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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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daß die nachher vom Kongreß angenommenen Anträge, in welchen die Sanc¬
tion seiner Bestrebungen liegt, nicht von ihm selbst, sondern von dritter Seite
ausgingen und die einmüthige Beistimmung sämmtlicher Mitglieder erhielten.
Obgleich in der Section eine ganz entschiedene Verwahrung gegen einzelne
von den Schulzeschen Genossenschastseinrichtungen abweichende Associationen,
wie z. B. gegen die des erfurter Vereines, weil derselbe der Speculation die
Thür öffne, eingelegt worden war, so erhielt Schulze doch die fernere Ge¬
nugthuung, daß ihm als Berichterstatter unbeschränkte Vollmacht zur Recht¬
fertigung der Antrage ertheilt wurde, in welcher letzteren er der soeben erwähn¬
ten Verwahrung nur mit weiser Mäßigung gedachte. Diese Rechtfertigung
selbst war ein Meisterstück von Beredtsamkeit, das mehr durch das Gewicht
der Thatsachen, als der Worte die Versammlung zur Begeisterung hinriß.
'

Die Wirkung dieser Rede, auf deren Einzelnheiten einzugehen wiruns
leider aus Mangel an Raum hier versagen müssen, die aber sowol in den
im "Arbeitgeber" erscheinenden stenographischen Berichten wie in Schutzes
neuestem Buch, "die arbeitenden Classen und das Associationswesen in Deutsch¬
land" nachgelesen werden können, --war so groß, daß die Versammlungsich
mit einmüthigem Beifall erhob und durch den Präsidenten ihren Dank aus¬
sprach. Ein Antrag auf Annahme der Anträge <zu dive wurde nur deshalb
verschoben, um der Ruhe und Gründlichkeit der Verhandlungen keinen Eintrag
zu thun. Nachdem hierauf Finanzprocurator Hallbauer aus Meißen über
die Einrichtung des dortigen Vorschußvereines, End er über den Creditverein
in Königsberg Bericht erstattet, Dr. Adami aus Bremen Einwendungen gegen
die solidarische Haftbarkeit der Genossen aus seinen Erfahrungen in Bremen
gemacht, Freiherr von Eberstein aus der Provinz Sachsen dagegen ange¬
führt hatte, daß die großen Actiengesellschaften einer Handelsstadt mit den
Genossenschaften kleinerer Orte nicht zu vergleichen seien; nachdem Herr von
der Leyen aus Hamm noch bemerkt hatte, daß die Unterstützung der Ge¬
nossenschaften durch Hilfe der bemittelteren Classen doch nicht ausgeschlossen
sein solle, wurden die Anträge der Section rasch ohne weitere Discussion, und
nur mit einer kleinen von Prince-Smith vorgeschlagenen Aenderung, welche
eine strengere Ausschließung des Staats (dessen Mitwirkung Finanzrath Hopf
aus Gotha gewahrt wissen wollte) ausdrückt, angenommen.

Aus den Verhandlungen über die Anträge der Zollscction haben wir nur
zwei Momente hervorzuheben, das eine, daß Dr. Kreuzberg aus Prag,
welcher sich offen als Schutzzöllner bekannte, die Mitglieder des gewählten
Zollausschusses ersuchte, daß sie, da sie lediglich aus Männern des freihändlerischen
Bekenntnisses beständen, um der gründlichen, unparteiischen Beurtheilung wil¬
len auch Vertreter der entgegenstehenden Ansicht zu ihren Berathungen zu¬
lassen sollten. Das andere Moment bestand darin, daß die Befürchtung gel-


daß die nachher vom Kongreß angenommenen Anträge, in welchen die Sanc¬
tion seiner Bestrebungen liegt, nicht von ihm selbst, sondern von dritter Seite
ausgingen und die einmüthige Beistimmung sämmtlicher Mitglieder erhielten.
Obgleich in der Section eine ganz entschiedene Verwahrung gegen einzelne
von den Schulzeschen Genossenschastseinrichtungen abweichende Associationen,
wie z. B. gegen die des erfurter Vereines, weil derselbe der Speculation die
Thür öffne, eingelegt worden war, so erhielt Schulze doch die fernere Ge¬
nugthuung, daß ihm als Berichterstatter unbeschränkte Vollmacht zur Recht¬
fertigung der Antrage ertheilt wurde, in welcher letzteren er der soeben erwähn¬
ten Verwahrung nur mit weiser Mäßigung gedachte. Diese Rechtfertigung
selbst war ein Meisterstück von Beredtsamkeit, das mehr durch das Gewicht
der Thatsachen, als der Worte die Versammlung zur Begeisterung hinriß.
'

Die Wirkung dieser Rede, auf deren Einzelnheiten einzugehen wiruns
leider aus Mangel an Raum hier versagen müssen, die aber sowol in den
im „Arbeitgeber" erscheinenden stenographischen Berichten wie in Schutzes
neuestem Buch, „die arbeitenden Classen und das Associationswesen in Deutsch¬
land" nachgelesen werden können, —war so groß, daß die Versammlungsich
mit einmüthigem Beifall erhob und durch den Präsidenten ihren Dank aus¬
sprach. Ein Antrag auf Annahme der Anträge <zu dive wurde nur deshalb
verschoben, um der Ruhe und Gründlichkeit der Verhandlungen keinen Eintrag
zu thun. Nachdem hierauf Finanzprocurator Hallbauer aus Meißen über
die Einrichtung des dortigen Vorschußvereines, End er über den Creditverein
in Königsberg Bericht erstattet, Dr. Adami aus Bremen Einwendungen gegen
die solidarische Haftbarkeit der Genossen aus seinen Erfahrungen in Bremen
gemacht, Freiherr von Eberstein aus der Provinz Sachsen dagegen ange¬
führt hatte, daß die großen Actiengesellschaften einer Handelsstadt mit den
Genossenschaften kleinerer Orte nicht zu vergleichen seien; nachdem Herr von
der Leyen aus Hamm noch bemerkt hatte, daß die Unterstützung der Ge¬
nossenschaften durch Hilfe der bemittelteren Classen doch nicht ausgeschlossen
sein solle, wurden die Anträge der Section rasch ohne weitere Discussion, und
nur mit einer kleinen von Prince-Smith vorgeschlagenen Aenderung, welche
eine strengere Ausschließung des Staats (dessen Mitwirkung Finanzrath Hopf
aus Gotha gewahrt wissen wollte) ausdrückt, angenommen.

Aus den Verhandlungen über die Anträge der Zollscction haben wir nur
zwei Momente hervorzuheben, das eine, daß Dr. Kreuzberg aus Prag,
welcher sich offen als Schutzzöllner bekannte, die Mitglieder des gewählten
Zollausschusses ersuchte, daß sie, da sie lediglich aus Männern des freihändlerischen
Bekenntnisses beständen, um der gründlichen, unparteiischen Beurtheilung wil¬
len auch Vertreter der entgegenstehenden Ansicht zu ihren Berathungen zu¬
lassen sollten. Das andere Moment bestand darin, daß die Befürchtung gel-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/96>, abgerufen am 26.07.2024.