unser Wunsch, die Rücksichtnahme
hervorzuheben, welche diese Staaten auf de"n Verkehr insofern nehmen, als sie
durch denselben eine Erhöhung ihrer Einnahmen offenbar nicht beabsichtigen.
Es ist nicht zu leugnen, daß eine solche Rücksichtnahme an und für sich auf
Anerkennung Anspruch machen darf. Und je mehr man die Beseitigung der
in Rede stehenden Beschränkungen, wie der particulären Interessen unserer
deutscheu Staaten überhaupt, lebhaft wünschen muß, desto nothwendiger ist
die klare und vorurtheilslose Erkenntniß derselben, gleichwie die moorige An¬
erkennung der Interessen selbst nach dem vollen Werthe, welchen sie für die
einzelnen Staaten haben.

Diese Erkenntniß schien die im vorigen Jahre nach Hamburg hinbern-
fcne Nevisionscommission nicht in genügender Weise zu besitzen. Es han¬
delte sich offenbar darum, daß ein Weg aufgefunden werde, welcher die nie-
derclbischen Staaten zur Herabsetzung des Elbzolltarifs führen könne, d. h:
daß für den verhältnißmüßig bedeutenden Verlust, welchen sie erleiden wür¬
den und aus ihren eigenen Mitteln nicht ersetzen können, eine Ausgleichung
gefunden und beschlossen werde. Hamburg hatte dies erkannt und brachte im
Juni v. I., kurz nach dem Zusammentritt der Cönunission, einen Antrag
zur gänzlichen Ablösung der Elbzölle, nach Analogie der Sundzollablösung
el». Alle anderen Regierungen waren geneigt, über dies Project zu verhan¬
deln, doch scheiterte es an. dem von Anfang an beigebrachten entschiedenen
Widerspruch Preußens und Oestreichs. Diese beiden Staaten brachten an
seiner Statt nur Zollermäßigungsanträge vor, und obgleich der fiscaiische
Nachtheil der niederclbischen Staaten aus der Annahme solcher klar vor Augen
lag, erklärten sich dennoch Hannover und Mecklenburg bereit, für eine Reihe
von Jahren versuchsweise den Zollsatz im Allgemeinen um denjenigen für
den Verkehr nach Böhmen hin (seiner großen Belastung wegen) um den¬
jenigen aller niedrigeren Verzollungsclassen überhaupt aber nur um V2 der
normalen Höhe abmindern zu wollen. Gerechterweise kann man hierin nur
ein bereitwilliges Entgegenkommen erblicken und hätte dessen Anerkennung
erwarte» dürfen. Dies geschah nicht, im Gegentheil wurden jene Ermäßi¬
gungen für völlig ungenügend erklärt und statt die Verhandlungen, welchen
noch andere Gegenstände, z. B. die sehr dringende Correction des Flusses.


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[0119] selbst zum Vortheil seiner Zollclassen nicht beschränken und belästigen zu wollen. Dies nun waren die Verhältnisse, wie sie thatsächlich 1850 schon bestan¬ den und heute noch bestehen. Indem wir gern anerkennen, daß die gedach¬ ten Flußzolle mit den auf möglichste Befreiung der Verkehrswege gerichteten Bestrebungen der Gegenwart im Widerspruch stehen, wiederholen wir, daß wir jene keineswegs haben an und für sich vertheidigen, sondern nur darstel¬ len wollen. Zugleich war es allerdings unser Wunsch, die Rücksichtnahme hervorzuheben, welche diese Staaten auf de"n Verkehr insofern nehmen, als sie durch denselben eine Erhöhung ihrer Einnahmen offenbar nicht beabsichtigen. Es ist nicht zu leugnen, daß eine solche Rücksichtnahme an und für sich auf Anerkennung Anspruch machen darf. Und je mehr man die Beseitigung der in Rede stehenden Beschränkungen, wie der particulären Interessen unserer deutscheu Staaten überhaupt, lebhaft wünschen muß, desto nothwendiger ist die klare und vorurtheilslose Erkenntniß derselben, gleichwie die moorige An¬ erkennung der Interessen selbst nach dem vollen Werthe, welchen sie für die einzelnen Staaten haben. Diese Erkenntniß schien die im vorigen Jahre nach Hamburg hinbern- fcne Nevisionscommission nicht in genügender Weise zu besitzen. Es han¬ delte sich offenbar darum, daß ein Weg aufgefunden werde, welcher die nie- derclbischen Staaten zur Herabsetzung des Elbzolltarifs führen könne, d. h: daß für den verhältnißmüßig bedeutenden Verlust, welchen sie erleiden wür¬ den und aus ihren eigenen Mitteln nicht ersetzen können, eine Ausgleichung gefunden und beschlossen werde. Hamburg hatte dies erkannt und brachte im Juni v. I., kurz nach dem Zusammentritt der Cönunission, einen Antrag zur gänzlichen Ablösung der Elbzölle, nach Analogie der Sundzollablösung el». Alle anderen Regierungen waren geneigt, über dies Project zu verhan¬ deln, doch scheiterte es an. dem von Anfang an beigebrachten entschiedenen Widerspruch Preußens und Oestreichs. Diese beiden Staaten brachten an seiner Statt nur Zollermäßigungsanträge vor, und obgleich der fiscaiische Nachtheil der niederclbischen Staaten aus der Annahme solcher klar vor Augen lag, erklärten sich dennoch Hannover und Mecklenburg bereit, für eine Reihe von Jahren versuchsweise den Zollsatz im Allgemeinen um denjenigen für den Verkehr nach Böhmen hin (seiner großen Belastung wegen) um den¬ jenigen aller niedrigeren Verzollungsclassen überhaupt aber nur um V2 der normalen Höhe abmindern zu wollen. Gerechterweise kann man hierin nur ein bereitwilliges Entgegenkommen erblicken und hätte dessen Anerkennung erwarte» dürfen. Dies geschah nicht, im Gegentheil wurden jene Ermäßi¬ gungen für völlig ungenügend erklärt und statt die Verhandlungen, welchen noch andere Gegenstände, z. B. die sehr dringende Correction des Flusses.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/119>, abgerufen am 22.12.2024.